recap Low-Budget war mal: Urlaub teuer wie nie

28. Juli 2023, 16:26 Uhr

Ob Griechenland, Italien, deutsche Ostsee oder Ägypten: Hotels, Ferienhäuser und Flüge kosten dieses Jahr richtig viel Geld. Urlauber müssen im Vergleich zum Vorjahr zwischen 20 und 50 Prozent mehr bezahlen. Viele können sich das nicht mehr leisten. Bereichern sich Fluggesellschaften und Reiseunternehmen an unserer Reiselust nach Corona? Und bleibt Urlaub auch in Zukunft so teuer?

Nur ein Beispiel: 4.500 Euro für zwei Wochen Ostsee-Urlaub in einem Ferienhaus – so viel sollte eine Familie aus Chemnitz bezahlen, um ihren Urlaub am Meer zu verbringen. Viele haben das Geld dafür nicht. Jeder Fünfte kann sich in Deutschland gar keinen Urlaub mehr leisten. Das betrifft vor allem Alleinerziehende und Rentner. Viele fahren kürzer weg oder sparen vor Ort.

Mit drei Kindern ist für uns ein Ferienhaus nicht mehr bezahlbar – geschweige denn zu fliegen oder Hotels mit Verpflegung zu buchen.

Sophie Bauer, mdrfragt-Community

So auch Sophie Bauer aus Magdeburg. Mehr als zwei Wochen Zelturlaub im Jahr sind für ihre Familie nicht mehr drin. "Mit drei Kindern ist für uns ein Ferienhaus nicht mehr bezahlbar – geschweige denn zu fliegen oder Hotels mit Verpflegung zu buchen."

Im Urlaub muss gespart werden. "Wir kochen selber, wir gehen auch nicht essen. Wir sparen an allen Ecken und Enden ein. Die Ausflüge wollten wir auch minimieren. Wir haben uns deshalb einen Zeltplatz gesucht, der einen Spielplatz hat und am Strand ist. Sodass man Beschäftigung hat, ohne extra Geld ausgeben zu müssen."

Auch der beliebte Strandurlaub in Südeuropa oder Nordafrika ist teuer geworden. Pauschalreisen nach Spanien, Griechenland oder Portugal sind etwa 20 bis 30 Prozent teurer als vor Corona. Noch schlimmer ist es in der Türkei, in Ägypten oder in Tunesien – da sind die Preise fast doppelt so hoch.

Warum ist Urlaub so teuer?

Die Gründe sind vielfältig: Inflation und Corona sind zwei. Alles ist teurer geworden: Lebensmittel, Energie. Die Pandemie hatte die Geschäfte der Reisebranche zum Erliegen gebracht. Mit Folge, die bis jetzt spürbar sind. Noch immer ist das Angebot knapp. Heißt, Reiseunternehmen haben geringere Kontingente gekauft, auch aus Unsicherheit, sie im Notfall nicht mehr verkauft zu bekommen.

Außerdem verknappt auch der Personalmangel das Angebot. Viele Hotels und Restaurants könnten gar nicht im vollem Umfang ihren Service anbieten, sagt Tourismus-Ökonom Matthias Firgo von der Hochschule München. Das geringe Angebot trifft dabei auf eine hohe Nachfrage. Nach Corona wollen viele wieder in den Urlaub fahren oder fliegen. Im letzten Jahr sind die Reiseausgaben der Deutschen auf einen neuen Rekordwert gestiegen – das wird auch für 2023 erwartet.

Vor allem Flüge sind derzeit teuer. Das Statistische Bundesamt hat bei internationalen Flügen einen Preisanstieg von knapp 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erkannt. Auch hier, weil das Angebot knapper geworden ist. Es blieben derzeit mehr Flugzeuge als sonst am Boden, sagt Tourismusökonom Firgo. Weil die Lieferketten für Ersatzteile immer noch nicht so funktionierten wie vor der Pandemie. Und wegen der Sperrung des russischen Flugraums müssen teilweise weite Umwege geflogen werden. Die Preise für Flüge nach Asien sind daher am stärksten gestiegen.

Doch nicht immer ist der weitere Flug automatisch teurer. Das Preisvergleichsportal Idealo hat für ARD Plusminus ausgerechnet, dass ein Flug ins ägyptische Sharm el Sheikh im Juli rund 720 Euro gekostet hat. Ins fast doppelt so weit entfernte New York dagegen "nur" 716 Euro. Wie kann das sein?

Werden wir abgezockt?

"Es gibt zahlreiche europäische und amerikanische Airlines, die über den Atlantik fliegen, was im Sommer aber nur auf eine moderate Nachfrage trifft. Viele Dienstreisen finden nicht statt und die Menschen möchten an die klassischen Warmwasserziele reisen", erklärt Sandra Dotan von Idealo.

Natürlich verdienen Airlines und Reiseunternehmen mit den hohen Preisen gerade viel Geld, worüber sie sich nach Corona auch sehr freuen. Aber sie haben auch mit gestiegenen Personalkosten, Streikausfällen und teurem Kerosin zu kämpfen. Tourismusökonom Matthias Firgo sieht jedenfalls keine Abzocke. Weil man als einzelner Anbieter nicht einfach die Preise erhöhen könne, sagt er. "Wenn mein Konkurrent nicht mitmacht, dann wird der Konkurrent günstiger sein als ich und dann werden die Leute eher beim Konkurrenten kaufen."

Bleibt Urlaub so teuer?

Fliegen wird mit Sicherheit nicht billiger, sagt Firgo. Er geht davon aus, dass Urlaub insgesamt teuer bleibe. Aber solche Preisexplosionen wie jetzt würden wir wohl so schnell nicht wieder erleben. Allerdings: "Man muss davon ausgehen, dass wir die Preise, die wir vor der Pandemie hatten, vor ein paar Jahren hatten, dass wir die nie wiederkriegen."

Man muss davon ausgehen, dass wir die Preise, die wir vor der Pandemie hatten, nie wiederkriegen.

Matthias Firgo, Tourismusökonom Hochschule München

Um noch irgendwie sparen zu können, empfiehlt Firgo, so früh wie möglich zu buchen. Last Minute bedeutet bei der derzeit hohen Nachfrage, dass die letzten verfügbaren Plätze im Flieger oder Hotelzimmer fast versteigert würden.

Dieses Thema im Programm: recap bei YouTube | 28. Juli 2023 | 17:00 Uhr

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