Kernenergie Warum ein deutscher Dual-Fluid-Reaktor in Ruanda gebaut wird
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28. April 2025, 10:07 Uhr
Deutschland ist raus aus Kernenergie. Doch an neuen Technologien für sichere Atomkraftwerke wird weiter geforscht. Für die deutsche Dual-Fluid-Technik entsteht im afrikanischen Ruanda ein Versuchsreaktor. Warum dort und nicht hier und könnte die Technik auch sichere, preiswerte und saubere Energie erzeugen? Das wollte MDR-AKTUELL-Nutzerin Frau Liebold wissen.
- "Demonstrator" muss seine Funktion beweisen
- Genehmigungsverfahren in Deutschland langwierig
- Technologische Umsetzbarkeit bleibt abzuwarten
- Außergewöhnlich robuste Materialien erforderlich
Dual-Fluid-Reaktoren sind 20 Mal effizienter bei der Brennstoffnutzung als bisherige Typen. Es werden flüssige Kernbrennstoffe verwendet, weshalb es weder zu Kernschmelzen kommen kann wie in Fukushima noch zu Reaktor-Explosionen wie in Tschernobyl.
Die Dual-Fluid-Technologie klingt nach einer Zukunft für die Kernenergie. Das sagt auch Dr. Carsten Lange, Leiter des Ausbildungs-Kernreaktors der Technischen Universität in Dresden. Er hat sich sehr intensiv damit befasst, gehört zu dem internationalen Wissenschaftlerteam, das die Sicherheitsaspekte des Konzepts untersuchte.
Demonstrator muss Funktionieren beweisen
Doch der Kernphysiker schränkt sofort ein: "Theoretisch funktioniert das. Auf Basis einer theoretischen Demonstration kann man zeigen, dass so ein System funktioniert." Aber man müsse einen "Demonstrator" bauen, um in der Praxis zu zeigen, dass man keine Effekte übersehen habe.
Ein solcher Demonstrator, eine Vorstufe also zu einem Prototyp, der solle nun gebaut werden, sagt Dr. Götz Ruprecht. Er ist der geschäftsführende Vorstand von Dual Fluid Energy, einem deutsch-kanadischen Unternehmen, das die Patente auf den neuen Reaktortyp hält und das Konzept möglichst rasch zur Marktreife bringen will.
Genehmigung in Deutschland langwierig
Errichtet werden soll der Demonstrator allerdings nicht in Deutschland oder in Kanada, dem Hauptsitz des Unternehmens, sondern im Osten Afrikas, in Ruanda. Dort, so Ruprecht, seien die Genehmigungsbehörden deutlich offener für neue Technologien. Entsprechend schneller liefen Genehmigungsverfahren, die hier in der Bundesrepublik schon mal Jahre dauern könnten.
Das ist nichts für den sehr ambitionierten Zeitplan von Dual Fluid Energy, wo man mit dem Bau des Demonstrators lieber heute als morgen beginnen würde. Sobald man die 100 Millionen Euro an Bau- und jährlichen Betriebskosten für das Projekt zusammen habe, ginge es los, erklärt Ruprecht: "In zwei Jahren kann der [Versuchsreaktor] in Ruanda in Betrieb gehen, dann anderthalb Jahre, dann Betrieb abgeschlossen. Halbes Jahr Auswertung, insgesamt vier Jahre, dann ist das Experiment abgeschlossen."
Bis dahin will man dann möglichst auch schon die Investoren für die Serienproduktion an Bord haben, sagt Ruprecht. Man rechne damit, dass die Reaktoren dann in den frühen 30er-Jahren bis Mitte der 30er-Jahre an Kraftwerke verkauft werden könnten.
Technologische Umsetzbarkeit bleibt abzuwarten
Auch Dr. Patrick Sauter findet das Konzept des Dual-Fluid-Reaktors spannend. Der promovierte Energieingenieur hat einen sehr populären YouTube-Kanal um das Thema Energieerzeugung und Energiewende. "Ingenieurskunst" heißt der Kanal. Gut 20.000 Abonnenten folgen dort gut verständlich und angenehm ideologiefrei gemachten Erklärvideos.
Auch die Dual-Fluid-Technologie nahm Sauter schon unter die Lupe. Jedem zu empfehlen, den das genauer interessiert. Dass ausgebrannte Brennstäbe nachgenutzt werden können, dazu das Sicherheitskonzept der voneinander getrennten Kreisläufe von flüssigem Brennmaterial und Kühlwasser, das überzeuge durchaus – zumindest auf dem Papier, so Sauter. Denn, ob sich das technologisch umsetzen lässt, bleibe erst noch abzuwarten.
Außergewöhnlich robuste Materialien nötig
Nur ein "Stichwort", so der Youtuber, sei die Materialbelastung: "In den Leitungen der beiden Kreisläufe fließen flüssige Metalle mit bis zu 1.000 Grad Celsius. Das erfordert außergewöhnlich robuste Materialien. Korrosion und Beschädigung an den Kreisläufen sind zumeist das größte Problem bei diesen Konzepten." Für den promovierten Energieingenieur sind die Entwicklungskosten der entscheidende Punkt. Große internationale Investoren seien bislang ausgeblieben.
Sollte der Demonstrator in Ruanda jedoch tatsächlich gebaut werden und zeigen, dass Dual-Fluid-Reaktoren auch in der Praxis funktionieren, dann könnte sich das allerdings sehr schnell ändern.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. April 2025 | 06:20 Uhr
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