Kommentar Streit in der Ampel-Koalition: Es braucht ein Machtwort

23. Mai 2023, 21:23 Uhr

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Koalition darauf verständigt, dass ab 2025 neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Grüne und die FDP streiten seit Wochen darüber, wie das Gebäudeenergiegesetz genau umgesetzt werden soll. Jetzt haben die Liberalen das Verfahren vorerst gestoppt.

Kristin-Marie Schwietzer
Bildrechte: ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese

Rumms – jetzt ist passiert, was zu erwarten war. Da sind zwei Züge aufeinandergeprallt. Ein Unfall mit Ansage. Grüne und FDP sind mal wieder aneinandergeraten. Das umstrittene Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Habeck wird auf die lange Bank geschoben. Die Grünen wollen nicht nachbessern, die Liberalen deshalb nicht zustimmen. In der Sache nichts Neues. Nur die Tonalität hat sich verschärft.

Die grüne Fraktionschefin sieht die Arbeits- und Regierungsfähigkeit der Ampel beschädigt. Das klingt wie ein Hilferuf in Richtung Kanzleramt. Abwarten und moderieren wird dieses Mal nicht mehr reichen. Das Scholzsche Mantra: "Wir sind nie beleidigt und nie hysterisch", gerät ins Wanken. Denn die Performance seiner Koalition hinterlässt gerade eben diesen Eindruck.

Jeder gute PR-Manager würde dem Kanzler jetzt raten, was für jede Krise gilt. Nicht die Krise ist das Problem, sondern wie man mit ihr umgeht.

Vertrauensverlust der Wählerinnen und Wähler

Es braucht ein Machtwort oder einen klugen Problemlöser. Einer, der die Sache jetzt in die Hand nimmt, sichtbar für jeden. Denn das, was auf dem Spiel steht, ist größer als der Streit zwischen Grünen und FDP. Es geht nicht um ein Heizungsgesetz. Es geht um Vertrauen. Die Wählerinnen und Wähler sind ohnehin schon verunsichert.

Die Folgen der Corona-Pandemie sind für viele Betriebe, Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch spürbar, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges noch nicht einmal absehbar. Dass durch solche außerordentlichen Belastungsproben auch politische Unterschiede deutlicher zutage treten, ist nicht verwunderlich.

Grüne und FDP haben unterschiedliche politische Vorstellungen, gerade da, wo es um elementare Entscheidungen geht. Und die letzten Wahlergebnisse in Berlin und Bremen setzen die kleinen Partner in der Ampel zusätzlich unter Druck. Verluste für die Liberalen in Berlin, Verluste für die Grünen in Bremen.

So ringen beide Seiten, grün und gelb, um mehr Erkennbarkeit in einer auf Bundesebene ungeübten Dreierkonstellation. Umso mehr braucht es jetzt Verständlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger und Führung, um das politische Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Ampel-Koalition nicht dauerhaft zu beschädigen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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