"Irrweg der Moderne" AfD scheitert im Landtag mit ihrem Antrag zum Bauhaus-Erbe
Hauptinhalt
25. Oktober 2024, 12:30 Uhr
Die AfD in Sachsen-Anhalt ist mit ihrem Antrag zu einer kritischen Neubewertung des Bauhauses im Landtag gescheitert. Mit Blick auf das 100. Jubiläum am Standort Dessau im kommenden Jahr hieß es in dem Antrag unter anderem, eine einseitige Glorifizierung des Bauhaus-Erbes sei abzulehnen. Für den Antrag stimmte lediglich die AfD, alle anderen Fraktionen stimmten dagegen. Kritik an dem Antrag kam auch von Bauhaus-Experten.
- Ein Antrag der AfD in Sachsen-Anhalts zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Bauhaus ist im Landtag gescheitert.
- Die anderen Fraktionen im Landtag hatten den Antrag schon vorab abgelehnt.
- Kritik an dem Antrag kommt auch von Bauhaus-Expertinnen und -Experten.
Ein Antrag der AfD-Frakktion, der eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus gefordert hatte, ist im Landtag von Sachsen-Anhalt mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Für den Antrag mit dem Titel "Irrweg der Moderne" stimmte lediglich die AfD, alle anderen Fraktionen stimmten dagegen.
Die AfD-Landtagsfraktion hatte in ihrem Antrag Gebäude im Bauhaus-Stil als "Bausünden" bezeichnet. Außerdem hätte die Design-Schule "fragwürdige Werte" vertreten, so die Partei. Durch eine Ästhetik der radikalen Vereinfachung und Funktionalisierung gingen individuelle und regionale Besonderheiten verloren. Eine pauschale Reduktion auf das Funktionale könne als "Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt gewertet werden", heißt es.
Schon vorab Kritik von anderen Fraktionen im Landtag
Schon bevor der Antrag im Landtag verhandelt wurde, äußerten sowohl die kulturpolitischen Sprecher der anderen Fraktionen als auch Bauhaus-Experten Kritik. Holger Hövelmann (SPD) teilte MDR KULTUR mit, die Angriffe der AfD auf das Bauhaus seien nicht nur unbegründet, sondern Teil eines größeren Kulturkampfes gegen die Moderne. "Das Bauhaus war und ist eben nicht nur eine Bewegung fürs Bauen, Architektur und Design, sondern es war vor allem eine Bejahung der Moderne und eine Emanzipationsbewegung", betonte Hövelmann.
Das Bauhaus war und ist eben nicht nur eine Bewegung fürs Bauen, Architektur und Design, sondern es war vor allem eine Bejahung der Moderne und eine Emanzipationsbewegung.
Die CDU-Fraktion stellte gegenüber MDR KULTUR die Bedeutung der Hochschule für den Standort Sachsen-Anhalt heraus. Man müsse die Architektur im zeitgeschichtlichen Kontext sehen. Es sei keine einfache Frage des Geschmacks, so der kulturpolitische Sprecher Andreas Schumann. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen äußerte deutliche Kritik am Antrag der AfD. Cornelia Lüddemann sagte, die rechtsextreme Partei bekämpfe, wofür das Bauhaus stehe: Gleichheit, Solidarität und gesellschaftliche Erneuerung.
Der kulturpolitische Sprecher der Linkspartei, Stefan Gebhardt, teilte MDR KULTUR mit, der Antrag sei eins zu eins die gleiche Argumentation, die zur Schließung des Bauhauses 1933 geführt hätte. "Die Nationalsozialisten haben mindestens 21 Bauhaus-Vertreter in die Konzentrationslagern geschickt, wo sie grausam ermordet wurden", sagte Gebhardt. Die AfD zeige damit deutlich, dass sie in der Nazizeit stehen geblieben sei und diese Barbarei gern zurück hätte.
Auch Bauhaus-Experten kritisieren den AfD-Vorstoß
Ablehnung kommt auch von namhaften Bauhaus-Expertinnen und Experten. Barbara Steiner, die Direktorin der Stiftung Bauhaus in Dessau, bezeichnete im Gespräch mit MDR KULTUR den Antrag als "etwas undifferenziert". Steiner hebt zudem die herausragende Bedeutung des UNESCO-Weltkulturerbes Bauhaus hervor: "Die Bauhaus-Gebäude in Dessau ziehen jährlich weit über hunderttausend Menschen aus aller Welt an. Gäbe es diese Bauten nicht, würden der Tourismus in Stadt und Land, und damit die Menschen vor Ort, wesentliche wirtschaftliche Einbußen erleiden."
Der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte sachsen-anhaltische AfD-Landesverband unterstellt der Bauhaus-Bewegung außerdem eine Nähe zum Kommunismus. Eine solche "Ideologisierung von Kunst und Architektur" kann laut der Partei "langfristig negative gesellschaftliche Auswirkungen" haben.
Die Stiftung Bauhaus Dessau untersucht diese politischen Verstrickungen seit Jahren wissenschaftlich und ordnet sie historisch ein. "Das Bauhaus-Erbe weiterzuschreiben, weiterzudenken, dessen Stellenwert und Bedeutung fortwährend auf den Prüfstand zu stellen und in die Gegenwart zu führen, stehe als Selbstverpflichtung an oberster Stelle der Stiftung Bauhaus Dessau", betont die Direktorin.
Das ist das Weltkulturerbe Dessaus, um das es geht, das die Welt auch nach Dessau zieht.
Auch Ulrike Lorenz, die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, kritisierte den Antrag und den darin enthaltenen Angriff auf das Bauhaus. Lorenz sagte MDR KULTUR, das Bauhaus sei das Weltkulturerbe Dessaus, das die Welt auch nach Dessau ziehe. "Wenn man das nicht haben möchte, dann kann man sich nur an den Kopf greifen und sagen: Gute Nacht!"
Das Bauhaus wurde 1919 in Weimar gegründet und zog 1925 aus politischen Gründen nach Dessau, wo der bekannte Schulbau entstand. Die Nationalsozialisten stuften die Bauhaus-Werke als "entartete Kunst" ein und schlossen die Design-Schule 1932.
Quellen: MDR KULTUR, Stiftung Bauhaus Dessau
Redaktionelle Bearbeitung: lig, td
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. Oktober 2024 | 16:10 Uhr