Energiewende Darum stehen Windräder manchmal trotz Wind still
Hauptinhalt
24. Juni 2024, 11:42 Uhr
MDR-AKTUELL-Nutzer Andreas Kriesche aus Altenburg beobachtet fast täglich, wie trotz Wind Windräder stillstehen – Kohlekraftwerke aber gleichzeitig weiterarbeiten. Warum ist das so?
- In der Regel sorgt ein großes Angebot an Windstrom zu einer Drosselung der Kohlekraftwerke.
- Kohlekraftwerke haben aber nach wie vor eine große – wenngleich geringer werdende – Bedeutung für die Netzstabilität.
- Um die Netze nicht zu überlasten, werden Windrad-Betreiber teilweise aufgefordert, ihre Anlagen anzuhalten. Dafür werden sie entschädigt.
- Nach Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck sollen diese Zahlungen reduziert werden.
Wenn unser Nutzer Andreas Kriesche unterwegs ist, kann er manchmal das Kraftwerk Lippendorf sehen. Aus den großen Schornsteinen kommt dann Dampf. Fährt er anschließend an Windrädern vorbei, stehen viele dagegen still. Trotz Wind.
Dienstleistungen des Kraftwerks zur Netzstabiltiät
In der Beobachtung stecken im Grunde zwei Fragen. Die erste: Warum läuft das Kohlekraftwerk, wenn es doch Windstrom gäbe? Stefan Kapferer verantwortet als Chef von 50Hertz das ostdeutsche Überlandstromnetz. Er sagt, die Beobachtung ließe sich nicht verallgemeinern. In der Regel führe viel Windstrom dazu, dass Kohlekraftwerke gedrosselt würden.
Es kann Gründe geben, dass das Kohlekraftwerk trotzdem läuft. Zum Beispiel Wärmeauskopplung aus dem Kohlekraftwerk. Oder Systemdienstleistungen, die erbracht werden. Das heißt: Dienstleistungen des Kraftwerks zur Netzstabilität kommen heute noch meistens aus konventionellen Kraftwerken.
Anteil der Kohle am gesamten Strom-Mix in Ostdeutschland bei 20 Prozent
Um das Stromnetz stabil zu halten, sind konventionelle Kraftwerke bislang unverzichtbar. Trotzdem nimmt ihre Bedeutung ab. Der Anteil der Kohle am gesamten Strom-Mix lag in Ostdeutschland zuletzt bei 20 Prozent. Dafür werden immer mehr Windräder gebaut. Die zweite Frage lautet nun: Warum drehen die sich trotz Wind nicht?
Evelyn Zaruba ist Sprecherin vom Netzbetreiber Mitnetz. Sie sagt, es gebe dafür unterschiedliche Gründe. "Zum einen kann es sein, dass Wartungen an den Windkraftanlagen durchgeführt werden. Zum anderen kann es sein, dass der Wind zu stark ist und die Windkraftanlagen sich selbst abschalten. Oder, dass bei sogenannten Netzengpässen die Windkraftanlagenbetreiber dazu aufgefordert werden, ihre Anlagen herunterfahren zu lassen."
Überproduktion an Strom: Windräder stehen still
Wegen des schnellen Ausbaus der erneuerbaren Energien wird gerade in Ostdeutschland häufig zu viel Strom produziert. Dann werden auch Windräder gestoppt. Sie lassen sich anders als Solaranlagen auf Privatdächern aus der Ferne gut steuern. Dadurch geht natürlich Ökostrom verloren. Doch die Verluste seien überschaubar, sagt 50Hertz-Manager Kapferer.
Der Anteil der Erneuerbaren, der im letzten Jahr abgeregelt worden sei, betrage im 50Hertz-Netzgebiet etwa drei Prozent, sagt Kapferer. "97 Prozent des Stroms wurden auch sinnvoll verwendet." Für die nicht genutzten Mengen bekämen die Windradbetreiber eine Entschädigung.
Die Mitnetz gab dafür vergangenes 30 Millionen Euro aus. Das Geld bezahlen alle Stromkunden über ihre Stromrechnung. Die Politik sucht nach Wegen, diese Entschädigungen zu reduzieren. Auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow erzählte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, wie er erreichen will, dass Ökostromanlagen künftig möglichst selten gestoppt werden.
Ausbau des Stromnetzes für überschüssigen Strom
Ab Oktober soll laut Habeck in den Gebieten, wo der Strom nicht im Netz aufgenommen werden kann – den starken Erzeugungsgebieten – eine zusätzliche Versteigerung durchgeführt werden, für zusätzliche Abnahmen wie Elektrolyse, Speichermedien, Kälte- oder Wärmespeicher. All das könne jetzt kommen – weitgehend befreit von Steuern, Abgaben und Entgelten.
So sollen kurzfristig Nutzer für überschüssigen Strom gefunden werden. Die Windräder können sich dann weiterdrehen, die Entschädigung entfällt. Auch der Ausbau des Stromnetzes soll helfen. Denn dann lässt sich der überschüssige Strom in Regionen transportieren, in denen es gerade Bedarf gibt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. Juni 2024 | 07:21 Uhr