Ein Buch lehnt an einem Bücherstapel.
Das Wort "Faksimile" kommt laut Duden aus dem Lateinischen und bedeutet "mach ähnlich!". Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Vermeintlich wertvolle Bücher Verbraucherzentrale und Polizei warnen vor Betrug mit Faksimiles

25. April 2025, 16:18 Uhr

Aufwendig gestaltete Nachdrucke von Büchern – sogenannte Faksimiles – werden von Haustürverkäufern für viel Geld angeboten. Vorgetäuscht wird, dass sie den Wert bereits bestehender Sammlungen erhöhen könnten. Die Bücher sind in der Regel deutlich weniger wert als behauptet. Die Polizei und die Verbraucherzentralen warnen vor dieser Masche. Wer schnell merkt, dass er betrogen wurde, kann sein Widerrufsrecht nutzen.

Wertsteigerung einer Sammlung durch neu gekaufte Bücher versprochen

Laut Haustürverkäufern sollen sie viel Geld wert sein: möglichst originalgetreue Nachdrucke von antiken Büchern – sogenannte Faksimiles. Doch in der Regel erreichen sie den angeblichen Wert bei weitem nicht. Dann verlieren die Käufer viel Geld. Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes warnt auf ihrer Webseite: "Die Betrüger geben sich als Buchhändler, Gutachter oder Vertreter von Handelsunternehmen aus und kontaktieren oft gezielt Besitzer beispielsweise von Brockhaus- oder Bertelsmann-Lexika-Sammlungen, oft zunächst per Telefon. Sie geben vor, Interessenten für einen Ankauf der Buchsammlung zu haben."

Stattdessen überredeten sie zumeist ältere Menschen während Hausbesuchen zum Kauf neuer Bücher mit der Begründung, dass eine vollständige Sammlung bei einem späteren Verkauf mehr Geld bringen würde. "Immer wieder wird dabei sogar zum Abschluss von überteuerten Kreditverträgen für die Finanzierung des Bücherkaufs gedrängt beziehungsweise solche Verträge ohne Wissen der Geschädigten abgeschlossen", informiert die Polizei.

Wieso sind oft ehemalige Kunden von Bertelsmann betroffen?

Im ARD-Verbraucherportal Marktcheck heißt es dazu: "Den Anwälten Wolfgang Schneider und Patrick Doll ist aufgefallen: So gut wie alle Betroffenen seien ehemalige Kunden des Bertelsmann-Buchclubs. Informell hätten sie erfahren, dass bei der ehemaligen Bertelsmann-Tochter Inmediaone Kundendaten abgegriffen worden seien. Diese Kunden würden systematisch aufgesucht. Denn wenn man die Kundendaten hat, wisse man auch, welche Bücher in der Vergangenheit gekauft wurden und könne daran anknüpfen. So gewinne man auch das Vertrauen der Opfer."

Bertelsmann antwortete dem SWR auf Nachfrage: "Von einigen ehemals für Inmediaone tätigen Vertreter/innen wurden im Nachgang Vertriebsunternehmen gegründet, die aus unserer Sicht unseriös agieren […] Wir haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet, um unsere früheren Kund/innen vor unerbetenen Anrufen und Besuchen solcher Vertreter/innen zu schützen und die unbefugte Nutzung unserer einstigen Kundendaten zu unterbinden." Es seien auch Warnbriefe an die ehemaligen Kunden geschickt worden.

Neue Masche: Mitgliedsbeiträge für angeblichen Verkauf auf Online-Plattformen

Hinzu kommt ein weiterer Trick der Betrüger, sagt Diane Rocke, Referentin für Recht bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt: "Eine neue Masche ist das Angebot an die Betroffenen, ihre Büchersammlung auf Online-Plattformen zu verkaufen. Hierfür werden Verträge mit Mitgliedsbeiträgen von mehreren tausend Euro pro Jahr abgeschlossen." Auch Rebecca Bergmann, Juristin bei der Verbraucherzentrale Thüringen, berichtet auf MDR-Anfrage von dieser Masche. "Den Opfern wird ein hoher Wert der 'Sammlung' suggeriert, teilweise 80.000 oder 100.000 Euro. Für den angeblichen Verkauf werden dann verschiedene Hürden aufgebaut", sagt sie. Zu diesen gehörten unter anderem:

  • Mitgliedschaft in einer kostenpflichtigen "Online-Bibliothek" oder ähnliche Datenbanken – das koste in der Regel zwischen 10 bis 20 Prozent des vermeintlichen Werts der "Sammlung",
  • gegen eine Gebühr sollen die Bücher von einem Fotografen dokumentiert werden,
  • der Kauf weiterer teurer Bücher, um die "Sammlung" zu vervollständigen.

Laien können wirklichen Wert kaum erkennen

Die Faksimiles sind nach Angaben der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes aufwendig gestaltet: "In Leder eingebunden oder mit Schmucksteinen verziert, um den Betrogenen zu suggerieren, es handele sich um extrem wertvolle und leicht wieder verkäufliche Stücke." Laien können zumeist nicht einschätzen, wie viel die Bücher tatsächlich wert sind. "Es handelt sich um sehr geschickt gemachte Fakes. Gutachter haben den tatsächlichen Wert der Bücher auf 50 bis 250 Euro geschätzt, verkauft werden sie den Geschädigten für vier- oder gar fünfstellige Summen", antwortet Stefan Eisentraut von der Verbraucherzentrale Thüringen auf MDR-Anfrage.

Es handelt sich um sehr geschickt gemachte Fakes.

Stefan Eisentraut, Pressesprecher der Verbraucherzentrale Thüringen

Hinzu kommt das Geschick der Verkäufer, wie Diane Rocke, Referentin für Recht bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt, erläutert: "Sie (Anm. d. Red.: Die Verbraucher) werden in den Verkaufsgesprächen in ihren Wohnungen mit viel Überzeugungskraft von der vermeintlichen Werthaftigkeit überzeugt, erhalten sogar ein 'Zertifikat'."

Aus der Beratungserfahrung weiß Diane Rocke, dass selbst wenn der Betrug erkannt wurde, nicht jeder bereit ist, den Kauf weiterer Bücher zu verweigern: "Ein Teil der Betroffenen erhofft sich weiterhin den großen Gewinn und lässt sich überreden. Hier müssen wir in den Beratungsstellen teilweise große Überzeugungsarbeit leisten."

Widerrufsrecht: Vorsicht vor Personalisierungen

Wer auf die Betrüger reingefallen ist und das rechtzeitig merkt, kann von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, erläutert Beate Saupe, Referentin für Recht bei der Verbraucherzentrale Sachsen: "Innerhalb von 14 Tagen kann man außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge widerrufen." Allerdings gelte das nicht, wenn die Ware personalisiert sei. "Manche Angebote sehen vor, dass die Bücher mit den Namen der Käufer versehen werden. Sie schließen damit gegebenenfalls ein Widerrufsrecht aus, weil die Bücher mit dem Namen individualisiert sind. Man sollte eine Anfechtung wegen Irrtum und arglistiger Täuschung versuchen, allerdings ist dies nicht immer so einfach nachzuweisen", so Saupe. Auch bei möglicherweise abgeschlossenen Kreditverträgen solle man die Widerrufsmöglichkeiten prüfen.

Zudem raten die Verbraucherzentralen aus allen drei mitteldeutschen Ländern, dass Anzeige erstattet werden sollte. Auch eine rechtliche Beratung, zum Beispiel durch einen Rechtsanwalt oder die Verbraucherzentralen selbst, wird empfohlen – auch wenn das manchmal Überwindung kostet. "Viele Verbraucher haben jedoch Scheu sich in der Angelegenheit offenzulegen, da sie viel Geld verloren haben und dies ihren Kindern auch nicht beichten wollen", erzählt Diane Rocke von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.

Tipps der Polizei Um sich nicht unter Druck setzen zu lassen und einen kühlen Kopf zu bewahren, gibt die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes folgende Tipps:

"- Lassen Sie keine Vertreter in Ihr Haus, die Ihnen Bücher oder andere Waren anbieten.
- Unterschreiben Sie nichts, sondern nehmen Sie sich Bedenkzeit und lassen sich unabhängig beraten.
- Widerrufen Sie einen geschlossenen Vertrag innerhalb von 14 Tagen, wenn Sie doch etwas unterschrieben haben.
- Achtung, Hinweis zum Widerrufsrecht: Eine Masche der Händler zielt darauf ab, das Widerrufsrecht auszuschließen, indem sie die angebotenen Bücher zum Beispiel durch individuelle Applikationen, Gravuren oder ähnliches als kundenspezifische Anfertigung verkaufen (vergleiche Paragraph 312g Absatz 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))
- Prüfen Sie, ob der Vertrag wegen Wuchers angefochten werden kann.
- Geben Sie niemals Ihre Giro-Karte oder die dazugehörige PIN an die Vertreter heraus.
- Wenden Sie sich bei Fragen und Problemen an Ihre örtliche Polizeidienststelle und erstatten Sie Anzeige."

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 08. April 2025 | 20:15 Uhr

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