EU-Sanktionen Was passiert mit den drei russischen Antonovs am Flughafen Leipzig/Halle?
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28. August 2023, 05:00 Uhr
Seit 2014 hat der Westen Sanktionen gegen Russland verhängt – zunächst als Reaktion auf die Annexion der Krim, seit dem Ukraine-Krieg werden diese Sanktionen immer wieder ausgeweitet. Das beschäftigt auch MDR AKTUELL-Hörer Denis Plicka. Er hat Fragen zu drei russischen Antonovs am Flughafen Leipzig/Halle, die seit den Sanktionen nicht starten dürfen. "Wer trägt hierfür eigentlich die Kosten, auch für die Wartung? Und ändern sich irgendwann die Eigentumsverhältnisse?"
- Die russische Fluggesellschaft Volga-Dnepr muss dem Flughafen Leipzig/Halle Parkgebühren für die drei gestrandeten Antonovs zahlen.
- Auch am Flughafen Toronto steht ein russisches Flugzeug, welches aber von Kanada beschlagnahmt wurde.
- Eine Beschlagnahmung der Maschinen am Flughafen Leipzig/Halle kommt derzeit nicht in Frage.
Auf dem Flughafen Leipzig/Halle kommen sich russische und ukrainische Flugzeuge mitunter recht nahe. Denn beide Länder lassen dort ihre riesigen Frachtflieger der Marke Antonov warten.
Drei russische Antonovs sitzen am Flughafen Leipzig/Halle fest
Die drei russischen Antonovs sitzen allerdings fest. Sie dürfen nicht mehr abheben, seitdem die EU ihren Luftraum für russische Airlines gesperrt hat, erzählt Flughafensprecher Uwe Schuhart: "Als die EU-weiten Sanktionen in Kraft traten, waren die Maschinen, die jetzt hier stehen, auch nicht flugfähig aufgrund der Wartungsarbeiten, die hier durchgeführt wurden. Insofern sind sie weiter hier geparkt. Und der Betreiber der Maschinen entrichtet für die Maschinen auch weiterhin die Parkgebühren."
Der Betreiber ist die russische Fluggesellschaft Volga-Dnepr. Wieviel Parkgebühren sie bezahlt, verrät der Flughafen nicht. Nach regulärer Entgeltordnung wären mehr als 1.000 Euro je Flieger fällig – täglich. Womöglich aber haben beide Seiten einen langfristigen und günstigeren Parkvertrag geschlossen.
Auch andere Flughäfen haben gestrandete Antonovs
Leipzig/Halle ist nicht der einzige Flughafen mit gestrandeten Antonovs. Auch im kanadischen Toronto steht eine Maschine der Russen. Für den Professor für internationales Handelsrecht, Christian Tietje, ist das ein spannendes Detail: "In Kanada wurde vor etwa einem Jahr erstmals weltweit ein Gesetz erlassen, das die Enteignung ohne Entschädigung russischen Vermögens unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Nach meinem Kenntnisstand hat das bislang kein anderer Staat."
Auf Grundlage dieses Gesetzes hat Kanada die russische Antonov beschlagnahmt. Sie soll der Ukraine als Entschädigung vermacht werden. Die Russen protestieren dagegen. In einer Pressemitteilung erinnert die Fluggesellschaft Volga Dnepr daran, dass das Flugzeug in der Pandemie 60 Tonnen Corona-Tests nach Kanada geflogen habe. Sie schreibt, man verlange die Antonov zurück. "Wenn die Streitigkeit nicht innerhalb von sechs Monaten (…) beigelegt wird, wird Volga-Dnepr Airlines formell ein Schiedsverfahren einleiten." Die Fluggesellschaft will also vor ein internationales Gericht ziehen. Ausgang offen.
Könnte man die drei Antonovs in Leipzig beschlagnahmen?
Handelsrechtler Tiedje fände es falsch, auch die Antonovs in Leipzig zu beschlagnahmen. Das sei weder mit dem deutschen Grundgesetz noch mit der europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Das Motiv, man wolle der Ukraine helfen, reiche nicht aus. "Dieses russische Unternehmen ist ja nicht als solches selbst für die Kriegsschäden in der Ukraine verantwortlich. Verantwortlich ist der russische Staat, der völkerrechtswidrig hier eine Aggression begangen hat. Er hat Reparationen zu leisten, der russische Staat, aber nicht das Privatunternehmen. Es sei denn, man kann nachweisen, dass dieses Unternehmen unmittelbar den Krieg von Putin finanziert oder ähnliches. Dazu ist mir aber nichts bekannt."
Der langjährige Eigentümer der Volga-Dnepr-Gruppe, Aleksey Isaikin, hat sich angeblich zurückgezogen. Wer das Unternehmen jetzt führt, ob der Oligarch im Hintergrund noch Strippen zieht, ist unklar. Derweil stehen die drei russischen Antonovs weiter am Flughafen Leipzig/Halle herum. Sie werden davon nicht besser. Flugzeuge müssen regelmäßig geflogen und durchgecheckt werden. Vorm nächsten Start dürfte eine Generalüberprüfung fällig werden. Auch die muss dann der Eigentümer bezahlen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. August 2023 | 06:00 Uhr