Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Bundesfinanzhof: Gewinne vom Online-Pokern können steuerpflichtig sein

01. Juli 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Gewinne aus Onlinepokerspiel können steuerpflichtig sein

Bundesfinanzhof München, AZ: X R 8/21

Zoran Felix ist leidenschaftlicher Pokerspieler. Hauptsächlich ist er in den Jahren 2007 bis 2009 Mathematikstudent. Online erzockt sich Zoran in der zweiten Jahreshälfte 2009 mehr als 60.000 Euro. Insgesamt sitzt er dafür 673 Stunden am Computer, das entspricht gut 25 Stunden pro Woche. Diese Zahlen sind vor allem für das zuständige Finanzamt wichtig. Die zentrale Frage: sind die Gewinne steuerpflichtig, weil das Pokern als Einkommen gewertet werden sollte?

Die Richter des Bundesfinanzhofes schafften nun Klarheit: "Poker ist kein reines Glücksspiel. Vielmehr kommt es auch auf Geschick und Erfahrung an. Das gilt auch beim Online-Poker, auch wenn es dabei keinen persönlichen Kontakt zu den Mitspielern gibt. Dennoch sind bei Freizeit- und Hobbyspielern weder Gewinne noch Verluste steuerlich relevant. Im vorliegenden Streitfall deuten eingesetztes Geld und investierte Zeit auf ein gewerbsmäßiges Pokerspiel hin." Zoran Felix muss die Gewinne aus dem Jahr 2009 nachträglich versteuern.


Psychische Erkrankung bei Rettungssanitäter als Berufskrankheit anerkannt

Bundessozialgericht Kassel, AZ: B 2 U 11/20 R

Triggerwarnung Im zweiten Fall geht es um das Thema Suizid. Wenn Sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen, oder mit jemandem reden möchten, finden Sie Hilfe bei der Telefonseelsorge unter der 0800/111 0 111 – die Nummer erreichen Sie kostenlos und rund um die Uhr.

Rudi Liebmann arbeitet mehrere Jahre als Sanitäter und blickt auf unzählige belastende Ereignisse zurück. So ist er 2009 beim Amoklauf in Winnenden und Wendlingen im Einsatz, bei dem 16 Menschen sterben. 2014 ist er mit dem Anblick einer Jugendlichen konfrontiert, die Suizid begangen hatte. Genau ein Jahr später ist er im Einsatz, als deren beste Freundin ebenfalls Suizid begeht. 2016 bricht Rudi Retter zusammen. Bei ihm wird eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Diese Erkrankung bedeutet, dass sich Bilder, Eindrücke und Gefühle immer wieder unkontrolliert in das Bewusstsein drängen. Die Unfallversicherung Bund und Bahn will dies nicht als Berufskrankheit anerkennen.

Es folgt ein sieben Jahre währender Gerichtsstreit, der nun von den Richtern des Kasseler Bundessozialgerichts entschieden wurde, und zwar zu Gunsten des Rettungssanitäters. "Rettungssanitäter sind während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt. Diese Einwirkungen sind abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft Ursache einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Dieser Ursachenzusammenhang ergibt sich aus international anerkannten Diagnosesystemen sowie den Leitlinien der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften."


Steuerentlastung beim Absaugen krankhafter Fettablagerungen

Bundesfinanzhof München, AZ: VI R 39/20

Beate Mann leidet seit 2012 an einem Lipödem, einer krankhaften Fettablagerung unter der Haut. Dies kann sehr schmerzhaft sein. Behandlungsmethoden wie Lymphdrainage, Kompression und Bewegung bleiben ohne Erfolg. Das operative Absaugen des Fetts, die sogenannte Liposuktion, wird Beate Beharrlich von den Krankenkassen nicht bezahlt und so entscheidet sie sich, die Kosten selbst zu tragen. In ihrer Steuererklärung trägt die Frau die Kosten bei den steuermindernden außergewöhnlichen Belastungen ein. Das Finanzamt erkennt dies jedoch nicht an.

Die Klage der Frau geht über das Finanzgericht Sachsen bis zum Bundesfinanzhof München und hat Erfolg. "Die Fettabsaugung hat keinen kosmetischen Zwecken gedient, sondern erfolgte aus medizinischen Gründen. Die Liposuktion ist auch unbestritten eine geeignete Behandlungsmethode." Übrigens: Das operative Absaugen des Fetts bei einem Lipödem wird seit 2020 von den Krankenkassen bezahlt.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Juli 2023 | 06:00 Uhr

Mehr zum Thema Recht

Weitere Ratgeber-Themen