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Sorgen um Datenschutz Mit KI gegen Ladendiebstahl?

05. Dezember 2024, 13:23 Uhr

Mittlerweile kann Künstliche Intelligenz bei Überwachungskameras zum Einsatz kommen, um Ladendiebe zu erwischen. Allerdings bedeutet das auch mehr Überwachung der Kunden. Wie funktionieren solche Kamerasysteme? Und wie steht es mit dem Datenschutz?

So funktioniert ein KI-Kamerasystem

Überwachungskameras ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz (KI) könnten dazu beitragen, Ladendiebe öfter auf frischer Tat zu ertappen. Dafür werden die Überwachungskameras in einem Geschäft mit einer KI verbunden.

Im MDR-Magazin Umschau wurde das System in einem Elektroladen in Annaberg-Buchholz getestet. Dafür hat ein Mitarbeiter ein Telefon geklaut – etwa zehn Sekunden später kam eine Meldung über die Kopfhörer. "Die KI lernt Bewegungsmuster und erkennt, wenn jemand lange vor einem Regal stehen bleibt oder sich nach links und rechts umschaut oder Bewegungen macht, wie irgendwas einzustecken", erläutert Mirko Eisele von der ITAS AG, einer IT-Firma aus dem Erzgebirge. Die Mitarbeiter des Geschäfts bekommen Headsets auf. Darüber kann die KI jederzeit mit ihnen sprechen und sie warnen.

Darauf sollte geachtet werden: Das System funktioniert nicht sofort perfekt. Es muss sechs Wochen lang lernen, welche Bewegungsabläufe verdächtig sind. Bis dahin gibt es häufig Fehlalarme — gerade an ihnen lernt die KI.

Das System stammt aus den USA. Nur wenige Läden in Deutschland nutzen es bisher. Aber: Es hebt die Überwachung der Kunden auf ein neues Level.

Erste Bilanz eines Ladenbesitzers: Verlust durch Ladendiebstahl um 70 Prozent gesunken

In Balingen bei Stuttgart ist Markus Schlegel Inhaber eines Spielzeugladens. Zwar hat er überall Überwachungskameras aufgehängt, aber er hat gar nicht die Zeit, 15 Kameras ständig im Auge zu behalten. Das übernimmt nun die Künstliche Intelligenz. Sie scannt die Kamerabilder und erkennt verdächtiges Verhalten. Der Inhaber bekommt dann einen Alarm auf Handy und Tablet. Er nutzt das System der Firma Veesion. Auch dieses erkennt Körperteile und Bewegungen. "Unser System identifiziert selbst keine Diebstähle, sondern verdächtige Vorgänge. Wir schicken dem Inhaber Videos davon. Damit kann er entscheiden, ob jemand gestohlen hat oder nicht", erklärt Ari He, Sales Managerin bei Veesion gegenüber der Umschau. In 4.000 Läden weltweit wird die KI bereits eingesetzt, sagt sie.

15 verdächtige Gesten kann die KI laut Hersteller erkennen. Angeblich ist das System zu 99 Prozent zuverlässig und kann den Schaden durch Diebstähle um 60 Prozent senken, so das Versprechen. Für Spielzeugladenbesitzer Markus Schlegel rechne sich das System schon jetzt. Dem Anbieter zahle er monatlich 240 Euro. Bei der letzten Inventur hat sich gezeigt: Die Verluste seien um 70 Prozent gesunken. "Ich finde, nach diesen drei Monaten ist noch nicht alles perfekt. Es gibt Potenzial nach oben. Ich werde auch noch ein paar Sachen optimieren, aber ja, ich bin froh, dass ich es gemacht habe", sagt er.

Bedenken über Datenschutz

Datenschützer allerdings sind skeptisch. Eine flächendeckende KI-Überwachung im Einzelhandel wäre ein starker Eingriff in das Recht, ungestört privat einzukaufen. Auch technisch seien die Systeme bei weitem nicht ausgereift, sagt KI-Experte Wolfram Burgard von der TU Nürnberg: "Angenommen, Sie sind im Mobiltelefon-Laden, wollen sich ein neues Mobiltelefon kaufen. Aber um das jetzt genauer anzuschauen, müssen Sie Ihr eigenes erst nochmal in die Tasche stecken. Ist das jetzt Ihr Mobiltelefon, was da in die Tasche gesteckt wurde? Oder ist es das andere? Das sind unheimlich schwierige Problemstellungen. Ich glaube, dass die Anzahl der Fälle, wo es schief gehen kann, sehr groß ist."

Ich glaube, dass die Anzahl der Fälle, wo es schief gehen kann, sehr groß ist.

Wolfram Burgard, KI-Experte TU Nürnberg

Eine MDR-Anfrage bei der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten hat ergeben, dass bisher keine Beschwerden zu KI-gesteuerten Überwachungskameras in Geschäften eingegangen sind. Ladenbetreiber, die datenschutzrechtlich verantwortlich sind, müssen auf die Videoüberwachung hinweisen, erläutert Pressesprecher Björn-Henrik Lehmann. "Um der gesetzlichen Informationspflicht nachzukommen, muss sich vor oder beim Betreten des Ladengeschäfts ein entsprechender Hinweis auf die Videoüberwachung finden. Dass dabei auch KI eingesetzt wird, muss hierbei nicht erwähnt werden", sagt er.

Ladendiebstähle 2023 gestiegen

Für den Einzelhandel sind Ladendiebstähle ein zunehmendes Problem, denn die Zahl der Delikte steigt stark an, sagt Stefan Genth vom Einzelhandelsverband: "Wir sehen eine dramatische Zunahme im Lebensmitteleinzelhandel, wo hochwertige Spirituosen, Weine und andere Dinge gestohlen werden, aber natürlich auch in den typischen Innenstadtbranchen. Uhren, Schmuck, Juweliere, Textilgeschäfte, Kosmetik, Parfümerie sind sehr stark betroffen."

Eine Studie des Handelsforschungsinstituts EHI ergab, dass 2023 Waren im Wert von 4,1 Milliarden Euro gestohlen wurden. Das entspreche einer Steigerung um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Wir sehen eine enorme Zunahme beim gewerbsmäßigen Ladendiebstahl. Das sind Banden, die dahinter stehen. Hoch organisiert, die als Profis quasi durch die Innenstädte gehen, aber auch in den Supermärkten hochwertige Spirituosen mitnehmen, systematisch und die dann über den Graumarkt verkaufen", erläutert Stefan Genth.

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 03. Dezember 2024 | 20:15 Uhr

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