Nachwuchswettbewerb Jugend musiziert: Neues Auswahlverfahren sorgt für Kritik
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28. April 2025, 03:00 Uhr
Der Deutsche Musikrat muss sparen und hat 2025 erstmals die Teilnehmerzahl für den Bundeswettbewerb von Jugend musiziert begrenzt. Auch das Wertungssystem für die Qualifizierung wurde verschärft. Infolgedessen nehmen in diesem Jahr weniger Musikerinnen und Musiker an dem traditionsreichen Nachwuchswettbewerb teil. Schon im Vorfeld übten der Landesmusikrat Thüringen und der Sächsische Musikrat Kritik am neuen Auswahlverfahren.
- 2025 haben sich weniger Talente für den Bundeswettbewerb von Jugend musiziert qualifiziert.
- Grund ist eine Begrenzung der Plätze durch den Deutschen Musikrat.
- Kritisiert wird, dass junge Musikerinnen und Musiker durch die Neuregelungen verunsichert würden.
Bei Jugend musiziert spielen junge Musikerinnen und Musiker vor einer Fachjury, die sie bewertet und anschließend Punkte vergibt. 25 Punkte können maximal erspielt werden. Hat man diese oder 24 Punkte im Landeswettbewerb erreicht, war das bisher ein sicheres Ticket zum Bundeswettbewerb. Nun gewinnt man damit zwar noch den ersten Preis beim Landeswettbewerb. Für Teilnehmende mit 23 Punkten endet der Wettbewerb jedoch seit diesem Jahr auf Landesebene – sie können sich nicht mehr für den Bundeswettbewerb qualifizieren.
In Thüringen macht sich das in den Zahlen bemerkbar, sagt Constanze Dahlet vom Landesmusikrat Thüringen. Die 23 Punkte hätten etwa die Hälfte der Teilnehmenden ausgemacht. Somit hätten sich die Zahlen "deutlich reduziert", so Dahlet weiter. In Sachsen-Anhalt sieht es ähnlich aus.
2025 neu: Kontingente für Startplätze auf Länder verteilt
Und das war das Ziel: In diesem Jahr hat der Deutsche Musikrat zum ersten Mal die Zahl der Teilnehmenden am Bundeswettbewerb von Jugend Musiziert eingeschränkt. Denn der Bundeswettbewerb, der in diesem Jahr zu Pfingsten in Wuppertal stattfinden soll, ist zu groß, die Gelder zu knapp, verkündet der Deutsche Musikrat auf seiner Website.
Dafür hat der Musikrat Kontingente an die Länder verteilt. Mit 23 Punkten gibt es in diesem Jahr also keine Weiterleitung zum Bundeswettbewerb, mit 24 und 25 Punkten keine automatische, wie es in den Jahren vorher der Fall war.
Musikerinnen und Musiker, die am Landeswettbewerb teilgenommen haben, müssen in diesem Jahr von der Jury nominiert werden. Anschließend entscheidet der Deutsche Musikrat, wer teilnehmen darf. Constanze Dahlet vom Landesmusikrat Thüringen bedauert daran vor allem, dass man Teilnehmer dadurch verunsichere. Man könne keine Garantie geben, dass man weiterkomme.
"Unwürdig" – sächsischer Musikrat übt scharfe Kritik
Torsten Tannenberg vom Sächsischen Musikrat bezeichnet die Regelung als "unwürdig" – sie habe viel Unruhe in den Wettbewerb gebracht und Teilnehmende sowie auch Eltern verunsichert.
Wir müssen grundsätzlich über dieses Punktesystem reden, das verbraucht ist
Neue Regeln Kindern und Jugendlichen schwer zu vermitteln
Maja Schütze sieht das ähnlich, sie ist Mandolinistin und hat schon häufig an Landes- und Bundeswettbewerben bei Jugend musiziert teilgenommen, kennt daher gut die Perspektive der Kinder und Jugendlichen. In der aktuellen Regelung sieht sie die Gefahr, junge Menschen zu demotivieren. Man übe dafür, erbringe eine gute Leistung und würde eigentlich eine Weiterleitung bekommen, bekommt sie aber letztendlich doch nicht, so Maja Schütze. "Das finde ich einem Kind schwer zu vermitteln."
Chancen durch neue Regeln bei Jugend musiziert?
Dass man mit 23 Punkten nicht mehr teilnehmen könne, findet sie nachvollziehbar. Torsten Tannenberg vom Sächsischen Musikrat sieht in dieser Regelung sogar die Chance, das Niveau auf Bundesebene aufrechtzuerhalten und sagt, der Blick der Jurys sei dadurch geschärft worden, nur noch Spitzenleistungen zum Bundeswettbewerb weiterzuleiten.
Auch Constanze Dahlet vom Landesmusikrat Thüringen bestätigt, dass die Punkte-Wertungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben gegangen sind. Sie beobachtet, dass Preise unter dem ersten oder zweiten weniger gewertschätzt wurden. Dahlet hofft, dass Landeswettbewerbe wieder für mehr Musikerinnen und Musiker zugänglich sind, wenn die Spitzenleistungen in Zukunft auf Bundesebene ausgetragen werden: "Das finde ich, ist auch die Chance, dass man sagt, auch ein dritter Preis ist eine Leistung, die man sich erarbeitet hat und das wollen wir auszeichnen."
Musikrat: Nominierte mit 24 und 25 Punkten dürfen nach Wuppertal
Die Zahlen der 24 und 25-Punkte-Wertungen in den Landeswettbewerben in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist im Vergleich zu den Vorjahren in etwa stabil geblieben. Die geringere Zahl an Weiterleitungen zum Bundeswettbewerb ist vor allem dadurch zustande gekommen, weil für Musiker und Musikerinnen mit 23 Punkten der Wettbewerb vorbei war.
Schon vorab sicherte der Deutsche Musikrat zu: Werden die Kontingente aller Länder nicht überschritten, erhalten alle Nominierten einen Platz. Noch im April nach dem Ende der Landeswettbewerbe verkündete er: Alle Nominierten dürfen am Bundeswettbewerb teilnehmen. Damit dürfen alle Musikerinnen und Musiker, die 24 oder mehr Punkte im Landeswettbewerb erspielt haben, nun doch nach Wuppertal fahren.
Punktesystem bei Jugend musiziert neu gestalten
Also viel Lärm um nichts? In diesem Jahr sei es noch einmal gut ausgegangen, sagt Torsten Tannenberg vom Sächsischen Musikrat. Er betont aber auch: Eine derartige Verunsicherung der Teilnehmenden wie in diesem Jahr möchte er für weitere Jahrgänge vermeiden. "Wir werden darauf drängen, dass das Verfahren, so wie wir es in diesem Jahr gemacht haben, kein gutes ist."
Noch in diesem Jahr sind Gespräche der Landesmusikräte mit dem Deutschen Musikrat geplant, um eine Lösung zu finden – und auch darüber zu sprechen, wie man das Punktesystem bei Jugend musiziert grundsätzlich in Zukunft gestalten kann.
Quellen: MDR KULTUR (Gloria Weimer), Redaktionelle Bearbeitung: vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 28. April 2025 | 07:10 Uhr