Hände eines Mannes mit Wollhandschuh auf einem Heizkörper.
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Der Redakteur | 02.10.2024 Wenn nach dem Sommer die Heizkörper frösteln

02. Oktober 2024, 19:09 Uhr

Grundsätzlich sind Heizungsreparaturen etwas für Fachleute. Die Möglichkeiten des geneigten Heimwerkers sind also beschränkt, aber unter Umständen sehr wirkungsvoll, wenn es um kalte Heizkörper geht. Egal, ob nun ein einzelner Heizkörper nicht warm werden will oder alle zusammen über lauwarm nicht hinauskommen.

Woran hängt es bei einem einzelnen Heizkörper?

Den Fehler haben wir schon im Frühsommer gemacht, indem wir die Thermostate an den Heizkörpern komplett zugedreht haben. Damit ist eine gute Voraussetzung geschaffen, dass die Mechanik des Heizkörperventils über die Monate des Stillstands verkrusten und verklemmen kann.

Wenn das Thermostat komplett zugedreht wird, wird technisch gesehen ein kleiner Stift komplett in das Heizkörperventil reingeschoben, das unter dem Thermostat sitzt. Ist der Stift drin, ist der Heizkörper abgestellt. Heizen kann er nur, wenn der Stift draußen ist.

Reingedrückt wird er vom Thermostat, rausgedrückt von einer Feder. Ist die ermüdet oder gleitet der Stift nicht mehr ungehindert in seiner Führung, tritt genau dieser Fall auf, dass der Heizkörper nicht mehr richtig warm wird. Daher ist es ratsam, nach dem Ende der Heizperiode und dem Abstellen der Heizung alle älteren Thermostate komplett aufzudrehen.

Eine Hand dreht am Thermostat eines Heizkörpers
Thermostate an den Heizkörpern sollten im Sommer, wenn nicht geheizt wird, am besten voll aufgedreht werden. Bildrechte: colourbox.com

Wie bekomme ich Thermostate ab?

Das Thermostat ist mit Hilfe des großen silbernen Rings am Heizkörperventil angeschraubt. Das geht manchmal per Hand, gegebenenfalls muss man vorsichtig eine Rohrzange zu Hilfe nehmen und entgegen des Uhrzeigersinns drehen. Die Feder muss - bei abgeschraubtem Thermostat - den Stift nun circa einen Zentimeter rausgedrückt haben. Guckt er nicht raus, haben wir das Problem schon gefunden.

Man kann ihn durch vorsichtiges Drücken wieder gangbar machen. Aber nicht ziehen, dadurch kann das System undicht werden.

Dipl.-Ingenieur Björn Gesell

Kommt der Stift auch mit Unterstützung nicht von alleine wieder raus oder nur sehr gemächlich, könnte ein neuer Ventileinsatz helfen. Der kostet um die zehn Euro und die Angelegenheit ist auch in wenigen Minuten erledigt.

Vorsicht: Vielleicht doch besser den Fachmann hinzuziehen, denn vor dem Auswechseln müssen mindestens die Ventile des Heizkörpers unten im Fußbodenbereich geschlossen sein, sonst wird es ungemütlich nass.

Ein Heizungsmonteur montiert einen Heizkörper an einer Zimmerwand. 13 min
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Björn Gesell ist Ingenieur und arbeitet bei der Gebäudetechnik. Er erklärt, wie man den Raum warm bekommt. Denn manchmal klemmt einfach das Ventil.

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Was ist, wenn alle Heizkörper nur lauwarm werden?

Wenn mit der Heizung selbst alles in Ordnung ist, haben wir das berühmte "Loch" in der Übergangszeit. Die modernen Heizungen sind heute alle außentemperaturgeführt.

Bedeutet: Der "Bestimmer" sitzt draußen, in der Regel an einer Nordwand, damit die Sonne nicht draufscheint. Besonders im Herbst haben wir das Problem, dass die im Sommer ungenutzten Räume und deren Wände recht kühl sind, die Nächte sind es ebenfalls.

Bei rund 15 Grad Außentemperatur, die ja deutlich über winterlichen Temperaturen liegt, empfiehlt der Fühler der Heizung eine nur moderate Vorlauftemperatur. Im Ergebnis ist die an die Heizkörper gelieferte Wärmemenge zu gering, um die Grundwärme von Raum und Wänden rasch herzustellen.

Wäre die Vorlauftemperatur höher, würde in der gleichen Zeit mehr Wärme durch den Heizkörper fließen und an den Raum abgegeben werden können. Das Lösungswort heißt "Heizkurve".

Was ist die berühmte Heizkurve?

Wer in Mathematik aufgepasst hat, dem kommt die Heizkurve in den Heizungseinstellungen bekannt vor. Die X-Achse stellt die Außentemperatur dar, in Abhängigkeit davon kann man auf der Y-Achse die Vorlauftemperaturen einstellen. Es lässt sich der Anstieg, also die Neigung der Kurve, einstellen und das Höhenniveau der Kurve. Ist der Anstieg im unteren Außentemperaturbereich zu flach, also in der Regel ganz links, tritt genau unser Problem auf. Alternativ zur Änderung des Anstiegs kann man auch die Kurve als Ganzes nach oben schieben.

Wichtig: Bei moderner Brennwerttechnik ist der Spareffekt im zweistelligen Prozentbereich bezüglich des Verbrauchs größer, je niedriger die Vorlauftemperaturen sind. Deren richtige Höhe ist zudem abhängig vom Gesamtsystem, ob es sich zum Beispiel um ein Einrohrsystem handelt (alle Heizkörper hängen wie Eisenbahnwaggons hintereinander) oder um ein Zweirohrsystem, bei dem alle gleichberechtigt direkt ihr warmes Wasser bekommen und nicht das schon etwas erkaltete des Nachbarheizkörpers.

Sollte ich selbst an der Heizkurve "drehen"?

Diese Heizkurve ist eigentlich etwas für den Fachmann. Heizungsfachmann Björn Gesell sagt, wenn die Heizkurve angepasst ist an Heizungsart (zum Beispiel Heizkörper oder Fußbodenheizung) und an die Gebäudeeigenschaften bis hin zur Bauweise und der Rohrtechnik, dann sollte alles gut funktionieren.

Ob man nämlich mit eigenen Versuchen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohlfühlwärme und Verbrauch hinbekommt, ist fraglich. Für Sonderfälle - wie die Übergangszeit - gibt es bei vielen Heizungen analog zur "Partytaste", die ja nur die Heizzeit des Tages verlängert, eine Art "Behaglichkeitstaste". Die kann im Menü versteckt sein.

Man erhöht um ein bis drei Kelvin die Temperaturkennlinie und dann ist das Problem in den meisten Fällen behoben.

Dipl.-Ingenieur Björn Gesell

Die meisten Heizungen müssen dann per Hand zurückgestellt werden, es gibt aber auch welche, die nach 24 Stunden wieder in den Normalbetrieb gehen.

Eine Katze liegt auf einem Heizkörper
Das Temperaturempfinden ist relativ: Die einen mögen es muckelig warm, die anderen eher frisch. Bildrechte: PantherMedia/Murat Subatli

Der Heizkörper "glüht" – warum frieren wir trotzdem?

Wohlfühlwärme und Behaglichkeit entstehen nicht durch einen besonders heißen Heizkörper. Viel mehr nehmen wir die Temperaturen wahr, die Wände und Fensterflächen abstrahlen. Das kann man am einfachsten testen, indem man sich an einem kalten Tag vor eine Balkontür setzt.

Bedeutet: Sind die Wände kalt, fröstelt der Mensch, auch wenn das Thermometer in der Stube 23 Grad anzeigt. Erst wenn es die Luftwalze der Heizkörper geschafft hat, die Wände anzuwärmen, fühlen wir uns wohl.

Freiheit für unsere Heizkörper und Thermostate!

Heizkörperverkleidungen sind nicht nur modisch aus der Zeit gefallen. Energetisch sind sie wie Bremsen und Gasgeben gleichzeitig. Denn es wird die Strahlungswärme aufgehalten. Bei bis zum Boden zugestellten Heizkörpern oder mit aufgelegten Deko-Deckchen wird zudem das Konvektionsprinzip der Heizkörper ausgehebelt.

Damit es warm wird, muss die kühlere Luft unten in die Kanäle der Heizkörper hineingezogen werden können. Das passiert durch ganz banale Physik und die im Heizkörper aufsteigende angewärmte Luft. Die Konvektion trägt am meisten zum Heizen bei, erklärt Heizungsfachmann Björn Gesell.

Und auch das Thermostat mag es gern freizügig. Entsteht in einer Zimmerecke Stauwärme durch Regale oder Gardinen, schließt das Thermostat schon, bevor der Raum warm ist. Motto: In meiner Ecke ist es doch warm. Nur im Regal sitzt man doch eher selten.

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 02. Oktober 2024 | 16:40 Uhr

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