Künstliche Intelligenz Unsterblichkeit 2.0: Wie KI einen verstorbenen Ehemann zum Leben erweckt

11. Januar 2025, 16:00 Uhr

Egal ob Privatleben oder Arbeit, Haushalt, Liebesleben oder Trauerarbeit – KI kann erschreckend viel mehr als Texte verfassen oder Bilder erstellen. Darum geht es auch in der Doku "Mein Mann lebt als KI weiter", die in der ARD Mediathek zu sehen ist.

Künstliche Intelligenz kommt in immer mehr Lebensbereichen zum Einsatz – selbst dann, wenn das Leben schon längst vorbei ist. Darum geht es auch in der Dokumentation "Mein Mann lebt als KI weiter – Lieben und Sterben mit Künstlicher Intelligenz", die derzeit in der ARD Mediathek zu sehen ist.

Michael und Annett Bommer.
Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Der Film erzählt die Geschichte des mittlerweile gestorbenen Managers Michael Bommer. Nach der Diagnose Krebs im Endstadium beschließt er, eine sprachbasierte KI anzutrainieren und dem Algorithmus beizubringen, so zu sprechen und Fragen so zu beantworten, wie er es tun würde. Sprachmemos, Chatverläufe, Informationen zum Privatleben, zum beruflichen Werdegang, zu Vorlieben oder Abneigungen, all diese Daten speist Bommer ein. Seine Hoffnung: Etwas schaffen, das bleibt. Sein digitales Abbild soll ihn weiterleben lassen – und seiner Frau Gesellschaft und Beistand leisten, wenn er es nicht mehr kann. 

Kritik: Neue Form der digitalen Unsterblichkeit 

Alena Buyx, Ethikerin an der TU München und ehemalige Vorsitzende des Deuschen Ethikrats, blickt eher kritisch auf diese Technologie.

Alena Buyx
Ethikerin Alena Buyx. Bildrechte: IMAGO/IPON

"Wir müssen uns fragen, was es mit unserem Verständnis vom Tod macht, wenn wir in dieser Art und Weise eine neue Form der digitalen Unsterblichkeit schaffen", sagt sie.

Eine zweischneidige Medaille auf dem Weg der Trauerverarbeitung: "Vielleicht kann die Technologie dabei helfen, Abschied zu nehmen", sagt Buyx. Die Kommunikation mit einer KI könne Sehnsüchte nach der verlorenen Person stillen. "Auf der anderen Seite kann es auch dazu führen, dass man nicht mehr richtig von der Trauer loskommt."

Richard Socher: KI-Pionier aus Dresden im Silicon Valley

Heute sind sprachbasierte KI-Systeme wie ChatGPT schon kaum mehr aus dem Alltag wegzudenken. KI-Entwickler Richard Socher sieht die Technologie und den Fortschritt eher pragmatisch: "Letztlich kann die KI fast alles, wofür sie sehr, sehr viele Trainingsdaten hat", sagt er und geht noch einen Schritt weiter: "Wir befinden uns momentan am Anfang eines KI-Zeitalters, ähnlich wie die Steinzeit oder die industrielle Revolution. Und das wird fast alles in unserem Leben verändern."

Socher kommt ursprünglich aus Dresden, hat in Leipzig Computerlinguistik studiert und später in Stanford als einer der ersten in Bereichen der künstlichen neuronalen Netze für Sprachverarbeitung geforscht und dissertiert. Heute lebt er im Silicon Valley in den USA, 2020 gründete Socher You.com, ein Unternehmen zur Entwicklung der KI-basierten Suchmaschine.  

Statistik, aber keine Emotionen 

Die Technik dahinter ist der des digitalen Zwillings recht ähnlich. Aber kann ein solches digitales Double auf Emotionen reagieren und, etwa im Fall von Michael Bommers Frau, Trauer erkennen und Trost spenden? Solche Systeme seien rein statistisch zu verstehen, sagt Socher. "Das Modell hat kein Bewusstsein von sich selbst – es will nur das nächste Wort mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt vorhersagen." Und dabei komme der Technik zugute, dass Menschen viel in ihre Sprachausgabe projizieren. "Für eine KI ist Wort Liebe zum Beispiel auch nur eine Sequenz von Buchstaben – die in dem Moment und in dem jeweiligen Kontext aber sehr viel Sinn macht." 

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Mein Mann lebt als KI weiter – Lieben und Sterben mit Künstlicher Intelligenz | 20. Januar 2025 | 23:05 Uhr

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