Briefwahl - Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in die Wahlurne 3 min
Audio: Bis 18 Uhr sind in Deutschland die Wahllokale meist geöffnet. Wie kann es bereits dann eine Prognose zum Wahlergebnis geben? Bildrechte: imago/photothek
3 min

Die Wahlen sind geheim und trotzdem so viele Zahlen im Umlauf

MDR AKTUELL Mo 03.03.2025 06:22Uhr 03:17 min

https://www.mdr.de/mdr-aktuell-nachrichtenradio/audio/audio-2878142.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Wahlen So wird die "Wählerwanderung" ermittelt

03. März 2025, 05:00 Uhr

Wenn um 18 Uhr die Wahllokale schließen, laufen erste Zahlen über die Fernsehbildschirme – so war es auch bei der letzten Bundestagswahl wieder. Das hat unsere Hörerin stutzig gemacht: Wie kann das sein, wo doch die Wahl geheim ist? Wir erklären, wie Prognose, Hochrechnungen und Zahlen zur Wählerwanderung zustandekommen.

"Jede Wahl ist geheim", schreibt unsere Hörerin und will wissen: "Wie kann es sein, dass man dann zu Themen wie Wählerwanderung so viel hört und liest?" Als Beispiel nennt sie Aussagen wie: "Die Linke punktet vor allem bei den jungen Wählern" oder "Linke gewinnt bei Erstwählern vor AfD". "Da, werden Zahlen genannt, wie viele Wähler zum Beispiel von der CDU zur SPD oder zu anderen Parteien gewechselt sind. Woher kommen diese Zahlen?" Die Hintergründe erklärt Angela Tesch im Gespräch.

MDR AKTUELL: Genau in dem Moment, wenn die Wahllokale schließen, laufen 18 Uhr die ersten Balken über die Bildschirme und auch im Radio wird die Prognose präsentiert. Das klingt jetzt gar nicht mal so geheim, oder?

Angela Tesch: Die Wahl ist natürlich trotzdem geheim, solange man seinen Wahlzettel eben ordnungsgemäß in die Urne wirft und eben nicht abfotografiert oder vorher irgendwo postet. Aber am Wahltag, das ist die Besonderheit, gibt es Befragungen von Wählerinnen und Wählern, zum Beispiel durch Infratest dimap – dem Meinungsforschungsinstitut, mit dem die ARD zusammenarbeitet – und zwar direkt nach der Stimmabgabe außerhalb der Räume, wo die Stimme abgegeben wird. Das sind sogenannte Nachwahlbefragungen oder Exit Polls. Bei der Bundestagswahl werden in genau 560 Wahllokalen eben mehrere 10.000 Interviews gemacht. Auch Interviews per Telefon. Die Teilnahme daran ist natürlich freiwillig. 

Und da, bei dieser Befragung, wird dann auch nach der sogenannten Wählerwanderung gefragt? 

Genau, da geht es zunächst um private Daten, die abgefragt werden, also: Mann oder Frau, wie alt man ist, der Bildungsgrad, der Job, welche Partei man gewählt hat, wo man bei der letzten Wahl sein Kreuz gemacht hat – und das wird dann alles, ich sag mal, nach so einem bestimmten Algorithmus ausgewertet, gespeist auch durch Befragungen vor der Wahl, durch Ergebnisse von früheren Wahlen. Auch mögliche Ausreißer werden da mit einberechnet. Zum Beispiel ist es lange Zeit vorgekommen, dass nicht alle Befragten gesagt haben, was sie gewählt haben, zum Beispiel bei radikaleren Parteien. Das war in den 1990er- und 2000er-Jahren so und da hat man eben einen bestimmten Faktor eingespeist, damit das so in etwa hinkommt, um nicht ganz so sehr danebenzulegen.

Aber das sind dann trotzdem am frühen Wahlabend vor allem Schätzungen, oder? 

Genau, das sind Schätzungen. Je länger der Abend, je mehr Stimmen in den Wahlkreisen ausgezählt werden, desto genauer wird das Ergebnis. Und bei den Wählerwanderungen zum Beispiel kommt die Schwierigkeit hinzu: Die Gruppe, die da ausgezählt wird, zum Beispiel die 18- bis 24-Jährigen, das sind nur 2,3 Millionen von insgesamt über 59 Millionen Wahlberechtigten, also eine sehr kleine Gruppe und da trifft man das natürlich nicht so genau, weil man einfach nicht so viele befragt hat nach der Stimmabgabe. Und die Frage ist eben dann: Sind die wirklich von den Grünen und der FDP zum Beispiel jetzt zur AFD und zum BSW gegangen. Da werden so ein bisschen die Trends der vorangegangenen Wahlen mit eingerechnet. Also bei der Europawahl hat sich das schon angedeutet, dass eben die Grünen bei den jungen Frauen und die FDP bei den jungen Männern verloren haben und das wird eben zum Teil auch bestätigt durch die Nachwahlbefragungen. Aber es bleibt am Wahlabend eine Schätzung und es bleibt eine gewisse Unsicherheit. 

Schauen wir abschließend noch mal drauf. Wie genau war denn eigentlich die Prognose bei der Bundestagswahl vor einer Woche?

Infratest dimap hat da zum Beispiel bei den Grünen ziemlich daneben gelegen. Um 18 Uhr hieß es 13,5 Prozent, am Ende waren es 11,6 – das ist schon ein deutlicher Unterschied. Da lag die Forschungsgruppe Wahlen, die die Zahlen für das ZDF macht, bei 12 Prozent. Ansonsten war man ziemlich dicht dran. Zum Beispiel bei der Union wurden aus 29 Prozent dann 28,5 Prozent. Auch FDP und BSW waren so Unsicherheitskandidaten. Da hieß es so um die 5 Prozent. Da waren dann 4,3 Prozent deutlich darunter bei der FDP, die nicht reingekommen ist. Noch größerer Wackelkandidat war das Bündnis Sahra Wagenknecht, das dann ja ganz knapp auf 4,97 Prozent gekommen sind.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. März 2025 | 06:22 Uhr

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland

Faschingsumzug 1 min
Rosenmontagszug in Köthen Bildrechte: MDR
1 min 03.03.2025 | 15:08 Uhr

Der Straßenkarneval hat mit seinen Rosenmontagsumzügen heute seinen Höhepunkt in den rheinländischen Karnevalshochburgen und aber auch in Mitteldeutschland erreicht.

MDR FERNSEHEN Mo 03.03.2025 13:54Uhr 00:51 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/video-rosenmontag-rosenmontagsumzuege-rheinland-kukakaoe-100.html

Rechte: MDR, Das Erste, Reuters

Video
Windräder drehen sich unweit des Thüringer Waldes. 4 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt