Nach Abtritt von Graichen Union fordert Stopp von Habecks Heizungsgesetz
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18. Mai 2023, 10:43 Uhr
Nach der Entlassung von Staatssekretär Graichen fordern Unionspolitiker, die von ihm verantwortete Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zu stoppen. Das Gesetz geht laut CDU-Bundesvorstandsmitglied Linnemann "völlig an der Realität vorbei". Die FDP sieht noch "rund 100" offene Fragen und will einen neuen Zeitplan für das Gesetz. Zugleich verlangen die Oppositionsparteien weitere Aufklärung im "Filz-Skandal" im Umfeld von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
- CDU-Politiker Linnemann fordert Stopp des Gesetzesvorhabens
- FDP verlangt neuen Zeitplan: zahlreiche noch offene Fragen
- Grüne und SPD sehen keinen Zusammenhang zur Entlassung Graichens
Unionspolitiker haben nach der Entlassung des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, den Stopp der umstrittenen Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gefordert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) "sollte jetzt das Gesetz komplett stoppen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Es gehe "völlig an der Realität vorbei".
Die Union kritisiert die Pläne seit Monaten scharf. Graichen habe "einen schweren Fehler" bei der Auswahl des Chefs der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) gemacht. Das von Graichen zu verantwortende Gebäudeenergiegesetz schade dem Klimaschutz mehr, als es nutzt, erklärte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Wie die Vorwürfe gegen Graichen mit der GEG-Reform zusammenhängen, führten weder Linnemann noch Liese näher aus.
FDP für neuen Zeitplan: "noch rund 100 Fragen an Robert Habeck"
Die FDP will eine Verschiebung beim Heizungsgesetz. Generalsektretär Bijan Djir-Sarai sagte der "Bild"-Zeitung (Donnerstag), er halte eine Verabschiedung vor der Sommerpause für ausgeschlossen. Die FDP-Fraktion habe "noch rund 100 Fragen an Robert Habeck". Solange diese nicht beantwortet seien, könnten die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen, sagte Djir Sarai. FDP-Energieexperte Michael Kruse forderte von Habeck einen neuen Zeitplan für das Gesetz, weil dem Parlament jetzt ein Ansprechpartner zu dem Vorhaben fehle. Das Gesetzesvorhaben müsse auf seine Praxistauglichkeit überprüft werden, so Kruse.
Grüne und SPD: Abtritt Graichens ohne Konsequenz für Gesetzesvorhaben
Wirtschaftsminister Habeck hatte sich nach der Bekanntgabe des Abgangs seines Staatssekretärs zuversichtlich gezeigt, dass der Vorgang keine Auswirkungen auf das GEG haben werde. Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies am Mittwochabend im ZDF die FDP-Forderung nach einer Verschiebung des Gesetzesvorhabens zurück. Kühnert sagte, beide Sachverhalte hätten nichts miteinander zu tun. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge in der ARD.
Zugleich verlangten die Oppositionsparteien weitere Aufklärung der personellen Verstrickungen im Bundeswirtschaftsministerium. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, bezeichnete Graichens Rücktritt bei MDR AKTUELL als längst überfällig. Das lange Festhalten an ihm habe Wirtschaftsminister Robert Habeck und die Bundesregierung beschädigt.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, der Filz-Skandal im Umfeld von Habeck sei noch lange nicht aufgearbeitet. AfD-Chefin Alice Weidel erklärte, Graichen möge zurückgetreten sein. Die Ursache für die "Versumpfung des Wirtschaftsministeriums" habe einen anderen Namen: Habeck: "Vor allem er sollte umgehend die Konsequenzen ziehen!"
Habeck: Vorwürfe der Vetternwirtschaft bestätigt
Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte am Mittwoch Graichens Entlassung bekanntgegeben. Dieser habe sich "zu angreifbar gemacht, um sein Amt noch wirkungsvoll ausüben zu können". Hintergrund sind Vorwürfe der Vetternwirtschaft, die sich laut Habeck in mindestens zwei Fällen als berechtigt herausstellten. Etwa war Graichen an der Vergabe eines Spitzenpostens bei der bundeseigenen Dena an seinen Trauzeugen Michael Schäfer beteiligt.
Graichen gilt als Architekt der GEG-Novelle. Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 in der Regel nur noch Heizungen eingebaut werden sollen, wenn die Wärme zu mindestens 65 Prozent durch erneuerbare Energien erzeugt wird. Das läuft in der Praxis auf ein weitgehendes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinaus.
AFP/dpa (kkö)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Mai 2023 | 06:00 Uhr