Hundehaltung Machen Hunde unser Leben glücklicher und gesünder?
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25. Januar 2025, 05:00 Uhr
Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen. Glaubt man der öffentlichen Wahrnehmung, sind Hundebesitzer glücklich und gesund. Doch tatsächlich bringt die Haltung auch einiges an Verantwortung und Kosten mit sich. Stimmt das also überhaupt? Ein ungarisches Forschungsteam hat die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht und eine eindeutige Tendenz gefunden: die positiven Seiten überwiegen.
Immer mehr Menschen halten sich als Haustier einen Hund. Der weltweite Trend macht auch vor Mitteldeutschland nicht halt. Doch nicht nur Hundehalter, sondern auch die mediale Darstellung von Hunden vermittelt immer wieder: Mit einem Hund an deiner Seite, ist das Leben besser. Ihre Gesellschaft macht uns glücklich und gesund. Aber die Anschaffung eines Hundes ist auch immer mit Nachteilen verbunden – seien es hohe Kosten oder der Aufwand, den es kostet, sich um ein Tier zu kümmern.
Kein genereller "Haustier-Effekt" nachweisbar
Wiegen die positiven Aspekte das wirklich auf? Diese Kosten-Nutzen-Rechnung hat ein Forschungsteam der ungarischen Eötvös-Loránd-Universität aufgemacht. Zunächst merken sie nämlich an, dass frühere Studien mit großen, repräsentativen Stichproben der Bevölkerung keinen verallgemeinerbaren "Haustiereffekt" belegt hätten. Demnach seien Haustierbesitzer also nicht immer glücklicher und gesünder als Menschen ohne Haustiere.
Die Pflege eines Hundes ist zeit- und kostenintensiv, so die Forschenden. Und sie ist auch sehr emotional. So könne ein Hund mit Verhaltensproblemen oder einer langfristigen Erkrankung beispielsweise Sorgen, Traurigkeit und Schuldgefühle hervorrufen. Das berge auf lange Sicht das Risiko von chronischem Stress oder Depressionen bei seinem Menschen.
Augen auf beim Hundekauf
Die Unzufriedenheit mit der Beziehung zum eigenen Hund hat meist gar nicht unbedingt damit zu tun, dass man einen Hund hat, sondern welchen Hund man hat, bestätigt auch die Jenaer Forscherin Juliane Bräuer von der Forschungsgruppe HundeStudien am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie. "Ein ganz großer Fehler ist, dass die Leute sich die falsche Rasse anschaffen", sagt sie.
So würden sich beispielsweise Labrador und Rhodesian Ridgeback auf den ersten Blick recht ähnlichsehen, aber: "Der eine ist halt wirklich ein super Familienhund und ist dafür gezüchtet, dass er Enten aus dem Wasser holt und der andere wird auf die Löwenjagd mitgenommen. Natürlich haben diese Hunde völlig verschiedene Motivationen und Temperamente." Bräuer interessiert sich in ihrer Forschungsarbeit auch dafür, wie Hunde und Besitzer zusammenpassen und liest die ungarische Studie deshalb mit großem Interesse, sagt sie.
Das Forschungsteam erklärt seine Motivation indes auch damit, Menschen, die sich einen Hund anschaffen wollten, mit ihren Erkenntnissen dabei zu helfen, eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Denn je mehr man über Hundehaltung wisse, desto besser sei man auf die Realität mit einem Hund im Haus vorbereitet. Für ihre Untersuchung haben sie deshalb Hundehalter nach ihren positiven und negativen Erfahrungen gefragt. Was empfinden sie als kostspielig, was als vorteilhaft?
Hundehalter bewerten Zusammenleben tendenziell positiv
Die Forschenden haben für ihre Analyse 245 ungarische Hundebesitzerinnen und -Besitzer eine Liste mit 33 Aussagen zu Haushunden vorgelegt – etwa "Hunde müssen trainiert und erzogen werden" oder "Hunde können die Wohnung schmutzig machen". Die Aussagen seien neutral formuliert gewesen. Die Befragten mussten sie dann bewerten und wurden außerdem darum gebeten, in ihren eigenen Worten den größten Nutzen und die höchsten Kosten eines Hundes beschreiben.
Im Ergebnis sei die Aussage, dass Hunde das Leben des Menschen verschönern, am positivsten bewertet worden. Am negativsten wurde dagegen die kurze Lebensdauer von Hunden gesehen. Insgesamt seien die positiven Aussagen viel höher bewertet worden als die negativen. Das bedeute, die Kosten-Nutzen-Waage neige sich in die positive Richtung.
In der Studie seien insgesamt drei große Facetten des Hundebesitzes betrachtet worden, sagt die Hauptautorin der Studie, Ethnologin Laura Gillet. "Die erste umfasste die emotionalen, physischen und sozialen Vorteile eines Hundes. Die zweite Komponente war eher negativ und bezog sich auf die schlechten Emotionen und praktischen Herausforderungen, die der Hund mit sich bringt." Der dritte große Bereich habe auf die Verantwortlichkeiten gezielt, die ein Hund langfristig mit sich bringt, also etwa der Zeitaufwand für Pflege und Training, aber auch sein Einfluss auf den Tagesablauf und die Schlafqualität des Besitzers, erklärte Gillet. "Die letzte Komponente spaltete die Hundebesitzer am meisten: Während sie für einige positiv war, sahen andere sie als eher neutralen oder sogar negativen Aspekt der Hundehaltung."
Halter schätzen die besondere Verbindung
Die Ergebnisse der offenen Befragung sind für die Forschenden ebenfalls auffällig gewesen. Mehr als sechzig Prozent der Hundebesitzer hätten spontan geantwortet, dass das größte Plus von Haushunden die bedeutungsvolle, tiefe Beziehung sei, die sie zu ihnen aufbauten. Hunde wurden oft als ehrliche, ergebene und unterstützende Sozialpartner beschrieben, die ihrer menschlichen Familie bedingungslose, selbstlose Liebe entgegenbringen würden.
Mit dem Wort Liebe ist die Jenaer Hundeforscherin Bräuer etwas zurückhaltender, aber sie bestätigt den grundsätzlichen Eindruck aus der Studie: Die Beziehung zum Menschen geht auch vom Hund aus. "Hunde bevorzugen Menschen meist vor ihren Artgenossen. Diese Beziehung ist wirklich beidseitig." Psychologische Studien hätten sogar gezeigt, dass durch Blicke und Berührungen auch bei Hunden das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet wird, so Bräuer. "Das ist wie eine Schlaufe: Der Mensch guckt den Hund an, dann erhöht sich das Oxytocin beim Hund und dann berührt der Hund den Menschen und es erhöht sich beim Menschen."
Neben der engen Beziehung bewerteten die Befragten auch Vorteile für ihr tägliches Leben besonders positiv. So habe der Hund den Lebensstil verbessert, indem er seine Menschen zu körperlicher Bewegung und mehr Aktivitäten im Freien angeregt hätte. Außerdem sorge er bei den Haltern für Struktur und Stabilität im Leben, so die Forschenden.
Eine vielschichtige Beziehung
Ähnlich einig wie bei den größten Vorteilen waren sich die Befragten der Studie zufolge auch beim größten Kostenfaktor. 95 Prozent der Hundehalter nannten Tierarztkosten, Futter und andere Ausgaben. Die emotionalen und praktischen "Kosten" fanden dagegen kaum Erwähnung. Nur rund fünf Prozent der Befragten sprachen diese Themen von sich aus an.
Das Forschungsteam kommt zu dem Schluss, dass die Erfahrung des Hundebesitzes vielschichtig ist und sich nur schwer in Form von universellen Kosten und Nutzen beschreiben lässt. Ein Problem, das auch Juliane Bräuers Interesse an der Untersuchung geweckt hat, erzählt sie. Denn tatsächlich sei es extrem schwer so eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzumachen. "Denn wir betrachten den Hund ja auch evolutionär. Dabei geht es um die Frage, warum der Hund domestiziert wurde und was die Beziehung evolutionär gesehen ist? Ist es eher eine Kooperation oder Mutualismus? Es gibt auch Leute, die sagen, dass der Hund eigentlich ein Parasit ist."
Was sind Kosten und was ist Nutzen?
Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, müsse man tatsächlich Kosten und Nutzen abwägen, wie es in der ungarischen Studie gemacht wurde. Allerdings merkt Bräuer ein Problem an: "Was sind Kosten und was ist Nutzen? Das ist so ein bisschen schwierig, weil Kosten und Nutzen ja nicht in der gleichen Währung sozusagen vorliegen." Die Forschenden hätten aus ihrer Sicht dennoch einen guten Versuch gemacht, diese Kosten-Nutzen-Rechnung einmal zu betrachten.
Die Forschenden selbst sehen ihre wichtigste Erkenntnis darin, dass die Verpflichtungen und Verantwortungen, die mit dem Hundebesitz einhergehen, je nach Person unterschiedlich bewertet wurden. Was für den einen ein Vorteil gewesen sei, könne der andere als emotionale und praktische Belastung wahrnehmen. Und dann, so merken sie an, kann es natürlich auch sein, dass einige Hundebesitzer einfach nicht über ihre negativen Erfahrungen hätten sprechen wollen, um nicht als "schlechte Hundehalter" abgestempelt zu werden.
Das ungarische Forschungsteam führt derzeit eine weitere Studie durch, um die Vor- und Nachteile der Hundehaltung besser zu verstehen. Hundebesitzerinnen und -besitzer weltweit sind dazu aufgerufen, sich zu beteiligen. Wenn Sie die Forschung unterstützen wollen, finden Sie hier den Fragebogen zum Ausfüllen.
Link zur Studie
Gillet, L. et al.: Perceived costs and benefits of companion dog keeping based on a convenience sample of dog owners. In: Scientific Reports. 2025. DOI: 10.1038/s41598-025-85254-1.
(kie)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Tierarztsprechstunde | 22. Januar 2025 | 11:10 Uhr
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