Einflussnahme AfD stellt Förderung von Jugend- und Kulturprojekten infrage
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28. Dezember 2024, 07:53 Uhr
Rechtsaußen-Politiker versuchen verstärkt, Einfluss auf das kulturelle und zivilgesellschaftliche Geschehen zu nehmen. Die AfD im sächsischen Landtag stellt Anfragen zur öffentlichen Finanzierung von Kultureinrichtungen und Vereinen. Betroffene werten das als Versuch, ihre Projekte einzuschränken.
- Verein in Bautzen: AfD unterstellt uns Unterstützung Krimineller.
- AfD will Dutzenden Projekten öffentliche Mittel kürzen.
- Grüne befürchten Beschränkung der Freiheit von Kunst und Kultur.
- Vereine wollen über mehr Spenden Unabhängigkeit bewahren.
Der Verein "Willkommen in Bautzen" hilft Geflüchteten, in Sachsen Fuß zu fassen. Er bietet mobile Beratung, Unterstützung bei Behördenbriefen, Anträgen oder Terminvereinbarungen.
Anfang des Jahres stand der Verein dann im Fokus einer Kleinen Anfrage der AfD, wie Geschäftsführerin Astrid Riechmann berichtet: "Wir haben vom sächsischen Ministerium für Soziales eine Anfrage erhalten, dass geprüft wird, welche Fördermittel an den Verein gezahlt wurden. Und offenbar hatte sich jemand von der AfD durch die Internetseiten unseres Vereins – und anderer Vereine wahrscheinlich auch – geklickt und gesucht, wo überall die Förderlogos des sächsischen Ministeriums enthalten waren. Man unterstellt uns, dass wir Unterstützungsangebote für Kriminelle anbieten."
Man unterstellt uns, dass wir Unterstützungsangebote für Kriminelle anbieten.
Dutzende Kultureinrichtungen und Projekte im Visier der AfD
Allein ist der Bautzener Verein damit nicht. In diesem Jahr stellte die AfD Anfragen zu rund 40 anderen Kulturinstitutionen, Theater, Museen oder Einrichtungen. Sie alle sind abhängig von staatlicher Förderung. Die Fördergelder ermöglichten Projekte, die sich rein wirtschaftlich nicht tragen würden, erklärt Frauke Wetzel vom Verein ASA-FF, die Kulturinstitutionen in diesen Fällen berät.
Für Wetzel ist klar, wen die AfD im Visier hat: "Gemeint sind Einrichtungen, die vermeintlich liberal, offen agieren und eine Kunst zeigen, die unverständlich ist für den Rechtskonservativen."
AfD will liberalen Initiativen finanzielle Förderung entziehen
In einer Broschüre schreibt die AfD-Abgeordnete Martina Jost, die Anfragen richteten sich gegen sogenannte Antifaschisten, sexuelle Vielfalt, Gendern, Geschlechtswechsel und die Förderung von Integration.
Der Aufbau der Anfragen ist dabei immer gleich. Auf Nachfrage antwortet die AfD: "Die Anfragen dienen der Überprüfung, welche Vereine für welche Zwecke Steuergelder erhalten. Die Auskünfte der Regierung dienen uns dann als Entscheidungsgrundlage für die nächsten Haushaltsverhandlungen, wo unter Umständen Einsparungen möglich sind."
Grüne fürchten um Freiheit von Kunst und Kultur
Ziel ist aus Sicht der grünen Landtagsabgeordneten und Kulturpolitikerin Claudia Maicher, Angst unter den Einrichtungen zu verbreiten. Man beobachte mit Sorge, dass dieses Klima der Kontrolle und Einflussnahme auf Kunst und Kultur auf kommunaler Ebene auch Wirkung erziele. Maicher mahnt: "Wenn es dazu führt, dass aus Eigenvorsicht heraus bestimmte Inhalte nicht mehr stattfinden, weil man Sorge haben muss, dass die öffentliche Finanzierung nicht gelingt, dann ist das ein ganz massiver Eingriff und der sollte uns alle sorgen."
Wenn man Sorge haben muss, dass die öffentliche Finanzierung nicht gelingt, dann ist das ein ganz massiver Eingriff und der sollte uns alle sorgen.
Vereine versuchen, finanziell unabhängiger von staatlicher Förderung zu werden
Die AfD ist mit 40 Sitzen im neuen Landtag zweitstärkste Fraktion. Niemand weiß, welchen Einfluss sie auf den neuen sächsischen Haushalt nehmen wird. Die Grünenpolitikerin Claudia Maicher fordert von den demokratischen Parteien, sich vor die Einrichtungen zu stellen und sie zu schützen.
Zugleich versuchen Vereine wie "Willkommen in Bautzen" jetzt schon, finanziell unabhängiger zu werden. Astrid Riechmann erläutert: "Wir versuchen schon immer, Mittel anderweitig zu beschaffen. Das heißt, wir haben mit Spendenaufrufen agiert und ganz viel über Stiftungen und Geldzuweisungen aus Buß- und Strafgeldverurteilungen aus dem Amtsgericht. Der Aufwand, um diese Gelder zu besorgen, ist natürlich gigantisch, aber damit sind wir erst einmal staatlicherseits unabhängig."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. Dezember 2024 | 06:12 Uhr