Familienzuwachs Wenn das Baby kommt, muss der Hund gehen
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03. März 2025, 12:06 Uhr
Jedes Jahr landen tausende Hunde und Katzen in Tierheimen – aus verschiedensten Gründen. Einer davon: Familienzuwachs. Zwar gibt es keine Studien dazu, doch manch ein Tierheim schlägt Alarm. Viele frischgebackene Eltern geben ihre Tiere ab, weil sie fürchten, überfordert zu sein oder dass Hund und Baby nicht zusammenpassen.
- Viele Hunde werden aus Angst vor Übergriffen auf Kinder ins Tierheim gegeben.
- Tierheimmitarbeiterin sagt, Hunde sind nie zu 100 Prozent berechenbar.
- Falsche Vorbilder auf Social Media zu Kind und Hund machen Sorge.
Geduldig und an einer Leine lässt sich Mia streicheln, im Hof des Tierheims in Laue, einem Ortsteil von Delitzsch. Heute darf die Mischlingshündin raus. Abgeholt wird sie von Sylke und Heiko, einem Ehepaar, das sich hin und wieder um ein paar Hunde kümmert. Sie wollen spazieren gehen.
Dafür bekommt Mia einen Maulkorb verpasst. Denn die acht Jahre alte Hündin, die ihren Schwanz verloren hat, gilt als unberechenbar. Hundespaziergängerin Sylke sagt: "Mia ist eben ein Charakterhund. Wen sie nicht mag, dem zeigt sie das gleich und schnappt auch gerne mal zu."
Viele Tiere wegen Familienzuwachs abgegeben
Das war schon so, als Mia noch ganz klein war, als sie noch bei einer Familie lebte. Als sich ein drittes Kind ankündigte, wurde die Hündin ins Tierheim gegeben. Und damit ist Mia nicht alleine. Von den 27 Hunden im Delitzscher Tierheim musste rund ein Drittel einem Baby weichen, schätzt Mitarbeiterin Gundula Scheibe – und zeigt auf einen Zwinger mit einem Schild, auf dem der Name "Cicero" steht. Sie sagt: "Er hat nach dem Hundetrainer geschnappt. Und das hat man zum Anlass genommen. Weil Kinder in der Familie leben, hatte man Sorge, dass ein Kind gebissen wird. Deswegen kam er zurück ins Tierheim und sitzt hier seitdem sechs, sieben Jahre."
Fast täglich erhalte Sie Mails mit Anfragen, einen Hund anzunehmen, der eine Gefahr für ein Kind darstelle, sagt Scheibe. Und dafür habe sie auch Verständnis, denn ein bissiger Hund habe in Kindernähe nichts zu suchen. Das Delitzscher Tierheim will daher auch aufklären. Scheibe: "Man sollte sich einfach von vornherein Gedanken machen. Ein Hund ist nie soweit berechenbar, dass man sagen kann, dass zu hundert Prozent nie was passiert."
Falsche Vorbilder auf Social Media
Das Delitzscher Tierheim rät: Ein Hund – also kein Minihund für die Handtasche – passt am besten in eine Familie mit Kindern ab zehn Jahren. Problematischer ist der umgekehrte Fall: wenn der Hund schon da ist und ein Baby hinzukommt. Dann gilt vor allem eins – niemals unbeaufsichtigt lassen.
Sorgen macht Gundula Scheibe ein Trend auf Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok: Posts, in denen User die perfekte Harmonie zeigen, Hunde, die mit Babys kuscheln, sie abschlecken und friedlich mit ihnen schlafen. Das sei eben nicht die Realität. Sie sagt: "Auf Social Media sehen wir solche Posts, bei denen wir denken: Wenn der Hund da komisch wird und es liegt das Baby daneben – gruselig! Da sträuben sich bei mir immer die Nackenhaare, wenn ich sowas sehe."
Gundula Scheibe verabschiedet sich. Sie habe noch Büroarbeit zu erledigen, bevor Mia wiederkommt. Erst gestern habe sie eine Mail bekommen, mit einer Anfrage aus Norddeutschland. Ein Hund namens Woodstock sei abzugeben, habe jemand geschrieben. Grund: Der Hund sei eine Gefahr fürs Baby.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. März 2025 | 06:53 Uhr