Tino Chrupalla (l.) spricht neben Alice Weidel, beide AfD-Bundesvorsitzende, und René Aust, AfD-Kandidat für die Europawahl.
Die AfD ist bei der Europawahl im Osten mit Abstand stärkste Kraft geworden. Bundesweit wurde die Union Wahlsieger. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Wahl zum EU-Parlament Union gewinnt Europawahl – AfD im Osten vorn

11. Juni 2024, 13:23 Uhr

Bei der Europawahl haben die Ampel-Parteien in Deutschland deutlich an Zustimmung verloren. Bundesweit wurde die Union stärkste Kraft, doch im Osten liegt die AfD auf dem ersten Platz.

Die AfD ist bei der Europawahl im Osten mit Abstand stärkste Kraft geworden. Die teils vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei konnte in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen jeweils den ersten Platz für sich verbuchen, wie die Bundeswahlleitung am Montagmorgen in Berlin nach Auszählung aller 400 Wahlkreise mitteilte.

AfD in Mitteldeutschland vorn

In Thüringen erreichte die AfD nach Auszählung aller Stimmen 30,7 Prozent. Die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Partei distanzierte deutlich die CDU, die auf 23,2 Prozent kam. Das BSW wird im Freistaat aus dem Stand mit 15,0 Prozent dritte Kraft. Weit abgeschlagen und mit hohen Verlusten folgten die SPD mit 8,2 Prozent, die Linke mit 5,7 Prozent, die Grünen mit 4,2 Prozent und die FDP mit 2,0 Prozent. 

Auch in Sachsen-Anhalt holte die als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD die meisten Stimmen. Sie kam auf 30,5 Prozent der Stimmen – ein Plus von 10,2 Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Europawahl im Jahr 2019. Die CDU landete mit 22,8 Prozent auf dem zweiten Platz. Das BSW erreichte aus dem Stand 15,0 Prozent. Die SPD kam nach Verlusten auf 8,7 Prozent. Die Linke verlor deutlich und holte nur 4,8 Prozent. Auch Grüne (3,9 Prozent) und FDP (2,5 Prozent) schnitten schwach ab.

In Sachsen ist die AfD ebenfalls stärkste Kraft geworden. Die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Partei kam im Freistaat auf 31,8 Prozent der Stimmen. Die CDU musste sich mit 21,8 Prozent geschlagen geben. Das BSW kam aus dem Stand auf 12,6 Prozent. Dahinter landeten mit einigem Abstand SPD (6,9 Prozent), die Grünen (5,9 Prozent) und die Linke (4,9 Prozent).

Deutschlandweit ist Union klar stärkste Kraft

Deutschlandweit haben CDU und CSU laut Bundeswahlleiterin mit 30,0 Prozent die meisten Stimmen geholt. Dahinter folgt die AfD mit 15,9 Prozent vor der SPD mit 13,9 und Grünen mit 11,9 Prozent. Das BSW holte demnach aus dem Stand 6,2 Prozent, die FDP liegt bei 5,2 Prozent. Die Linke kam auf 2,7 Prozent, die Freien Wähler auf 2,7 Prozent, die Europapartei Volt auf 2,6 Prozent. Die anderen Parteien bewegen sich im einprozentigen Bereich oder darunter.

Im Vergleich zur Wahl 2019 konnte die Union damit leicht zulegen, die AfD gewann demnach mehr als fünf Prozentpunkte hinzu, das neue BSW kam sofort auf sechs Prozent. Volt verbesserte sich um 1,8 Prozent. Deutliche Verluste verbuchten die Grünen mit einem Minus von gut acht Prozentpunkten. Die SPD büßte knapp zwei Prozentpunkte ein, die Linke 2,8 Punkte. Bei der Europawahl gilt in Deutschland keine Sperrklausel.

Reaktionen: SPD und Grüne enttäuscht – AfD und BSW jubeln

CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einer "letzten Warnung" für die Ampel. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. CSU-Chef Markus Söder sagte: "Die 'Ampel' ist de facto abgewählt." SPD-Chef Lars Klingbeil bezeichnete das schlechte Abschneiden seiner Partei als "frustrierend". Die SPD werde aber "nicht den Kopf in den Sand stecken". Es gelte "jetzt erst recht".

AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla bezeichnete die Stimmengewinne und Platz zwei als "historisch". Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich enttäuscht über das schwache Abschneiden seiner Partei. Er sagte im ZDF: "Unser Anspruch ist ein anderer." Die BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht zeigte sich "erleichtert" über das gute Abschneiden bei der Europawahl. Sie sieht "da ein großes Potenzial".

Wahlbeteiligung in Deutschland so hoch wie nie

Die Beteiligung an einer Europawahl in Deutschland war mit 64,8 Prozent höher als 2019, als sie bei 57,2 Prozent gelegen hatte. Bei der ersten gesamtdeutschen EU-Wahl 1994 hatte die Beteiligung bei genau 60,0 Prozent gelegen, bei späteren Abstimmungen nur zwischen 40 und 50 Prozent.

Europaweit lag die Beteiligung Prognosen zufolge bei etwa 51 Prozent.

Sitzprojektion für das EU-Parlament

Rund 65 Millionen Menschen in Deutschland waren wahlberechtigt. Erstmals durften junge Leute im Alter von 16 und 17 Jahren ihre Stimme abgeben. Die Europawahl gilt als Stimmungstest für die deutschen Parteien für die Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Juni 2024 | 06:10 Uhr

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