Migrationspolitik Vor Flüchtlingsgipfel: Thüringer Migrationsministerin fordert Sachlichkeit
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09. Mai 2023, 01:06 Uhr
Vor dem Migrationsgipfel mit Kanzler Olaf Scholz am Mittwoch hat Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt eine sachliche Diskussion angemahnt. Länder, Kommunen und der Bund dürften sich nicht in der Geldfrage gegeneinander aufreiben, sagte Denstädt MDR AKTUELL. Indes sprechen sich weitere Länder für eine größere Unterstützung durch den Bund aus. Der wiederum sieht keinen Anlass zu zusätzlichen Zahlungen.
- Weitere Länderchefinnen und Länderchefs pochen auf mehr Geld vom Bund.
- Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für zusätzliche Zahlungen.
- Die AfD fordert vor dem Migrationsgipfel, dass Deutschland grundsätzlich unattraktiver für Geflüchtete werden müsse.
Im Streit um die Kosten zur Versorgung von Flüchtlingen hat Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt eine sachliche Diskussion angemahnt. Denstädt sagte MDR AKTUELL, Länder, Kommunen und der Bund dürften sich nicht in der Geldfrage gegeneinander aufreiben. Man müsse wieder auf der Sachebene miteinander ins Gespräch kommen. Die Migrationsaufgabe sei nur gemeinsam zu lösen. Zugleich bekräftigte die Grünen-Politikerin, dass die Thüringer Kommunen dafür mehr Geld benötigten. Diese Haltung müsse das Land gegenüber dem Bund vertreten.
Länder fordern finanzielle Unterstützung vom Bund
Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich am Mittwoch mit den Ministerpräsidenten zu einem Flüchtlingsgipfel. Im Vorfeld des Treffens haben weitere Landesregierungen parteiübergreifend vom Bund gefordert, sie bei der Versorgung von Flüchtlingen finanziell stärker zu unterstützen.
SPD-Ministerpräsidentin Rehlinger wirft Lindner Blockade vor
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner erklärte, Berlin zähle seit Jahren zu den Städten mit der höchsten Aufnahmequote. "Unsere Aufnahmefähigkeit hat jedoch Grenzen, weil unsere Unterbringungs-, Bildungs-, Integrations- und Finanzierungsmöglichkeiten begrenzt sind", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel". Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlands, warf Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner vor, höhere Zahlungen an die Länder zu blockieren. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst rief die Bundesregierung dazu auf, mindestens die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Der CDU-Politiker sagte der "Rheinischen Post": "Parteiübergreifend haben sich die 16 Länder verständigt, dass sich der Bund und die Länder die Kosten teilen sollten, also wenigstens 50:50."
In einem Papier der Länderfinanzminister, über das die Funke Mediengruppe berichtet, wenden sich die Länder unter anderem gegen das Argument der Bundesregierung, der Bundeshaushalt müsse Milliardendefizite schultern, während die Länder und Kommunen Überschüsse verzeichneten. Das sei ein vorübergehendes Phänomen, das durch die Doppelkrise aus Corona-Pandemie und russischem Angriffskrieg verursacht worden sei, heiße es in dem Papier.
Es wurde am Montagabend an das Bundeskanzleramt übermittelt. Es umfasst im vier konkrete Punkte:
- vollständige Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete durch den Bund
- allgemeine monatliche Pro-Kopf-Pauschale für die Unterbringung und Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
- verlässliche Lösung für die Integrationskosten
- Übernahme der Kosten für unbegleitete Flüchtlinge
Regierungssprecher Steffen Hebestreit verwies umgekehrt auf vom Bund bereits geleistete Milliardenzahlungen und pochte auf einen angemessenen Anteil auch der Länder. Zwar räumte er ein, dass es für viele Kommunen eine "herausfordernde Situation" gebe. Allerdings leiste der Bund dafür im laufenden Jahr bereits einen Beitrag von 15 Milliarden Euro.
Bundesregierung sieht keinen Anlass für zusätzliche Zahlungen
Laut einem Beschlusspapier der Bundesregierung sieht diese keinen Anlass für zusätzliche Zahlungen. Die Regierung will den Ländern aber durch Verfahrenserleichterungen und zusätzliche Maßnahmen zur Begrenzung von Einreisen sowie für erleichterte Abschiebungen Geflüchteter entgegenkommen. Genannt werden in dem Papier der Bundesregierung die Digitalisierung der Ausländerämter, schnellere verwaltungsgerichtliche Verfahren, aber auch zentrale "Ankunftseinrichtungen" für Geflüchtete, aus denen direkt Abschiebungen erfolgen könnten.
AfD hält Finanzierungsstreit nicht für Kern des Problems
Nach Ansicht des AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla geht der Streit um die Finanzierung bei der Flüchtlingsversorgung am Kern des Problems vorbei. Chrupalla sagte MDR AKTUELL, letztlich sei es egal, ob der Bund oder die Länder zahlen müssten, "weil am Ende bezahlt es der Bürger durch erhöhte Steuern beziehungsweise Abgaben". Wichtig sei, dafür zu sorgen, dass Deutschland für Flüchtlinge weniger attraktiv werde. Dafür müssten etwa Geldleistungen in Sachleistungen umgewandelt werden.
Chrupalla forderte zudem, die Dublin-Verordnung europaweit wieder anzuwenden, "damit man in den Ländern, in denen der Asylbewerber zuerst den Boden betritt, dort die Verfahren, dort die Prüfung durchführt." Der Vorschlag von Innenministerin Nancy Faeser und Finanzminister Christian Lindner nach einer Asyl-Vorprüfung an den EU-Außengrenzen geht dem AfD-Politiker zufolge in die richtige Richtung. Allerdings müssten mehr Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, beispielsweise Afghanistan.
MDR, dpa, epd, afp (fef,mze)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. Mai 2023 | 07:30 Uhr