Meinung von Kristin Schwietzer zu den EU-Wahlen 2 min
Hauptstadtkorrespondentin Kristin Schwietzer schätzt ein, welche Botschaften von der Europawahl 2024 an die Berliner Politik ausgehen. Bildrechte: Collage: picture alliance/dpa|Philipp von Ditfurth / ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese / MDR
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Hauptstadtkorrespondentin Kristin Schwietzer schätzt ein, welche Botschaften von der Europawahl 2024 an die Berliner Politik ausgehen.

MDR aktuell 19:30 Uhr So 09.06.2024 19:30Uhr 01:34 min

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Kommentar Europa, nein danke? Die Populisten sind wieder da

10. Juni 2024, 09:52 Uhr

Bei der Europawahl zeichnet sich ein Rechtsruck ab. Die AfD wird zweitstärkste Kraft. Die Union gewinnt. Die Ampel wurde abgestraft, die politischen Ränder profitieren. Die AfD wird im Osten sogar stärkste Kraft. Ein Kommentar zur Europawahl von MDR-Hauptstadtkorrespondentin Kristin Schwietzer.

So weit weg von den Menschen war die Europäische Union wohl selten. Vor zwölf Jahren noch Friedensnobelpreisträger. Und heute? Die EU-Skeptiker sind wieder da. Krieg, Energie- und Wirtschaftskrise und dazu das an vielen Stellen immer noch ungelöste Problem mit der Migration. Die Länder der Europäischen Union haben zu lange keine gemeinsame Antwort darauf gefunden. Das wird den Regierungsparteien bei der Europawahl nun wie ein Spiegel vorgehalten: Die Populisten von rechts und links sammeln fleißig Stimmen ein. Das schlägt hier bei den Ampelparteien ins Kontor.

SPD und Grüne verlieren

Die Kanzlerpartei hat ein Mobilisierungsproblem. Die Liberalen können ihr Ergebnis möglicherweise gerade so halten. Gemessen an den letzten Landtagswahlen und den Umfragen vor der Europawahl mag sich das im Genscher-Haus in Berlin fast schon wie ein Erfolg anfühlen. Grund zur Sektlaune ist das sicher nicht.

Die Grünen wurden sogar regelrecht abgestraft. Und als wären die Stimmverluste nicht schon schlimm genug. Gerade die Jugend hat sich abgewandt von den Grünen. Die 16- bis 24-Jährigen glauben, dass CDU, CSU, aber auch die AfD ihre Probleme besser lösen können. Klimaschutz ist eben nur eine von vielen Fragen, die junge Menschen beschäftigt. Die andere ist die Frage nach der Perspektive, nach Arbeit. Zuletzt 14 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Da ist Europa immer noch ein kranker Mann.

AfD profitiert trotz schwierigem Wahlkampf

Das Abarbeiten an der AfD hat wenig gebracht. Die Partei legt zu, trotz der Verurteilung des Thüringer Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Björn Höcke, weil er eine NS-Parole öffentlich benutzt haben soll, trotz der Spionagevorwürfe an einen engen Mitarbeiter des Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah. Der wurde von der AfD zuletzt regelrecht von der öffentlichen Bühne ferngehalten.

Das Ergebnis: mindestens 7 Prozent mehr. Das sollte allen Parteien der demokratischen Mitte zu denken geben. Die Botschaft der Wähler: Kümmert euch nicht um andere, kümmert euch um unsere Probleme.

Das BSW aus dem Stand im Europaparlament

Die Linke: ebenfalls abgestraft. Das ist keine Unterstützung für Bodo Ramelow bei den Landtagswahlen in Thüringen im September. Das Bündnis Wagenknecht profitiert dagegen. Auch das verwundert kaum. Vor allem die Ostdeutschen hadern mit der Bundespolitik. Waffenlieferungen an die Ukraine ein schwieriges Thema. Wagenknecht kann fast immer eine einfache Antwort geben. Unter Beweis stellen muss sie es noch nicht.

Die Union gewinnt ohne Höhenflug

Die Union dürfte der Wahlsieger werden. Ein Erfolg nach den herben Verlusten vor fünf Jahren. Merz hat die Union nach dem Wahldebakel bei der Bundestagswahl geeint und die CDU wieder zum Erfolg geführt. Ein Höhenflug ist aber auch das nicht. Die Ampel liefert nicht, und die Union kann nicht wirklich davon profitieren. Merz kann als möglicher Kanzlerkandidat noch nicht überzeugen.

Ein bisschen Rückenwind für die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen nehmen die Wahlkämpfer der CDU, und Ministerpräsident Michael Kretschmer, am Ende aber doch mit in den Sommer. Die Konkurrenz von rechts und links allerdings auch. Noch ist das nur ein Denkzettel. Jetzt beginnt die Arbeit. Die Probleme zu lösen, die die Menschen in Ostdeutschland bewegen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 09. Juni 2024 | 21:45 Uhr

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