Energiewendekosten Strom in ländlichen Gebieten teurer als in Städten

20. Juli 2023, 15:04 Uhr

Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle für den Strompreis in Deutschland – das zeigt sich in einer Analyse des Vergleichportals Verivox. Besonders deutlich wird dies in Thüringen, aber auch in Schleswig-Holstein. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke nennt die Energiewendekosten als Grund für die Preisunterschiede.

In den ostdeutschen Bundesländern ist der Strom teurer als in Westdeutschland – insbesondere für die Menschen, die in ländlichen Gebieten wohnen.

Eine Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt: Innerhalb fast aller neuen Bundesländer gibt es eine deutliche Stadt-Land-Kluft. Spitzenreiter des Vergleichs ist Thüringen – hier zahlen Landbewohner zehn Prozent mehr für Strom als Städter. Nur in Brandenburg spielt die Einwohnerdichte eine untergeordnete Rolle. 

Strom auf dem Land teurer

Das Vergleichsportal rechnet ein Beispiel vor: Ein Musterhaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden bezahlt in der Stadt bundesweit durchschnittlich 1.572 Euro pro Jahr. Für die gleiche Menge Strom werden auf dem Land 1.606 Euro fällig und damit 2,2 Prozent (plus 34 Euro) mehr.  

Besonders ausgeprägt ist das Stadt-Land-Gefälle in Ostdeutschland. Hier beträgt der Preisunterschied durchschnittlich 6,4 Prozent (plus 104 Euro), während sich die Stromkosten im Westen im Schnitt die Waage halten. 

Starkes Stadt-Land-Gefälle in Thüringen

Am stärksten von hohen Strompreisen betroffen sind Haushalte in ländlichen Gebieten in Thüringen. Die Landbevölkerung bezahlt hier durchschnittlich 1.856 Euro und damit zehn Prozent mehr als Stadtbewohner (1.687 Euro). Vergleichsweise groß sind die Unterschiede auch in Schleswig-Holstein (+9,3 Prozent), im Saarland (+4,7 Prozent) und in Mecklenburg-Vorpommern (+4,3 Prozent). 

Auch in Sachsen-Anhalt zahlen die Bewohner auf dem Land mit 1.592 Euro durchschnittlich rund 3,6 Prozent mehr als Städter (1.536 Euro). In Sachsen sind die Unterschiede kaum spürbar. In den ländlichen Regionen des Freistaats kommt der Musterhaushalt im Schnitt auf jährliche Stromkosten von 1.611 Euro und zahlt damit nur geringfügig (0,9 Prozent) mehr als die Stromverbraucher in den Städten, die für 4.000 Kilowattstunden durchschnittlich 1.596 Euro ausgeben müssen.

Deutlich günstiger als in der Stadt haben es die Bewohner ländlicher Gebiete in Bayern (-5,7 Prozent), Baden-Württemberg (-3,9 Prozent), Hessen (-3,3 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (-3 Prozent). 

Unterschiedliche Netzentgelte bestimmen Strompreis 

Ein Grund für das Stadt-Land-Gefälle sind Verivox zufolge die unterschiedlichen Netzentgelte, die rund 22 Prozent des Strompreises ausmachen. Ursachen für die regional unterschiedlichen Netzentgelte sind Faktoren wie die Industrie- und Bevölkerungsdichte, aber auch die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Netzkosten sind in den vergangenen zehn Jahren bundesweit um rund 37 Prozent gestiegen.

Woidke: Unfaire Verteilung der Energiewendekosten

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat eine Benachteiligung der Landbevölkerung durch eine unfaire Verteilung der Energiewendekosten beklagt. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte er, die Netzentgeltregelung in Deutschland schaffe hier einen "eindeutigen Fehlanreiz". Denn die Netzbetreiber würden die Anschlusskosten für neue Wind- und Solaranlagen in der Region umlegen, was Gegenden mit geringerer Industrie- und Bevölkerungsdichte benachteilige.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. Juli 2023 | 11:00 Uhr

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