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Union und SPD ringen um Ideen für verschuldete Städte – Experten sind gespalten

MDR AKTUELL Di 01.04.2025 06:06Uhr 03:09 min

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Koalitionsverhandlungen Union und SPD diskutieren Schuldenerlass für Kommunen

01. April 2025, 13:40 Uhr

Union und SPD streiten in den aktuellen Koalitionsverhandlungen noch darüber, wie sie verschuldeten Kommunen helfen können. Die SPD will hochverschuldeten Städten und Gemeinden die Hälfte ihrer Schulden erlassen. Eine sinnvolle Idee?

Britta Veltzke
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Deutschland soll bis 2045 klimaneutral heizen. Der Bürgermeister der Stadt Schmölln, Sven Schrade, arbeitet daran. Er will so viele Haushalte wie möglich an das Fernwärmenetz anbinden, damit die klimafreundlich heizen können. Allerdings seien seine Stadtwerke verschuldet – ein Kredit für den Netzausbau nicht drin. Ein echtes Dilemma, meint Schrade.

"Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, beispielsweise bei Investitionen in die Wärmeinfrastruktur, Stichwort Wärmewende, oder auch im Bereich der erneuerbaren Energien", sagt Schrade. "Wir reden über Sanierungs- und Investitionsstau in Kitas und in Schulen und wir brauchen die Freiräume, um auch wieder Kredite aufnehmen oder noch besser Kredite aufnehmen zu können, um hier in die Zukunft investieren zu können."

Schmöllner Bürgermeister für Schuldenerlass

Den Vorschlag, Kommunen Schulden zu erlassen, findet er richtig – besonders, weil der Schuldenstand auch mit Glück und Pech zu tun habe. In den 90er-Jahren hätten alle versucht, gute Bedingungen für neue Unternehmen zu schaffen, aber "wir kennen ja alle irgendwo auch beleuchtete Gewerbegebiete oder beleuchtete Wiesen in Gewerbegebieten, die eben noch nicht belegt sind", erklärt der Bürgermeister von Schmölln. "Insoweit ist damals die Kommune im Osten richtigerweise auch ins Risiko gegangen, und es hat sich nicht überall ausgezahlt."

Rekordverschuldung 2024 Das Finanzdefizit der Kommunen ist 2024 auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung angewachsen. Das Statistische Bundesamt bezifferte das Jahres-Minus bei den Kern- und Extrahaushalten der Gemeinden und Gemeindeverbänden mit 24,8 Milliarden Euro. 2023 hatte das Defizit noch 6,6 Milliarden Euro betragen. Überdurchschnittlich stiegen den Daten zufolge Sozialleistungen und Personalausgaben.

Insofern mache es Sinn, diesem Risiko Rechnung zu tragen und Kommunen Schulden zu erlassen. Darauf hofften viele Verantwortliche in den Rathäusern, berichtet Vanessa Wilke. Als Chefredakteurin leitet sie die Zeitung "Der Neue Kämmerer". Schuldenerlass sei ein heißes Thema bei ihren Leserinnen und Lesern. Viele Kommunen rängen um ihre Handlungsfähigkeit.

Büttner: Schuldenerlass setzt falsche Signale

Daher drängen die betroffenen Kommunen seit langer Zeit darauf, eine Lösung für die Altschuldenproblematik zu erwirken und haben bislang aber noch nicht umfänglich Hilfe erhalten, sagt Wilke. Schulden zu erlassen, wäre aus ihrer Sicht sinnvoll, aber es müsste von einer Reihe an Maßnahmen begleitet werden, damit eben ein solcher Schuldenaufbau gar nicht wieder entstehe.

Finanzmittel nach dem Schuldenstand zu verteilen, ist eine rückwärtsgerichtete Finanzpolitik.

Thiess Büttner Volkswirt an der Uni Erlangen-Nürnberg

Und das wäre zum Beispiel, den Kommunen einen Teil der hohen Sozialausgaben abzunehmen. Da geht der Volkswirt der Uni Erlangen-Nürnberg, Thiess Büttner, mit. Den Schuldenerlass lehnt er jedoch ab: "Finanzmittel nach dem Schuldenstand zu verteilen, ist eine rückwärtsgerichtete Finanzpolitik. Mittel werden dann dorthin verteilt, wo früher einmal Geld ausgegeben wurde, aber nicht dahin, wo heute ein Finanzbedarf besteht." Ein Schuldenerlass setze falsche Signale.

"Wenn die Bundesländer, die sich nicht hinreichend um ihre Kommunalaufsicht gekümmert haben und zugelassen haben, dass ihre Kommunen auch schlecht ausgestattet sind, jetzt ein Teil der Probleme abwälzen können an den Bund, dann bedeutet das natürlich in der Zukunft, dass Bundesländer noch weniger Anreiz haben, sich um ihre eigenen Kommunen zu kümmern", erklärt Büttner.

Nicht alle Kommunen sind hochverschuldet

Die kommunale Schuldenproblematik zeige sich in "eindrucksvoller Weise" sehr deutlich nach den Landesgrenzen. Hochverschuldet sind vor allem Städte und Gemeinden in Westdeutschland – besonders in NRW.

Der Volkswirt geht davon aus, "dass in einzelnen Bundesländern im Westen vielleicht doch darauf spekuliert wurde, dass am Ende andere die Rechnung übernehmen. Und in den neuen Bundesländern gibt es im Gegenteil auch einzelne Länder, die ganz intensiv auf solide Finanzen (…) geschaut haben." Das zeige sich jetzt in einer vergleichsweise niedrigen Verschuldung.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 01. April 2025 | 06:06 Uhr

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