Sozialpolitik Bündnis: "Kinderarmut ist ein lösbares Problem"
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15. November 2022, 14:12 Uhr
Deutschland ist ein reiches Land und doch nimmt die Zahl der Kinder, die von Armut bedroht sind, weiter zu. Ein breites Bündnis gesellschaftlicher Organisationen weist nun darauf hin, dass knapp drei Jahre Dauerkrise besonders Familien ans Limit bringen. Mit einer gemeinsamen Erklärung wenden sich die Organisationen an die Politik.
Ein breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen fordert von der Politik dringend mehr Einsatz im Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland. Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, sagte, mehr als 30 Prozent der Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger seien Kinder, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur 16 Prozent betrage. Die allgemeine Teuerung und die Energiekrise träfen viele Familien "mit unfassbarer Wucht. Dadurch geraten Familien mit geringem Einkommen an oder sogar über die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten, viele sind finanziell schlicht am Ende."
Politik soll Kinder in den Vordergrund stellen
Die am Dienstag veröffentlicht Erklärung mit dem Titel "Solidarität mit armutsbetroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien - besonders in der Inflationskrise" wurde von 56 Organisationen unterzeichnet. Dazu gehören neben dem Kinderhilfswerk etwa der Deutsche Kinderschutzbund, die Nationale Armutskonferenz, Save the Children sowie die Sozialverbände VdK, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und Arbeiter Samariter Bund.
Die Politik muss die Interessen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund stellen. In unserer sozialen Marktwirtschaft ist es eine wesentliche Aufgabe des Staates, soziale Notlagen abzufangen, konsequent gegen Armut und soziale Ausgrenzung vorzugehen und die Finanzierung der Sozialpolitik durch gezielte und gerechtere Umverteilung von Kosten und Gewinnen sicherzustellen. Deshalb lassen wir uns auf eine Rhetorik vermeintlich 'leerer Kassen' nicht ein.
In der Erklärung fordern die Organisationen, dass endlich das nötige Geld in die Hand genommen wird, um Kindern in prekären Verhältnissen zu helfen. Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland sei inzwischen armutsgefährdet. Konkret bedeute das für die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht nur eine unzureichende Versorgung mit Gütern des alltäglichen Bedarfs, sondern auch geringere Bildungschancen und weniger Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe.
Kinder: armutsgefährdet und Armutsrisiko
Die Unterzeichnenden sprechen sich unter anderem für eine "auskömmliche Kindergrundsicherung" aus und für eine wirksame Überbrückung bis die neue Sozialleistung eingeführt wird. Soforthilfen und die Kindergelderhöhung reichten hier nicht aus. Zusätzlich müssten Einrichtungen und Angebote der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe verlässlich finanziert werden, heißt es in dem Appell im Hinblick auf die am 22. November anstehende Bundestagsentscheidung über den Haushalt 2023.
"Es ist ein Skandal, dass Kinder in einem reichen Land wie Deutschland das größte Armutsrisiko darstellen", erklärte die für Sozialpolitik zuständige Diakonie-Vorständin Maria Loheide. Durch die aktuell "massiven Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel" würde zudem vielen einkommensarmen Familien der "Boden unter den Füßen" weggerissen. "Kinderarmut ist kein Schicksal, sondern ein lösbares Problem", zeigte sich Loheide überzeugt. "Es braucht nur den politischen Willen."
cvt (mit KNA, AFP, epd)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 15. November 2022 | 11:30 Uhr