Urteile der Woche "Reichsbürger" bekommen ohne Personalausweis keine Rente
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25. November 2023, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Keine Rentenzahlung für "Reichsbürger" ohne Personalausweis
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (AZ: L 22 R 571/23 B ER)
Etwa 23.000 sogenannte Reichsbürger leben laut Verfassungsschutz in Deutschland. Es handelt sich um Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Friedrich Friedensreich* sieht sich selbst als Staatsangehöriger des "Freistaates Preußen". Er behauptet, kein Deutscher im Sinne des Grundgesetzes zu sein. Da er über kein Bankkonto verfüge, möchte er seine Rente in bar ausgezahlt haben. Dazu ist allerdings ein gültiger Personalausweis nötig, den er auch nicht hat. Die zuständige Meldebehörde hatte es abgelehnt, diesen auszustellen, denn er wollte als Staatsangehörigkeit den Eintrag "Freistaat Preußen" haben.
Vor Gericht klagt er auch ohne Ausweis auf Barauszahlung der Rente. Am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sah man letztlich keine Chance: "Rentenleistungen sind grundsätzlich personengebundene Ansprüche. Es gibt kein Recht, dass diese in bar ausgezahlt werden. Auch ist es nicht zu beanstanden, wenn die Identität des Zahlungsempfängers überprüft wird – anhand des gültigen Ausweispapiers eines tatsächlich existierenden Staates."
Herr Friedensreich wird sich also einen Personalausweis besorgen oder auf die Rente verzichten müssen. Anfechten kann er den Gerichtsbeschluss jedenfalls nicht mehr.
Untervermietung von Nebenwohnung ist grundsätzlich erlaubt
Bundesgerichtshof (AZ: VIII ZR 88/22)
Theo und Thea Theermann* lebten lange Zeit mit Kind in einer Dreizimmerwohnung. Nun soll ein weiteres Kind zur Welt kommen, die beiden mieten deshalb eine Doppelhaushälfte am Rande der Stadt. Der Ehemann behält allerdings die drei Zimmer als Nebenwohnung. Die befindet sich schließlich in der Nähe seines Arbeitsplatzes – und dort schläft er auch zwei, drei Tage pro Woche. Um die Mietkosten zu senken, bittet er den Vermieter um die Erlaubnis, untervermieten zu dürfen.
Muss der Vermieter hier zustimmen – auch dann, wenn es sich eben nicht um den Lebensmittelpunkt handelt? Ja, sagten die Richter am Bundesgerichtshof: "Auch für eine Nebenwohnung kann der Mieter ein berechtigtes Interesse an einer Untervermietung haben. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn er die Mietzahlungen reduzieren will, oder die Nebenwohnung aus beruflichen Gründen weiterhin braucht. Die Untervermietung ist also immer dann zu gestatten, wenn der Mieter die Wohnung zumindest teilweise weiternutzt. Hierfür ist es ausreichend, wenn ein Zimmer vom Hauptmieter als Schlafraum oder als Lager für seine Einrichtungsgegenstände verwendet wird."
Bei nicht aufzuklärendem Unfall haften beide Seiten je zur Hälfte
Amtsgericht Essen (AZ: 29 C 152/22)
Anna Ansbach* und Berta Bersicke* sind einen Auffahrunfall verwickelt. Beide Autofahrerinnen geben der jeweils anderen die Schuld am Zusammenstoß. Frau Ansbach behauptet, die Unfallgegnerin sei rückwärts in sie hineingefahren. Frau Bersicke hingegen macht vor Gericht geltend, die andere Autofahrerin sei vorwärts auf sie aufgefahren. Vor Gericht lässt sich nicht klären, wer nun von beiden die Wahrheit sagt. Auch ein Sachverständigengutachten hält beide Versionen für möglich.
Die Richter am Amtsgericht Essen entschieden deshalb: "Letztlich bleibt ungeklärt, wer genau den Unfall verursacht hat. Ein Anscheinsbeweis scheidet hier aus, da im Nachhinein weder eine unachtsame Rückwärtsfahrt noch ein unachtsames Auffahren festgestellt werden konnte. Da beide Darstellungen der Unfallbeteiligten gleichermaßen wahrscheinlich sind, kommt es zur Haftungsteilung." Die beiden Unfallpartner tragen den Schaden je zur Hälfte.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. November 2023 | 08:21 Uhr