Der Redakteur | 15.03.2023 Wo bleiben die Hilfen für Nachtspeicherheizungen?
Hauptinhalt
16. März 2023, 19:51 Uhr
Frank-Dietrich Fischer hat eine umweltfreundliche Nachtspeicherheizung. Gibt es dafür auch Hilfen? Denn trotz Strompreisbremse zahlt er 610 Euro im Monat. Und günstigen "Nachtstrom" gibt es nicht mehr. Ein Fall für unseren "Redakteur".
Es klingt paradox: Die Zukunft des Stroms soll dynamischer werden. Intelligente Zählersysteme sollen dafür sorgen, dass wir dann Strom kaufen, wenn er im Überfluss verfügbar und günstig ist. Aber das war eigentlich ja auch schon die Idee der guten alten Nachtspeicheröfen.
Diese hatten zwei Zähler - nachts, wenn alles schlief, wurde mit günstigem Strom die Wärme für den nächsten Tag produziert. Und ausgerechnet in einer Zeit, in der Mehrpreismodelle ein wichtiger Teil des Umbaus unserer Energieversorgung werden sollen, kündigen die Versorger den Nachtstromkunden die Verträge. Eine Abfrage bei den beiden großen Vergleichsportalen Verivox und Check24 hat zudem ergeben: Nachtspeichertarife lassen sich an einer Hand abzählen und günstig sind sie nicht wirklich.
Wann kommen denn die flexiblen Stromtarife?
Die großen Stromanbieter sind - was die flexiblen Tarife angeht - ein Totalausfall. Die Pressestelle von Check24 antwortete auf die entsprechende Frage, ob es solche Tarife bereits gibt, rekordverdächtig knapp: "Noch nicht, aber daran wird gearbeitet." Das ist auch geboten, schließlich muss 2025 jeder Versorger solche Tarife im Angebot haben.
Große Versorger mit mehr als 100.000 Kundenverträgen müssten es sogar schon jetzt - das ist zumindest die Gesetzeslage. Über die wird aber großzügig hinweggesehen, kritisiert die Verbraucherzentrale und sieht in der TEAG einen typischen Anbieter, der eigentlich bereits seinen Kunden gut sichtbar flexible Tarife anbieten müsste. Werden diese vielleicht nur den Kunden mit intelligenter Messeinrichtung angeboten?
Wenn es im Energiewirtschaftsgesetz steht, müsste es auch auf der Internetseite stehen. So ist unsere Auffassung.
TEAG bietet noch keine flexiblen Preise
Die Antwort der TEAG: Es gibt noch keine flexiblen Tarife. Das Kundeninteresse sei gering, der Aufwand für alle Beteiligten groß. Das alles fühlt sich ein wenig nach dem heißen Eisen an, das keiner gern in die Hand nimmt. Ausnahme: Junge Unternehmen, die eine Marktlücke entdeckt haben. Dazu gehören Rabot Charge, Awattar und Tibber.
Zwar sind nicht alle Angebote überall verfügbar, aber auf den Internetseiten kann man eine Idee davon bekommen, wie die Zukunft unserer Stromversorgung aussehen kann. Vielerorts scheitert übrigens die Nutzung flexibler Tarife noch an der Verfügbarkeit der notwendigen intelligenten Zähler.
Wie soll das denn funktionieren?
Wir alle kennen die Meldungen von gesunkenen Strompreisen an der Börse, die gefühlt nie bei uns ankommen. Genau darauf setzen die neuen Anbieter, deren flexible Tarife an die Börse gekoppelt sind und neue Möglichkeiten bieten. Erstens für den Einzelnen und zweitens künftig für die Netzstabilität.
Denn bisher sorgten große zentrale Kraftwerke dafür, dass wir immer genau so viel Strom zur Verfügung hatten, wie wir brauchen - und zwar am richtigen Ort. Erneuerbare Energie der Zukunft wird aber dezentral gewonnen. Vorteil: Je näher die Anlagen am Verbraucher sind, umso weniger Netzausbau ist nötig.
Weniger Zahlen, sobald viel günstige Energie da ist
Und nun kommt der intelligente Zähler ins Spiel. Bei dem haben die häuslichen Geräte ihren Bedarf angemeldet. Die Waschmaschine ist im Standby, die Nachtspeicherheizung ebenso. Alle warten darauf, dass der Strompreis unter einen vielleicht vorher festgelegten Wert sinkt und los geht’s. Das gleiche gilt für Auto oder E-Roller.
Mit Tibber & CO. kann man sich live an den Strompreisen erfreuen, für Sömmerda waren es heute 29,39 Cent. Wer also ein bisschen Spaß und auch Nerven daran hat, mit dem Strompreis zu spielen, der kann sich mit solchen Tarifen beschäftigen. Die sind übrigens kurzfristig kündbar. Noch sind aber unsere Wohnungen und Geräte schlicht nicht smart genug, um das Ein- und Ausschalten zu günstigen Zeiten selbsttätig zu organisieren.
Smart-Home-Geräte machen es möglich
Und sind wir doch mal ehrlich: Wir nehmen unsere Smart-Home-Geräte doch allenfalls als Spielerei wahr. Waschmaschine oder Spülmaschine mit W-LAN, wer braucht so einen Quatsch? Doch die Energienetze der Zukunft werden das brauchen und das ist erst der Anfang eines unaufhaltsamen Prozesses, der unseren Umgang mit Energie und vielleicht auch unsere Lebensgewohnheiten verändern wird.
Davor kann man Angst haben oder mal in die Hosentasche greifen. Was ist dort? Das Handy! Der Durchbruch des Smartphones war 2007, als das erste iPhone auf den Markt kam. Hat zu Wendezeiten irgendjemand einen solchen alltagsprägenden Taschencomputer vorhergesagt? Mal schauen, wo wir in 15 bis 20 Jahren stehen. Vielleicht sollten wir ein bisschen auf die Innovationskraft unserer Ingenieure vertrauen. Und auf die Wachsamkeit der Verbraucherschützer, denn mit den Möglichkeiten steigen auch die Begehrlichkeiten.
"Die wollen mich doch nur abschalten können!"
Für viele Verbraucher sind die intelligenten Zähler ein rotes Tuch. Die Angst vor Eingriffen von außen ist groß und auch nicht völlig abwegig. Natürlich würden die Netzbetreiber möglichst viel regeln dürfen. Es ist schließlich günstiger, mal kurz ein paar Wärmepumpen zu drosseln, als neue Leitungen zu bauen.
Aber hier heben jetzt schon die Verbraucherzentralen den Finger und sagen: Wir sind nicht gegen das Regeln, aber es darf nicht gegen den Willen der Eigentümer geschehen. Und da sind wir wieder bei den intelligenten Zählern und variablen Tarifen. Wer selbstbestimmt und ohne äußere Eingriffe heizen oder laden möchte, der soll das auch tun dürfen, nur eben dafür einen höheren Preis zahlen. Wer Einschränkungen hinnimmt und sein Auto vielleicht nur zu bestimmten Überflusszeiten mit voller Leistung geladen bekommt, der zahlt weniger für seinen Strom.
Mit einem finanziellen Anreiz ist das in Ordnung. Wir möchten nur nicht, dass das irgendwie aufgezwungen wird und der Kunde keine Eingriffsmöglichkeit hat.
Das heißt: Bis die flexiblen Tarife flächendeckend verfügbar sind, einschließlich der intelligenten Messeinrichtungen, muss regulativ noch einiges beschlossen werden. Dazu gehört auch, wie Rechnungen auszusehen haben. Schließlich müssen auch diese Tarife irgendwie vergleichbar und die Rechnungen übersichtlich sein.
Was ist nun mit den Hilfen für Nachtspeicherheizungen?
Die Bundesregierung will die Energiepreisbremsen überarbeiten. Eine stärkere Entlastung soll es künftig für Menschen geben, die Nachtspeicher-Heizungen nutzen. Eine entsprechende Regelung hat das Bundeskabinett beschlossen, der Bundestag muss noch zustimmen.
Demnach führe die bisherige Regelung bei Privathaushalten, die eine elektrisch betriebene Heizung nutzen, teils zu keinen oder nur sehr geringen Entlastungen. Das erklärt das Bundeswirtschaftsministerium und verweist auf die stark gestiegenen Preise für Heizstrom. "Deshalb soll bei einem Verbrauch von weniger als 30.000 Kilowattstunden pro Jahr der Referenzpreis, also der Preis, zu dem Kunden 80 Prozent ihres Kontingents bekommen, für Heizstrom und Nachtstromtarife von 40 auf 28 Cent je Kilowattstunde gesenkt werden", heißt es in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums. Wer Fragen zu den Energiepreisbremsen hat, kann sich künftig auch an eine neue Hotline wenden, wie das Ministerium weiter mitteilte. Die kostenlose Nummer: 0800 78 88 900.
MDR (dvs/dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 15. März 2023 | 16:40 Uhr