Gleichberechtigung Warum sind Männer so selten Gleichstellungsbeauftragte?
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26. November 2024, 07:30 Uhr
Noch immer werden Frauen schlechter bezahlt, kümmern sich häufiger um Kinder und Haushalt und kommen seltener in Führungspositionen. Das zu ändern, ist die Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten. Allerdings wird diese Position oft nur von Frauen bekleidet. Warum eigentlich? Wäre es nicht auch Sache der Männer, für Gleichstellung zu sorgen?
- In vielen Institutionen können nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden.
- In Bayern und bald auch in Sachsen können auch Männer diese Position bekleiden.
- Denn Gleichstellung ist auch ein Thema für Männer.
Bis zum Frühjahr dieses Jahres hat die Juristin Anne Schettler als Referentin im sächsischen Gleichstellungsministerium gearbeitet. Mit den Gesetzen und Regeln, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau fördern sollen, kennt sie sich also aus. Sie alle basieren auf Artikel 3 des Grundgesetzes – und es sind viele: "Es gibt in Deutschland 17 Gleichstellungsgesetze. Es gibt das Bundesgleichstellungsgesetz für die Bundesverwaltung und 16 Landesgleichstellungsgesetze oder Frauenförderungsgesetze gibt es auch noch. Und je nachdem, was dieses Gesetz vorsieht und wo die öffentliche Stelle hingehört, ist geregelt, ob eine Frau oder auch ein Mann Gleichstellungsbeauftragter werden kann."
In Bundesministerien nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte
In der Bundesverwaltung, also in Ministerien, Instituten oder dem Bundesverwaltungsgericht etwa, können nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden. Und bei der Wahl dürfen wiederum auch nur die weiblichen Mitarbeiterinnen ihre Stimme abgeben.
Anne Schettler erläutert die Idee dahinter: Wenn man die strukturelle Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz aufheben wolle, müssten auch sie selbst über ihre Belange entscheiden können. "Nach dem Motto: Die Männer machen die Regeln, jetzt können wir doch nicht jemanden aus dieser Gruppe damit beauftragen, diese Regeln zu bekämpfen. Und es gibt auch noch so ein bisschen den Vorbehalt: Frauen machen im Berufsleben spezifische Erfahrungen, beim Karriereaufbau oder so. Und diese spezifischen Erfahrungen haben Männer halt nicht gemacht und haben deswegen keine Sensibilität oder keine Motivation das zu machen."
Gleichstellung ist auch ein Männerthema
Allerdings dürfen in manchen Bundesländern auch Männer Gleichstellungsbeauftragte werden. In Bayern etwa. Mit dem lang diskutierten Gleichstellungsgesetz, das zum 1. Januar das Frauenförderungsgesetz ablöste, ist das auch in Sachsen möglich. Die Reform wurde damals von vielen Seiten positiv aufgenommen. Zumal sie parallel darauf abzielte, dass sich Männer neben ihrem Job mehr um die Familie kümmern können.
Deswegen sei Gleichstellung auch ein Thema für Männer, sagt Thomas Gesterkamp. Er ist Autor und beschäftigt sich in seinen Büchern mit Geschlechterpolitik. "Auch Männer leiden unter patriarchalen Strukturen. Die meisten Ungleichgewichte sind sicher zu Lasten der Frauen, wenn Sie an Gender Pay Gap, an Gender Care Gap denken. Aber es gibt eben auch ein paar Punkte, wo die Männer mehr Probleme haben: Drei Mal so viele Suizide von Männern, weniger Spielräume für Väter in Unternehmen, was Elternzeitnutzung und Teilzeitnutzung angeht. Von daher gibt es gute Gründe, die Männer mit einzubeziehen." Zumindest in größeren Gleichstellungsreferaten mit mehreren Stellen sei es sinnvoll, Männer einzubinden, so Gesterkamp, damit sich für alle etwas ändere.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. November 2024 | 06:51 Uhr