Ein Chip mit Aufschrift KI
Seit August 2024 ist die EU KI-Verordnung in Kraft. Bildrechte: picture alliance / Zoonar | DesignIt

Europäische KI-Verordnung KI-Schulungspflicht für Personal?

25. Januar 2025, 05:00 Uhr

Ab 2. Februar 2025 soll Personal, das mit KI arbeitet, über entsprechende "KI-Kompetenz" verfügen. Das sieht die europäische KI-Verordnung vor. Allerdings gibt es bisher weder ein nationales Durchführungsgesetz noch eine offizielle Aufsichtsbehörde. Die Bundesnetzagentur und die Deutsche Industrie- und Handelskammer beantworten einige Fragen dazu, was jetzt auf Arbeitgeber zukommt.

Ab 2. Februar gelten weitere Regelungen der europäischen KI-Verordnung – auch oft unter dem englischen Namen "AI Act" (Artificial Intelligence Act) zu finden. Diese soll die Verwendung von KI in der EU regeln und war im August 2024 in Kraft getreten. Ihre Inhalte müssen nach und nach umgesetzt werden.

Eine Neuerung ab Februar: Nach Artikel 4 müssen Anbieter und Betreiber von KI-Systemen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter über entsprechendes Wissen über Künstliche Intelligenz verfügen. Das gilt dementsprechend auch für Unternehmen, die mit KI arbeiten. Aber wie genau ist diese neue Regelung zu verstehen? Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowie die Bundesnetzagentur haben dem MDR einige Fragen dazu beantwortet.

Wie lautet Artikel 4 der KI-Verordnung? Der Artikel 4 der europäischen Verordnung zu Künstlicher Intelligenz beschäftigt sich mit "KI-Kompetenz" und besagt:

"Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Ausbildung und Schulung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen sind."

Quelle: Verordnung (EU) 2024/1689

Welche Maßnahmen müssen Unternehmen oder Einrichtungen ergreifen?

Konkrete Umsetzungsmaßnahmen gibt die KI-Verordnung nicht vor, wie eine Sprecherin der Bundesnetzagentur auf MDR-Anfrage mitteilt. Eine Möglichkeit seien aber strukturierte Schulungen oder Weiterbildungsprogramme. "Ein einfaches Selbststudium der betroffenen Personen erscheint zur Sicherstellung einer ausreichenden KI-Kompetenz zum jetzigen Zeitpunkt als nicht geeignet", sagt sie. Das Ziel: Berufstätige, die mit KI arbeiten, sollen sicher und verantwortungsvoll mit ihr umgehen können. Dafür müssten technische, rechtliche und ethische Aspekte vermittelt werden.

Seitens der Europäischen Union (EU) wird aktuell an Leitlinien zur Umsetzung des AI Acts gearbeitet, die dann auch konkretere Hinweise enthalten sollten, an denen sich Unternehmen orientieren können.

Jonas Wöll, Experte der Deutschen Industrie- und Handelskammer

"In der Definition zu KI-Kompetenz ist vom sachkundigen Einsatz von KI-Systemen und einem Bewusstsein für Chancen, Risiken und möglichen Schäden die Rede – hieran sollten sich auch die Angebote orientieren", empfiehlt Jonas Wöll, Referatsleiter Digitaler Binnenmarkt, EU-Verkehrspolitik und Regionale Wirtschaftspolitik der DIHK. Was genau Unternehmen tun müssen, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz klar, da die Pflicht sehr offen formuliert sei. Aber: "Seitens der Europäischen Union (EU) wird aktuell an Leitlinien zur Umsetzung des AI Acts gearbeitet, die dann auch konkretere Hinweise enthalten sollten, an denen sich Unternehmen orientieren können", sagt er. Neben Schulungen werde dort unter anderem auch über KI-Richtlinien und Standards innerhalb der Unternehmen oder die Ernennung von KI-Beauftragten sowie KI-Arbeitsgruppen diskutiert.

Wichtig: Für wen gilt die neue Regelung? Die Pflicht zur Schulung von KI-Kompetenz gilt nicht nur für Anbieter von Hochrisiko-KI, wie Jonas Wöll von der DIHK erläutert: "Sondern generell alle Anbieter oder Betreiber von KI-Systemen oder KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck sind betroffen. Eine Ausnahme wäre nur, wenn die KI von Mitarbeitern rein persönlich, außerhalb der beruflichen Tätigkeit, verwendet wird."

Bis wann muss das Personal geschult sein?

Bisher sind nach Angaben der Bundesnetzagentur keine Fristen zur Umsetzung von Schulungen bekannt. Aber: Ab 2. Februar 2025 müsse sichergestellt sein, dass die mit KI arbeitenden Personen über eine ausreichende Kompetenz verfügen. Jonas Wöll von der DIHK nimmt an: "Voraussichtlich spielt das Thema zumindest am Anfang eher im Kontext von Sorgfaltspflichten eine Rolle."

Was ist mit Sorgfaltspflicht gemeint? "Dabei geht es um Fälle, in denen durch die KI ein Schaden entsteht. Hätte dieser Schaden durch eine angemessene Schulung der Mitarbeiter verhindert werden können, könnten die Unternehmen dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie der Pflicht zur Schaffung von KI-Kompetenz nicht nachgekommen sind", erklärt die DIHK auf MDR-Nachfrage.

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Gibt es Kontrollen?

Die Umsetzung der KI-Verordnung soll durch nationale Aufsichtsbehörden erfolgen, die gibt es bisher aber noch nicht, wie DIHK-Experte Jonas Wöll erklärt: "Diese müssen erst bis 02. August 2025 etabliert werden. Auf deutscher Ebene wird voraussichtlich die Bundesnetzagentur verantwortlich sein."

Die Bundesnetzagentur stellt klar, dass die Sicherstellung der KI-Kompetenz eine rechtliche Verpflichtung ist, die in der Eigenverantwortung und im Eigeninteresse der Unternehmen liegt. Sie weist auch darauf hin, dass sie an einem Informationsangebot arbeitet, um als kompetenter Ansprechpartner für Fragen rund um die KI-Kompetenz zur Verfügung zu stehen.

Dürfen Mitarbeiter ohne Schulung nicht (mehr) in KI-relevanten Bereichen arbeiten?

Nach bisherigem Stand müssen laut Bundesnetzagentur betroffene Mitarbeiter ab dem 2. Februar 2025 über entsprechende Kompetenz verfügen. "Die Pflicht wird voraussichtlich – zumindest bis zur Ernennung der Aufsichtsbehörden – eher im Kontext von Sorgfaltspflichten relevant sein. Dass ein Fall eintritt, bei dem Mitarbeiter aufgrund mangelnder Schulung von KI-Nutzung aktiv abgezogen werden, ist aktuell nicht klar abzusehen", meint Jonas Wöll von der DIHK.

Wofür kann KI genutzt werden? Künstliche Intelligenz kann im Arbeitsalltag viele verschiedene Aufgaben übernehmen. Möglich ist zum Beispiel, dass Texte, Bilder oder Programmcodes erstellt werden. Die Technologie kann aber auch Daten, wie Nutzerkommentare, auswerten oder im Kundenservice als "Ansprechparnter" bei Fragen und Problemen weiterhelfen.

Die Bundesnetzagentur sieht auch einen Vorteil in der Pflicht: "Die Sicherstellung einer ausreichenden KI-Kompetenz der Mitarbeitenden sollte im Eigeninteresse liegen, denn so können die Potenziale von KI besser ausgeschöpft werden." Zudem könne dadurch auch die Übereinstimmung mit der KI-Verordnung sichergestellt werden.

Wo können Arbeitgeber sich offiziell zur KI-Verordnung und der Kompetenzpflicht informieren?

Da es in Deutschland bisher noch kein Durchführungsgesetz gibt, existiert auch noch keine nationale Kontakstelle, informiert die Bundesnetzagentur. Öffentlich geförderte Einrichtungen und Institutionen – wie die Mittelstand-Digital Zentren – könnten aber Unternehmen und deren Mitarbeiter kostenlos zu Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der KI-Verordnung unterstützen. Auch Verbände wie Bitkom würden Informationen bereitstellen.

Auf EU-Ebene werde derzeit noch an Leitlinien für die Unternehmen gearbeitet, weiß Jonas Wöll von der DIHK: "An denen können sich die Betriebe dann orientieren." Die Ergebnisse dieser Arbeiten sollen dann laut Bundesnetzagentur in verständlicher Art und Weise zur Verfügung gestellt werden.

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 31. Januar 2025 | 17:45 Uhr

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