Altenpflege Personalmangel, dann teure Leiharbeit – warum Pflegeheime pleite gehen
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10. Februar 2024, 08:46 Uhr
Insolvenzen von Pflegheimen sind nach Einschätzung der Allgemeinen Ortskrankenkasse vor allem auf den Personalmangel zurückzuführen. Die Bereichsleiterin für Pflege der AOK Plus, Claudia Schöne, sagte MDR AKTUELL, das führe bei den Betreibern zu weiteren Kosten, da sie mit teuren Leiharbeitnehmern gegensteuerten. Außerdem könnten nicht alle Plätze in den Heimen wegen des Mangels genutzt werden, was zu finanziellen Verlusten führe.
- Bundesweit haben 2023 insgesamt 66 Pflegeheime geschlossen.
- Eine Sprecherin der AOK macht den Personalmangel für die Unwirtschaftlichkeit der Heime verantwortlich.
- Kritik gibt es an dem Modell privat betriebener Heime.
Die Hoffnung starb kurz vor Weihnachten. Damals machte die Nachricht die Runde, dass das Pflegeheim Muldentalstift im sächsischen Naunhof schließen muss. Fast ein Jahr hatten die Beschäftigten auf Rettung gehofft. Vergeblich. Pflegekräfte wie Tina Franke wandten sich an die Öffentlichkeit: "Es sind immerhin 76 Bewohner, die hier ihr Zuhause verlieren. Um die wir jetzt bangen müssen, dass die alle ein neues Zuhause finden. Oder dass wir gemeinsam ein neues Zuhause finden."
Naunhof ist kein Einzelfall. Zum Jahreswechsel traf es eine Pflegekette aus Zerbst. Auch in Riesa ging ein Heim pleite. Laut pflegemarkt.com machten vergangenes Jahr bundesweit 66 Pflegeheime zu. Dafür gebe es viele Gründe, sagt Markus Sutorius von der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen: "Der erste Grund ist tatsächlich die Kostenerhöhung, die solche Pflegeeinrichtungen in den letzten Jahren mitmachen mussten. Das lag zum einen daran, dass Pflegeeinrichtungen seit September vorletzten Jahres nach Tarif bezahlen müssen. Wenn Sie das also nicht getan haben, dann haben sie eine massive Personalkostensteigerung gehabt in der Zwischenzeit." Außerdem seien die Kosten für Strom, Wärme und Essen gestiegen.
Sprecherin der AOK macht Personalmangel verantwortlich
Obwohl man als Pflegekraft heute besser verdiene als früher, sagt Sutorius, fänden viele Heime noch immer schwer Personal. Und das, ergänzt Claudia Schöne von der Pflegekasse AOK Plus, führe bei den Betreibern zu weiteren Kosten. "Mitunter wird mit sehr teurem Leiharbeitnehmer-Personal gegengesteuert. Das kann man sich aber so auf Dauer nicht leisten. Oder es ist tatsächlich so, dass die Teams so ausgedünnt sind, dass nicht alle Plätze, die im Haus vorhanden sind, auch betreut werden können mit dem Pflegepersonal. Und damit geht natürlich die Auslastung zurück."
Ein nicht voll belegtes Heim trägt sich aber oft nicht. Für Schöne ist der Personalmangel deshalb einer der Hauptgründe, warum sich manche Heime nicht halten. Eine generelle Unterfinanzierung sieht die AOK-Plus-Vertreterin nicht. Trotz der Insolvenzen wachse die Zahl der Heimplätze: "Wir haben in Sachsen 710 Pflegeheime und wir haben über das letzte Jahr sechs Schließungen gehabt, aber sieben Neueinrichtungen."
Privater Betrieb von Pflegeheimen steht in der Kritik
Gleichwohl, sagt Schöne, sei eine Insolvenz für die Bewohner dramatisch. Das sieht auch Verdi Mitteldeutschland so. Gewerkschaftssekretärin Manuela Schaar stellt deshalb privat betriebene Pflegeheime generell infrage: "Wenn ich nicht möchte, dass ein Pflegebetrieb aus finanziellen Schwierigkeiten heraus den Betrieb einstellt, dann muss ich mir überlegen, ob die privatwirtschaftlich betrieben werden sollen. Kommunale Einrichtungen sind von Pleiten eher wenig betroffen, weil die Arbeitsplätze dahingehend abgesichert sind, dass sie eben zur Kommune gehören und sich eine Kommune kümmert."
Auch Markus Sutorius sagt, in der Wirtschaft müsse man immer mit Insolvenzen rechnen. Oft müssten Heimbetreiber allerdings auch lange auf staatliches Geld warten, das ihnen eigentlich zusteht. Das schaffe man zusätzlich Probleme und sollte man ändern. "Man könnte auch zum Beispiel die Insolvenzen dadurch abfedern, dass man ähnlich wie im Reisebereich die Einrichtungsträger verpflichtet, eine Insolvenzversicherung abzuschließen, sodass die Folgen von Insolvenzen auf die Art und Weise abgefedert werden können."
Den Bewohnern im Muldentalstift Naunhof hilft diese Diskussion nichts mehr. Ende März müssen sie ausgezogen sein.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 09. Februar 2024 | 06:09 Uhr
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