Breitere Lieferketten Regierung will gegen Engpässe bei Medikamenten vorgehen
Hauptinhalt
28. November 2022, 18:42 Uhr
Die Bundesregierung will Lieferengpässe bei Medikamenten bekämpfen. Das Bundesgesundheitsministerium kündigte Änderungen im Vergabrecht an. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt derzeit etwa 300 Meldungen zu Lieferengpässen auf. Die sind teilweise wohl auch auf Hamsterkäufe zurückzuführen.
- Zum einen gehen die Lieferengpässe bei Medikamenten offenbar auf unsichere Produktionsketten in Asien zurück.
- Außerdem kommt es dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zufolge vermehrt zu Hamsterkäufen.
- Für viele knappe Medikamente gibt es Alternativpräparate anderer Hersteller.
Die Bundesregierung will stärker gegen Lieferengpässe bei Medikamenten vorgehen. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, sind Änderungen beim Vergaberecht geplant. Ziel sei es, Lieferketten breiter anzulegen, damit die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern abnehme. Die Situation sei trotz vorhandener Instrumente zu Ausweichpräparaten bei Engpässen unbefriedigend.
Lieferengpässe bei Medikamenten auch durch Kostendruck
Minister Karl Lauterbach hatte dem ARD-Hauptstadtstudio mit Blick auf die Gesetzespläne gesagt, die Krankenkassen sollten nicht länger gezwungen sein, Medikamente und Wirkstoffe dort einzukaufen, wo sie am billigsten sind. Es könne nicht sein, "dass wir versuchen, bei den Wirkstoffen zum Teil ein paar Cent zu sparen, riskieren dann aber dafür die Versorgung der Bevölkerung".
Es kann nicht sein, dass wir versuchen, bei den Wirkstoffen zum Teil ein paar Cent zu sparen, riskieren dann aber dafür die Versorgung der Bevölkerung.
Zuletzt hatten Apotheken erneut auf Lieferengpässe bei einer Reihe von Medikamenten hingewiesen – darunter Fiebersäfte für Kinder, Magensäureblocker, Hustensäfte und Blutdruckmittel. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände begründete die angespannte Lage mit einem enormen Kostendruck. Um Geld zu sparen, setzten Hersteller auf eine Produktion in Asien. Fielen Chargen aus oder verspäteten sich Transporte, habe das Folgen für das hiesige Angebot.
Hamsterkäufe auch ein Grund für Engpässe
Teilweise scheinen die Lieferpässe allerdings auch auf Hamsterkäufe von Verbrauchern zurückzugehen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilte dem WDR mit, der Medikamentenverbrauch sei überproportional gestiegen. Warum das so sei, habe man aber nicht herausfinden können. Es gebe jedenfalls nicht so viel mehr Krankheitsfälle, die den erhöhten Verbrauch erklären könnten. Deshalb sei davon auszugehen, dass sowohl Apotheken als auch die Endverbraucher Medikamente hamstern.
Alternativen für viele knappe Medikamente
Das Institut führt derzeit etwa 300 Meldungen zu Lieferengpässen auf – bei rund 100.000 zugelassenen Arzneimitteln. Für viele knappe Medikamente gibt es Alternativen. Ein Lieferengpass müsse nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein, betonte die Behörde.
Die Gesetzlichen Krankenversicherung GKV nannte es wirklich wichtig, dass die Pharmaindustrie künftig wieder alle Medikamente bis hin zum Fiebersaft zuverlässig liefere. Es bleibe aber ein großes Fragezeichen, ob internationale Konzerne Produktionsabläufe wirklich änderten, nur weil in Deutschland höhere Preise bezahlt würden, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz, der Deutschen Presse-Agentur.
dpa/MDR (jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. November 2022 | 16:00 Uhr