33 Jahre Wiedervereinigung Stand der Deutschen Einheit: Regierung sieht Fortschritte – und Handlungsbedarf

27. September 2023, 19:34 Uhr

33 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die Spuren der Teilung Deutschlands immer noch erkennbar. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht des Ostbeauftragten hervor. Demnach wurden strukturelle Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland zwar abgebaut, dennoch gebe es weiterhin Unterschiede.

Auch 33 Jahre nach der Wiedervereinigung bleiben die Spuren der Teilung weiterhin sichtbar. Das geht aus dem Bericht "Zum Stand der Deutschen Einheit" hervor, der am Mittwoch vom Ostbeauftragten der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD) vorgestellt wurde.

Zwar seien viele strukturelle Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland abgebaut worden, doch weiter "bewerten viele Ost- und Westdeutsche die Lage des Landes unterschiedlich", heißt es darin. Brüche und Konflikte würden Regierung und Bürger deshalb noch lange beschäftigen.

Ost-West-Unterschiede bei Lebenserwartung und Überalterung

Dazu zähle zum Beispiel die Lebenserwartung, die 1990 im Osten noch zwei bis drei Jahre niedriger lag als im Westen. Bei Frauen sei der Unterschied seit den 2.000er Jahren kaum noch sichtbar, heißt es. Bei Männern bleibe jedoch eine Lücke. Auch sei die Lebenserwartung während der Corona-Pandemie im Osten stärker zurückgegangen als im Westen, so dass Unterschiede teils wieder gewachsen seien.

Ein großes Problem ist dem Bericht zufolge auch die Überalterung in Ostdeutschland. Zwischen 1991 und 2021 wanderten demnach rund vier Millionen Ostdeutsche in das frühere Bundesgebiet ab, zumeist junge Erwachsene im Alter zwischen 18 bis 29 Jahren. Lediglich 2,8 Millionen Personen zogen in die umgekehrte Richtung. Hinzu komme eine geringere Zuwanderung aus dem Ausland in den Osten.

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Zuletzt analysierte der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk die Einheit als eher feindliche "Übernahme". Jetzt blickt er auf das Jubiläum, nicht ohne den Blick nach vorn zu richten.

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Wirtschaft zwischen Ost und West nähert sich weiter an

Der Bericht zeigt auch, die wirtschaftlichen Bedingungen zwischen Ost und West gleichen sich weiter an. Löhne und Wirtschaftskraft sind im Osten jedoch immer noch niedriger als im Westen. So lag das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 2022 in Ostdeutschland bei 79 Prozent des Wertes im Westen. 2020 und 2021 waren es noch zwei Prozent weniger.

Die Arbeitslosenquote betrug im vergangenen Jahr im Osten 6,7 Prozent, in Gesamtdeutschland 5,3 Prozent. Der durchschnittliche Jahresbruttolohn im Osten betrug im Jahr 2022 mit rund 34.800 Euro etwa 86 Prozent des Westniveaus.

Die Angleichung von Ost und West sei noch nicht abgeschlossen, aber auf dem Weg, sagte Carsten Schneider MDR AKTUELL. "Die Löhne sind stärker und schneller gestiegen. Wir haben jetzt auch die Renten in Ost und West gleich", so Schneider. Zusammen mit dem bundeseinheitlichen Mindestlohn seien das wichtige psychologische Schritte.

"Ein ganz entscheidender Punkt ist, dass wir eine ungleiche Vermögensverteilung haben. Das ist auch eine Frage von Sicherheit", so Schneider. Viele Menschen im Osten müssten jeden Monat schauen, dass sie mit dem Geld hinkämen.

Ländliche Regionen im Osten oft benachteiligt

Schneider wollte neben dem üblichen Ost-West-Vergleich diesmal auch gemeinsame Trends herausarbeiten, etwa das Stadt-Land-Gefälle in beiden Landesteilen. Die Herausforderungen und Bedürfnisse auf dem Land im Osten seien oft den ländlichen Räumen im Westen näher als den Großstädten im Osten, zeigen die Ergebnisse.

Ein höherer Anteil von Menschen in ländlichen Regionen Ostdeutschlands lebe zudem in einem Umfeld, das von einer stagnierenden oder schrumpfenden Bevölkerung und von einer geringeren Ausstattung mit Einrichtungen und Dienstleistungen geprägt sei.

Der Bericht zum Stand der Deutschen Einheit wird alle zwei Jahre angefertigt und dem Bundestag zur Debatte vorgelegt. Der Bericht ist eine Bestandsaufnahme mit zahlreichen Statistiken, nicht nur zu Wirtschaftskraft oder Löhnen, sondern auch zu den Lebensverhältnissen. Im vergangenen Jahr hatte Schneider mit dem "Bericht des Ostbeauftragten" zudem ein neues Format präsentiert.

Vermögensungleichheit größte Herausforderung

Grünen-Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta sagte MDR AKTUELL, die große Vermögensungleichheit zwischen Ost und West sei eine der größten Herausforderungen bei der Deutschen Einheit. Die Unterschiede hätten sich während der Teilung und der Zeit danach aufgebaut.

Bei der Frage, wie man das überwinden könne, komme man vielleicht an die Grenzen dessen, was die Politik leisten könne. Eine gerechtere Verteilung über steuerliche Maßnahmen sei politisch kaum durchsetzbar.

dpa, epd (smk)

Dieses Thema im Programm: Das Nachrichtenradio | 27. September 2023 | 09:35 Uhr

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