Namibia, Kanada, Spanien Aus welchen Ländern Deutschland Wasserstoff importieren könnte

12. Juni 2023, 05:00 Uhr

Wasserstoff gilt als ein Schlüssel-Energieträger. Doch in Deutschland wird wohl nicht einmal die Hälfte des künftig benötigten Stoffes produziert werden. Stattdessen soll Wasserstoff importiert werden – etwa aus Afrika oder Nordamerika.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Lucas Grothe
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

  • Mit Kanada hat Deutschland bereits ein Wasserstoff-Abkommen, auch aus Südeuropa könnte künftig das Gas geliefert werden.
  • Auch in afrikanischen Staaten laufen Projekte an, zum Beispiel in Namibia. Das Land bietet wegen starker Winde und viel Sonne viel Potenzial für Erneuerbare Energien.
  • Gespräche führt Deutschland auch mit einer ganzen Reihe nordafrikanischer und arabischer Staaten.

Will Deutschland Wasserstoff künftig in größerem Stil als Energieträger nutzen, wird das Land nicht an großflächigen Importen vorbeikommen. Diese Erkenntnis hat sich in der Bundesregierung inzwischen durchgesetzt. Das zeigte etwa der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Mitte vergangenen Jahres in Kanada. Damals wurde mit dem nordamerikanischen Land ein Abkommen zur Lieferung von grünem Wasserstoff geschlossen.

Eine Absichtserklärung sieht vor, dass die deutschen Energiekonzerne Eon und Uniper ab 2025 in großem Stil klimaneutral hergestellten Wasserstoff aus Kanada importieren. Produzieren soll ihn ein kanadischer Projektentwickler. Bis zu 500.000 Tonnen von grünem Wasserstoff sollen dann pro Jahr in der Chemikalie Ammoniak gebunden nach Deutschland kommen.

Auch Südeuropa könnte Wasserstoff liefern

Kanada ist allerdings nur eines von mehreren Ländern, aus denen künftig Wasserstoff nach Deutschland kommen könnte. Auch Südeuropa kommt in Frage – etwa Spanien. Außerhalb der EU gibt es weitere Partnerschaften, allerdings ist keine davon bisher so konkret wie die mit Kanada. Forschungspartnerschaftsprogramme laufen unter anderem mit Neuseeland, Australien, Namibia und Südafrika. Generell werden West- und Südafrika als Standorte mit großem Potenzial für die Produktion von Erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne gesehen. Denn um grünen Wasserstoff herzustellen, muss vorher Strom aus Erneuerbaren Energien hergestellt werden.

Wasserstoff-Projekt in Namibia

"Derzeit gibt es eine intensive Wasserstoff-Diplomatie, an der mehrere Bundesministerien beteiligt sind“, sagt Franziska Müller dem MDR. Sie ist Juniorprofessorin für Politikwissenschaften an der Uni Hamburg und untersucht in einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt, welche Risiken in möglichen Wasserstoff-Exportländern beachtet werden müssen. Mit manchen Staaten gebe es schon konkrete Energiepartnerschaften, über andere werde noch verhandelt, sagt Müller. Am konkretesten sehe es in Namibia aus, dort gibt es Pläne für riesige Photovoltaik- und Windenergieanlagen in der Wüste. Beteiligt ist auch ein deutsches Unternehmen.

Namibia, aber auch Angola haben bei günstig produziertem Wasserstoff gute Chancen.

Franziska Müller Politikwissenschaftlerin

Mit Saudi-Arabien habe Deutschland bisher einen Energiedialog und eine gemeinsame Absichtserklärung zu Wasserstoff, mit Kanada eine Energiepartnerschaft plus Wasserstoff-Allianz, mit Marokko eine Energiepartnerschaft, mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Ukraine ebenfalls eine Energiepartnerschaft, mit Kasachstan bisher nur einen Energiedialog und einen Wasserstoffdialog.

"Derzeit läuft ein Wettbewerb, wer den günstigsten Wasserstoff produzieren kann. Namibia, aber auch Angola haben da gute Chancen", sagt Müller. Auch Mauretanien habe Chancen. 

Laut Bundesregierung werden wohl 50 bis 70 Prozent des in Deutschland benötigten Wasserstoffes importiert werden – etwa per Schiff oder Pipeline. Dabei gibt es laut Müller aber noch viele Probleme bei der Transportlogistik zu lösen. "Die bisher angestrebten Zeitpläne halte ich daher kaum für realistisch", sagt sie. Wichtig sei es zudem, etwa Zertifikate für Wasserstoff zu entwickeln. Nur so könne gewährleistet werden, dass bei der Produktion Sozial- und Umweltstandards eingehalten worden seien.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. Juni 2023 | 08:18 Uhr

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