Gebäudeenergiegesetz Ex-Verfassungsrichter Kirchhof für Aufschub von Heizungsgesetz
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22. Mai 2023, 14:14 Uhr
Der langjährige Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof hat gegen das von der Bundesregierung geplante Gesetz zum Heizungstausch verfassungsrechtliche Vorbehalte. Zugleich kritisiert er das Tempo beim Gesetzgebungsverfahren. Kirchhof schlägt vor, sich mehr Zeit zu nehmen für Korrekturen.
- Verfassungsrechtler Kirchhof: Ampel-Plan überrollt die Bürger und die Wirtschaft.
- Es braucht mehr Zeit, um den Gesetzentwurf nachzubessern.
- Kirchhof hält geplante Ausnahmeregelungen für verfassungsrechtlich bedenklich – kein Sachgrund für Altersgrenze.
Der langjährige Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof hat das schnelle Tempo der Ampel-Regierung beim neuen Heizungsgesetz als überhastet und die geplante Regelung als unverhältnismäßig kritisiert.
Kirchhof sagte MDR AKTUELL, zwar sei Klimaschutz ein wichtiges und drängendes Ziel, doch könne man nicht alle entgegenstehenden Interessen und Rechtsgüter der Bürger überrollen. So hat "jedermann ein Recht auf Wohnen und in Mitteleuropa geht das nur, wenn die Wohnung geheizt wird". Wenn jetzt schnelle Gesetzesänderungen dazu führten, "dass der Bürger sich das finanziell gar nicht leisten kann" oder Handwerk und Industrie mit den Produkten oder dem Einbau überfordert seien, "dann ist das Ganze nicht mehr angemessen". Als Beispiel nennt Kirchhof die Auflage zum Wechsel auf Wärmepumpen.
Kirchhof: Brauchen Zeit, um das Gesetz zu überarbeiten
Nach Einschätzung von Kirchhof "drängt es nicht, dieses Gesetz – so wie es geplant ist – zu verabschieden. Es sei zu eindimensional und dürfe nicht "durchgepeitscht werden von Leuten, die meinen, bestimmte Fristen einhalten zu müssen, sonst geht die Welt unter". Es gebe viel mehr Möglichkeiten, auch im Bereich der zu wählenden Technologien.
Kirchhof erläutert, in einer Demokratie würden Probleme ausdiskutiert – gerade, wenn sie so existenziell für die Bürger seien. Er schlug vor, das Gesetzgebungsverfahren und gegebenenfalls den Start der Neuregelung zeitlich zu strecken. So bekämen das Parlament und Verbände mehr Zeit, um sich zu äußern. Außerdem könnten sich die Bevölkerung und auch die Wirtschaft dann besser darauf einstellen.
Verfassungsrechtliche Bedenken bei Ausnahmeregelungen: Kein Sachgrund für Altersgrenze
Bei einzelnen Regelungen im Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz hat Kirchhof verfassungsrechtliche Bedenken – etwa beim Gleichheitsgrundsatz. Das betreffe die geplante Ausnahmeregelung für Ältere. Warum sollten "Wohnungsinhaber oder Eigentümer ab 80 nichts mehr für den Klimaschutz tun müssen"? Sicher müsse man sich um die Sorgen der älteren Bevölkerung kümmern, aber "wenn Heizungen CO2 ausstoßen, ist doch völlig egal, ob der Verursacher 79 oder 80 ist". Es sei kein Sachgrund für diese Altersgrenze ersichtlich.
Wenn Heizungen CO2 ausstoßen, ist doch völlig egal, ob der Verursacher 79 oder 80 Jahre alt ist.
Ähnlich sei es mit der geplanten Sonderregelung für öffentliche Einrichtungen und Behörden. Kirchhof sagte MDR AKTUELL: "Dem Staat mit seinen ergiebigen Steuerquellen könne man doch nicht Armut bescheinigen und sagen, da verzichten wir auf CO2-Einsparungen."
Das geplante Gebäudeenergiegesetz sieht unter anderem vor, dass schon ab kommendem Jahr kaum noch Öl- und Gasheizungen verbaut werden dürfen.
MDR AKTUELL (ans)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. Mai 2023 | 07:00 Uhr