Treuhand-Netzwerke Von TAKRAF zur Deutschen Bahn: Wie das Netzwerk der Treuhand-Manager immer größer wurde
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01. Februar 2021, 14:58 Uhr
Von Anfang an prägten persönliche Kontakte und Netzwerke die Treuhandanstalt. Viele westdeutsche Manager, die nach Ostberlin gingen, holten früher oder später Weggefährten nach. Eine Analyse von Treuhanddokumenten und Handelsregisterdaten zeigt nun: nach der Treuhandzeit wurde dieses Netzwerk sogar noch größer und reicht bis tief in zahlreiche westdeutsche Konzerne.
Die Netzwerke der deutschen Wirtschaft sind eng mit der Treuhandanstalt (THA) verbunden. Als diese 1990 ihre Arbeit aufnahm, fehlte es an Personal aus der DDR, das sich mit der Marktwirtschaft auskennt – und das wurde oft durch persönliche Kontakte gewonnen. So holte zum Beispiel der erste Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder Manager aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin. Seine Nachfolgerin Birgit Breuel, vorher Finanzministerin in Niedersachsen, setzte ebenfalls auf ihre Kontakte in Politik und Wirtschaft. Viele alte Bekannte trafen sich in der Treuhand wieder.
Analyse ermöglicht Netzwerk-Grafik
Eine Analyse von Treuhand-Dokumenten ermöglicht nun eine grafische Darstellung dieses Netzwerkes der Treuhand (siehe Grafik 1). Zunächst: Die Treuhand hatte etwa 4.000 Mitarbeiter. Für etwa 300 davon lässt sich ein inneres Netzwerk der festen Mitarbeiter darstellen. Die Punkte in der Mitte sind dabei die einzelnen Bereiche der Treuhand wie Vorstand, Verwaltungsrat und Wirtschaftsbereiche (Chemie, Textil oder Maschinenbau). Diese Bereiche sind im näheren Umfeld verbunden mit weiteren festen Treuhandmitarbeitern (weiß).
Handelsregister: Das Treuhand-Netzwerk wächst
Ein Abgleich mit Daten aus den Handelsregistern der letzten 30 Jahre zeigt nun: das Netzwerk wurde nach der Treuhandzeit noch größer. Die früheren Mitarbeiter gründeten gemeinsam neue Firmen oder trafen sich über gemeinsame Führungsposten wieder. So ist bis heute ein eigenes Geflecht entstanden. Ein Beispiel ist der frühere Kaufhof-Vorstand Jens Odewald, später Chef des Treuhand-Verwaltungsrates. Er holte später Treuhand-Vizepräsident Hero Brahms ebenfalls in den Kaufhof-Vorstand. Außerdem beteiligte sich Odewald später auch mit anderen Ex-Treuhandmanagern an Unternehmen.
Größtes Teilnetzwerk: Deutsche Bahn AG
Viele der Treuhandköpfe wurden später Unternehmensberater, sie sammelten sich vor allem bei PriceWaterhouseCoopers. Das größte sichtbare Teilnetzwerk entstand allerdings bei der Deutschen Bahn. In der Logistiksparte trafen sich mindestens neun hochrangige Treuhand-Manager wieder, zum Beispiel Horst Föhr, Ex-Personalvorstand der Treuhand. Selbst Nikolaus Breuel, der Sohn von Birgit Breuel, findet sich hier als Kontaktperson wieder, als DB-Vorstand für Fernverkehr. In diesem Netzwerk (rot) kommen zahlreiche Personen hinzu, die mit mehreren Treuhand-Personen in Kontakt stehen und gemeinsam ein neues Netzwerk bilden.
Treuhand-Netzwerk ist westdeutsch
Doch es gibt eine Besonderheit, die für alle Treuhandmanager gilt: Zwar arbeiteten und wirkten die meisten in Ostdeutschland, also in ehemaligen VEB oder in Niederlassungen der Treuhand. Doch bis heute ist es eher ein westdeutsches Netzwerk geblieben. Die Wohnorte der Personen, aber auch die Firmensitze der gemeinsamen Firmen befinden sich vor allem in den alten Bundesländern oder in Berlin.
Vorgehensweise:
Zunächst wurden in Treuhand-Dokumenten etwa 750 feste Mitarbeiter der Treuhandanstalt recherchiert. Diese Namen wurden mit Handelsregisterdaten der letzten 30 Jahre abgeglichen. Verbindungen ergaben sich zunächst durch Unternehmen, in denen die jeweiligen Personen als Eigentümer, Geschäftsführer oder Prokuristen angegeben waren. Hinzu kommen weitere Personen, die in Verbindung mit mehreren Ex-Treuhandmitarbeiter stehen und das Netzwerk weiterwachsen lassen. Die Darstellung ermöglichte die offene Grafik-Plattform Gephi.
Dieses Thema im Programm: Treuhand - ein deutsches Drama | 10. März 2020 | 20:15 Uhr