Teilnehmer halten bei einer Kundgebung Pappschilder hoch, darunter ein Schild mit dem Schriftzug „SylterInnen gegen Rechts“.
Nach dem Bekanntwerden fremdenfeindlicher Gesänge auf Sylt hatten mehrere Gruppen auf der Insel zu einer Demonstration aufgerufen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Marks

Polizei informieren Was tun, wenn man Zeuge rassistischer Parolen wird?

17. Juni 2024, 09:01 Uhr

Der Song "L'amour toujours" von Gigi D'Agostino hat in den vergangenen Wochen so viel Aufmerksamkeit bekommen wie lange nicht. Auf Partys und Festen wurde das Lied mit ausländerfeindlichen Parolen umgetextet – nicht nur auf Sylt, sondern auch in Mitteldeutschland. Eine MDR-AKTUELL-Hörerin fragt sich, wie man damit umgehen kann, wenn man Zeuge von ausländerfeindlichen Gesängen wird.

Wer mitbekommt, wie andere ausländerfeindliche Parolen rufen oder singen, kann sich natürlich an die Polizei wenden. Warum das so wichtig ist, erklärt Josephin Sader von der Polizeidirektion Leipzig. "Grundsätzlich besteht hier der Verdacht der Volksverhetzung und in diesem Fall ist das eine Straftat. Die Polizei kann nur Ermittlungen durchführen, wenn sie Kenntnis von dieser Straftat hat. Deswegen in jedem Falle die Polizei informieren und sich auch für Nachfragen zur Verfügung stellen", sagt Sander.

Eigene Sicherheit hat Priorität

Die Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun sagt, dass dabei natürlich die eigene Sicherheit im Vordergrund stehen sollte. Sie betont aber auch, wie wichtig es sei, solche Gesänge nicht einfach geschehen zu lassen. Eine einzelne Person könne in so einer Situation bereits einen Unterschied machen. "Wenn einer sich traut, etwas zu sagen, dann ist es oft so, dass andere erst den Mut haben, einzugreifen. Dann macht es Sinn, wenn man beispielsweise sagt: 'Ich bin unsicher.' Man ist aber mit Leuten da, die man kennt, sich vorher kurz abzusprechen: 'Unterstützt du mich, wenn ich jetzt hier da reingehe?' Dass man eben weiß, ich bin damit nicht allein", so die Politikwissenschaftlerin.

Kontakt zu Betroffenen suchen

Nocun empfiehlt außerdem, DJ und Veranstalter anzusprechen, aber auch in der Situation den Kontakt zu Anwesenden zu suchen, die einen Migrationshintergrund haben. "Sie fühlen sich unter Umständen persönlich bedroht, wissen nicht, was das bedeutet. Wissen nicht, gehen diese Leute jetzt vielleicht auf mich los? Und da macht es Sinn, vielleicht auch zu schauen, wie geht es Menschen, die vielleicht noch ganz anders von Rassismus, Rechtsextremismus betroffen sind, als ich als Person. Und da einzuschätzen: Geht’s dir gut? Kann ich was für dich tun? Oder auch klar zu signalisieren: Du bist hier nicht alleine", sagt Nocun.

Song inzwischen positiv umgetextet

Aber nicht nur in der Situation selbst kann man aktiv werden, sondern auch im Nachhinein. Eine Anlaufstelle für die, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagieren wollen, ist das Kulturbüro Sachsen. Dort ist Steven Seiffert einer der Berater. Er empfiehlt "(...) zu gucken, dass ich mich im Nachhinein nochmal mit Menschen zusammensetze, die demokratisch gesinnt sind, die diesen Rassismus nicht teilen und auch nicht hinnehmen wollen, dass das skandiert wird und sich mit denen dann organisiert. Von da aus kann man dann schauen, was ist möglich im Gemeinwesen, worauf haben wir Lust."

Bereits passiert ist, dass der von Song von Gigi D'Agostino inzwischen positiv umgetextet wird. Statt "Ausländer Raus" heißt es dann "Nazis Raus, Deutschland ist bunt". Nocun und Seiffert halten das Umdichten zwar für eine gute Idee, sagen aber auch, dass man damit nur die Symptome bekämpft, weil die eigentlichen Probleme tiefer liegen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Juni 2024 | 06:23 Uhr

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