Bundestag Bundeskanzler Olaf Scholz verliert Vertrauensfrage – Weg frei für Neuwahlen
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16. Dezember 2024, 13:07 Uhr
Die 205. Sitzung des aktuellen Bundestags hat den Weg für Neuwahlen frei gemacht. Bundeskanzler Olaf Scholz verlor – wie geplant – die Vertrauensfrage und bat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um Auflösung des Bundestages. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition ebnete Scholz somit den Weg für vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar.
- Oppositionsführer Merz wirft Scholz mangelnden Respekt vor
- Lindner will keinen "Prinz Karneval" als Kanzler
- Vertrauensfrage: So wollen die Parteien abstimmen
- Nach der Abstimmung: So wäre der Weg zur Bundestagswahl
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Vertrauensfrage im Bundestag verloren. In namentlicher Abstimmung sprachen 207 Abgeordnete dem Kanzler das Vertrauen aus. 394 Abgeordnete stimmten mit Nein und 116 enthielten sich der Stimme. Der Bundestag hat 733 Mitglieder, 717 Stimmen wurden abgegeben. Enthaltungen wirken bei der Vertrauensfrage wie ein Nein.
Das Ergebnis war erwartet worden. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition macht Scholz damit den Weg frei für vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar frei.
So geht es jetzt weiter bis zur Bundestagswahl
Der Kanzler hat nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen, den Bundestag aufzulösen. Scholz traf bereits kurz nach der Sitzung bei Steinmeier im Schloss Bellevue ein. Beide sprachen hinter verschlossenen Türen miteinander. Steinmeier hat jetzt 21 Tage für seine Entscheidung Zeit.
Steinmeier will seine Entscheidung über die Auflösung des Bundestages allerdings nicht im Alleingang treffen. Nach Angaben des Präsidialamtes wird Steinmeier zunächst mit allen Fraktions- und Gruppenchefs im Parlament sprechen. Den Anfang machen am Dienstag der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz. Für Mittwoch sind die Fraktionsspitzen von Grünen und FDP eingeladen, einen Tag später dann die Vertreter von AfD, Linker und BSW. Für seine Entscheidung hat der Bundespräsident drei Wochen Zeit.
Entscheidet sich der Bundespräsident, den Bundestag aufzulösen, müssen binnen 60 Tagen Bundestagswahlen stattfinden. Beim angestrebten Neuwahltermin am 23. Februar dürfte Steinmeier die Entscheidung frühestens am 25. Dezember treffen. Wegen der Weihnachtsfeiertage wird aber davon ausgegangen, dass Steinmeier den Beschluss ab dem 27. Dezember bekannt gibt.
Erklärung zum Auftakt der Sitzung
Der Kanzler hatte zum Auftakt der Sitzung eine Erklärung abgegeben. Scholz sagte dabei in Anspielung auf die FDP: "Politik ist kein Spiel. [...] In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife", betonte er. "Wer in eine Regierung eintritt, der trägt Verantwortung für das ganze Land." Er kritisiert eine "wochenlange Sabotage der eigenen Regierung durch die Freien Demokraten".
Oppositionsführer Merz wirft Scholz mangelnden Respekt vor
Im Anschluss begann die Aussprache im Bundestag. Dabei warf Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) dem Kanzler mangelnden Respekt vor. Scholz fordere zwar Respekt ein, bei ihm selbst höre dieser aber auf, "wo es andere politische Meinungen gibt", sagte der CDU/CSU-Fraktionschef. Denn so wie der Kanzler die FDP und deren Vorsitzenden Christian Lindner adressiert habe, "das ist nicht nur respektlos, sondern es ist eine blanke Unverschämtheit", sagte Merz.
Vizekanzler Habeck warnt vor Zeitverlust
Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis90/ Die Grünen) hat in seiner Rede davor gewarnt, dass es nach der Bundestagswahl Ende Februar noch länger dauern könnte, bevor Deutschland eine neue Regierung haben werde. Deshalb sei es wichtig, dass die amtierende Regierung gewissenhaft weiterarbeiten könne. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Deutschland handlungsfähig bleibe. Dabei verwies Habeck darauf, dass Frankreichs Regierung gescheitert sei und es etwa in Österreich und Belgien derzeit keine Regierung gebe.
Lindner will keinen "Prinz Karneval" als Kanzler
FDP-Chef Christian Lindner attakierte in seiner Rede die Wirtschaftspolitik von Kanzler Scholz. Dessen Antworten gingen am tiefgreifenden Problem mangelnder Wettbewerbsfähigkeit vorbei. Als Beispiel nannte Lindner die gerade erst von Scholz vorgeschlagene Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. "Der Prinz Karneval, der kann am Rosenmontag Kamelle verteilen um populär zu werden. Aber die Bundesrepublik Deutschland darf so nicht regiert werden."
Weidel nennt Scholz "schlechtesten Bundeskanzler"
AfD-Co-Chefin Alice Weidel nannte in ihrem Statement Olaf Scholz "den schlechtesten Bundeskanzler, den die Bundesrepublik je hatte". Weidel sagte weiter, sie überlege, wer schlechter gewesen sei - Angela Merkel oder Olaf Scholz. "Ich glaube, beide gleich schlecht", lautete das Fazit von Weidel. Merkel habe den Niedergang eingeleitet und Scholz habe ihn beschleunigt. Die Bundesrepublik Deutschland sei in der tiefsten und gravierendsten Wirtschafts-, Finanz- und Energiekrise sowie Migrationskrise.
Wagenknecht sieht "unrühmliches Ende" der Regierung
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sprach in ihrem Statement vom "unrühmlichen Ende" einer Regierung, die das Leben der Menschen spürbar verschlechtert habe. Statt sich bei den Bürgern dafür zu entschuldigen, habe Scholz vor der Vertrauensfrage im Bundestag eine Wahlkampfrede abgespult. "Drei Jahre Abstieg unseres Landes, und Sie bitten um vier Jahre Verlängerung. Das muss man erst mal bringen."
MDR (dpa/reuters/mpö/isc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 16. Dezember 2024 | 11:07 Uhr