Olaf Scholz
Scholz: "Immer noch bestehenden Benachteiligungen in Ostdeutschland abbauen." Bildrechte: dpapicture alliance/dpa/dpa POOL/Jens Büttner

Tag der Deutschen Einheit Scholz erinnert an Benachteiligung Ostdeutscher

03. Oktober 2024, 20:32 Uhr

Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim zentralen Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin gefordert, die immer noch bestehenden Benachteiligungen in Ostdeutschland abzubauen. Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig sieht trotz aller Probleme genügend Gründe, die deutsche Wiedervereinigung zu Feiern.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Tag der Deutschen Einheit gefordert, die immer noch bestehenden Benachteiligungen in Ostdeutschland abzubauen. "Vollendet in diesem Sinne ist die Deutsche Einheit auch nach 34 Jahren natürlich nicht", sagte Scholz am Donnerstag bei den Feierlichkeiten zum 3. Oktober in Schwerin mit Hinweis auf geringere Löhne und Vermögen im Osten.

Scholz: Negative Folgen der Wiedervereinigung

Zugleich mahnte er, auch die negativen Folgen der Wiedervereinigung für die Menschen in Ostdeutschland nicht zu vergessen. "Für Millionen von Ostdeutschen bedeutete der Umbruch damals Befreiung und Neuanfang." Für viele sei in den Jahren nach der Einheit jedoch das gesamte Leben zusammengebrochen, "eine Entwertung ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, ihrer Lebensleistung".

Diese Erfahrungen dürften niemals vergessen werden, sagte der Kanzler, der darin eine der Ursachen für "die besondere Verstimmung – und für politische Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen" vermutet. Scholz warnte, auf Deutschland komme ein harter Kampf gegen Extremisten und Populisten zu. Er sagte, bis zu einem Drittel der Wähler entschieden sich für eine autoritäre und nationalradikale Politik. Das sei nicht nur in Ostdeutschland so.

Schwesig: Tag der Einheit Grund zu Feiern

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig sieht auch 34 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung noch immer Benachteiligungen für Menschen in Ostdeutschland. Bei ihrer Rede zum Festakt in Schwerin nannte die SPD-Politikerin unterschiedliche Löhne und weniger große Unternehmen im Osten. Schwesig verwies aber auch darauf, dass sich seit der Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern und die anderen ostdeutschen Länder enorm entwickelt hätten. Erfolgreiche Unternehmen seien entstanden, die Arbeitslosigkeit sei zurückgegangen. Städte und Dörfer seien schöner geworden. 

Schwesig hatte zuvor bei MDR AKTUELL unterstrichen, dass der Tag der Deutschen Einheit trotz aller Probleme ein Grund zum Feiern sei. Die Bürger in Ostdeutschland könnten stolz darauf sein, die Zeit des Umbruchs bewältigt zu haben. Sie sei zuversichtlich, dass sich auch die aktuellen Herausforderungen meistern ließen.

Städtetagspräsident kritisiert ungleiche Lebensverhältnisse

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe, forderte bei MDR AKTUELL stärkere politische Bemühungen, um den Lohnunterschied zwischen Ost- und Westdeutschland zu verringern. Der CDU-Politiker und Oberbürgermeister von Münster sagte, es gebe eigentlich einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse. So weit sei man aber leider noch nicht. Das führe auch zur Abwanderung von Fachkräften in den Westen. Hier müsse die Politik ansetzen, um die Deutsche Einheit wirklich lebbar zu machen.

Eröffnungsgottesdienst im Schweriner Dom

Erzbischof Heiner Koch (l-r), Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth, Olaf Scholz (SPD), Bundespräsident Fank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und derzeitige Bundesratspräsidentin, und Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, vor dem vor dem Schweriner Dom stehend.
Erzbischof Koch, Bundesverfassungsgerichtspräsident Harbarth, Kanzler Scholz, Bundespräsident Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bas, Bundesratspräsidentin Schwesig und Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt (v.l.n.r.) vor dem Schweriner Dom. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jens Büttner

Beim Eröffnungsgottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit im Schweriner Dom hatte am Donnerstagvormittag der katholische Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, in seiner Predigt die Bedeutung des Kompromisses für das gesellschaftliche Zusammenleben unterstrichen. Wichtig sei auch die Bereitschaft, voneinander und miteinander zu lernen. Die evangelische Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ermutigte dazu, "mitmenschlich" zu leben, "Menschen in Not" zu helfen und das "Handwerk der Demokratie" neu zu lernen.

Hauptfeiern zum Tag der Einheit in Schwerin

Die Hauptfeiern zum Tag der Deutschen Einheit finden in diesem Jahr in der mecklenburg-vorpommerschen Landeshauptstadt Schwerin statt. Zu den 500 Gästen des Zentralen Festakts im Mecklenburgischen Staatstheater gehörten neben Scholz und Schwesig auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth.

Das zentrale Fest zum Tag der Deutschen Einheit richtet traditionell jenes Bundesland aus, das gerade den Vorsitz im Bundesrat inne hat. Das ist in diesem Jahr Mecklenburg-Vorpommern mit seiner Regierungschefin Schwesig. Mit der Ausrichtung der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit endet für die SPD-Politikerin die einjährige Amtszeit als Bundesratspräsidentin.

Zahlreiche Aktionen zum Einheitstag in Mitteldeutschland

Mit Festakten, Gottesdiensten oder Wanderungen an der früheren Grenze ist in allen drei Ländern in Mitteldeutschland der Einheitstag gefeiert worden. Im sächsischen Landtag in Dresden wurde neben dem Tag der Deutschen Einheit auch die Wiedergründung des Freistaates gefeiert. Der Präsident des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes, Matthias Grünberg, erinnerte dabei an die Aufbruchstimmung im Land vor 34 Jahren.

In Sachsen-Anhalt wurde unter anderem am ehemaligen Grenzübergang Marienborn im Landkreis Börde, aber auch in Naumburg, Wernigerode, Lutherstadt Eisleben und anderen Orten der Tag der Einheit begangen.

In Thüringen gab es zum Tag der Einheit unter anderem Gottesdienste in Jena, Erfurt, im Eichsfeld und an der Gedenkstätte Point Alpha bei Geisa an der thüringisch-hessischen Landesgrenze. An der Grenze zu Bayern wurde im früher geteilten Dorf Mödlareuth ein Deutschlandfest gefeiert. In der Rhön trafen sich Wanderer aus Ost und West zu einem Marsch entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

MDR/dpa/AFP/epd/Reuters (dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 03. Oktober 2024 | 09:00 Uhr

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