Frau mit blauer Brille und blonden Haare, trägt ein schwarz-weiß gestreiften Blazer und lächelt.
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Maria Christina Rost Das plant Sachsen-Anhalts neue Datenschutzbeauftragte

09. September 2024, 10:46 Uhr

Seit August ist Maria Christina Rost Sachsen-Anhalts Landesbeauftragte für den Datenschutz. Damit ist eine jahrelange Hängepartie in dem Amt beendet. Wie sie die aus der Ferne wahrgenommen hat und was sie in ihrer Amtszeit vor hat, verriet sie in ihrem ersten großen Interview im Podcast "Digital leben" von MDR SACHSEN-ANHALT.

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
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Maria Christina Rost ist 49 Jahre alt. Ihr Markenzeichen: farbenfrohe Brillen, die sie sogar täglich wechseln kann. Seit dem 1. August ist Rost Sachsen-Anhalts Landesdatenschutzbeauftragte – die erste Frau in diesem Amt. Im April war sie vom Landtag gewählt worden.

Die letzte erfolgreiche Wahl eines Datenschützers gab es 2010 – damals hieß der Ministerpräsident noch Wolfgang Böhmer. Der 2010 gewählte Datenschützer – Harald von Bose – war bis 2017 im Amt und ist 2020 in den Ruhestand gegangen. Seitdem hatte es bei der Wahl eines neuen Datenschutzbeauftragten mehrfach Hängepartien im Landtag gegeben. Auch der Stellvertreter, der die Behörde bis August leitete, fiel durch.

Hängepartie in Sachsen-Anhalt: unglücklich und unfair für den Datenschutz

Nun also Maria Christina Rost; die Familienangehörige hat, die zu DDR-Zeiten aus Halle in den Westen geflohen sind. Die jahrelange Hängepartie um den Datenschutzbeauftragten in Sachsen-Anhalts Landtag nennt sie unglücklich. "Und für den Datenschutz im Grunde auch unfair. Denn er ist nicht der Verhinderer, wie man denken könnte." Weshalb die Wahl aber so lange nicht gelang – darauf hat Rost keine Antwort. "Aber die Erleichterung bei meiner Wahl war zu spüren: Der ganze Plenarsaal hat aufgeatmet. Das war ein schöner Moment", sagt Rost in ihrem ersten Interview im Podcast "Digital leben" von MDR SACHSEN-ANHALT.

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Worüber Maria Christina Rost in der Folge noch spricht

Ihre CDU-Mitgliedschaft hätte bei ihrer Wahl vielleicht eine Rolle gespielt, sagt Rost, die für Hessens CDU im Juni noch zur Europawahl antrat – allerdings auf einem wenig aussichtsreichen Listenplatz. "Primär spielte aber eine Rolle, dass ich in der Datenschutz-Szene bekannt und gut vernetzt bin." Rost hat seit 2012 beim hessischen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gearbeitet und dort die Stabsstellen Öffentlichkeitsarbeit und Justiziariat geleitet.

Rechtsanwältin, Behörden in NRW und Hessen – das ist Maria Christina Rost

"Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, nach Sachsen-Anhalt zu gehen und ich habe gesagt, ich werfe meinen Hut in den Ring." Sie sei beruflich an einer Stelle gewesen, an der sie sich weiterentwickeln wollte. "Ich wollte mehr mitgestalten und dann nahm das seinen Lauf", sagt Rost, die auch in der Verwaltung des Hessischen Landtags, im Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen und als Rechtsanwältin gearbeitet hat.

Auf ihren ersten Tag im Amt sei sie unglaublich gespannt gewesen. Die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sie sehr gut aufgenommen. Sie hofft auf fünf weitere Stellen – mehr Mitarbeiter, das hatten bereits alle Datenschützer vor ihr bereits gefordert; vor allem als die Datenschutzgrundverordnung der EU in Kraft trat. Damals hätte die Datenschutzgrundverordnung "ein totales Chaos ausgelöst", sagt Rost. Aber mittlerweile seien die wesentlichen Fragen geklärt.

Als ihre Aufgabe sieht sie zum Beispiel, den Industrie- und Handelskammern Checklisten und Infos zum Datenschutz zu geben. Sie plant auch, praktische Tipps für Bürgerinnen und Bürgern – zum Beispiel per Videokonferenz. Und Rost kann sich vorstellen, dass ihre Behörde auf dem nächsten Sachsen-Anhalt-Tag dabei ist. "Das haben wir in Hessen auch gemacht", sagt Rost im Podcast "Digital leben" von MDR SACHSEN-ANHALT. In dem Interview geht es auch um ihr weiteres Amt: Rost ist nämlich auch Beauftragte für die Informationsfreiheit im Land und soll sicherstellen, dass alle amtlichen Informationen als allgemein zugängliche Quellen gelten.

Aktuell sieht ihre Behörde viele Beschwerden wegen Kameras im öffentlichen Raum. "Im vergangenen Jahr gab es 341 Anfragen und 170 Beschwerden über Videoüberwachung im öffentlichen Raum, vor Ministerien oder Supermärkten." Mit Smarthome-Anwendungen könnten die Beschwerden steigen: Ist eine Klingel mit Videokamera ausgestattet und überträgt das Signal in eine Cloud, müsse man fragen, ob das erforderlich sei, sagt Rost. "Wenn die erste Beschwerde kommt, müssen wir uns das technisch ansehen."

KI und Datenschutz

Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) halten weiter Einzug in der Geschäftswelt. In der EU ist dazu vor kurzem eine KI-Verordnung in Kraft getreten. Nach der sollen unterschiedliche Regeln gelten – je nachdem, in welchem Bereich KI eingesetzt wird. "Bei Bewerbungsgesprächen ist KI natürlich deutlich schwieriger", sagt Rost. Ihr Datenschützer-Herz würde einiges unglücklich finden. "Ich bin auch unglücklich, wenn ganz viele personenbezogene Daten in die Modell gesteckt werden, die auch noch personenbeziehbar sind."

Nutzerinnen und Nutzer müsse man aufklären, dass sie einer KI keine personenbezogenen Daten geben und ChatBots wie ChatGPT damit fütterten. KI wird wohl dazu führen, dass sich der Datenschutz weiterentwickelt: Einige Begriffe müssten noch endgültig definiert werden. "Aber ich denke, wenn man den Datenschutz bei KI von Anfang mitdenkt, auch beim Aufsetzen der Modelle, haben wir eine gute Chance, dass er auch mit dabei ist."

Noch ist unklar, wer beaufsichtigt, ob die KI-Verordnung der EU eingehalten wird. "Da haben wir uns als Datenschutzaufsichtsbehörden angeboten, weil wir sowieso mit dem Thema befasst sind." Interessant würde es ab 2026 werden, wenn Firmen KI-Produkte auf den Markt bringen wollen – die müssten sie nämlich bewerten lassen. Dafür verspricht Rost, dass alle Landesdatenschützer mit einer Stimme sprechen. In der Vergangenheit wirkte es mitunter so, dass Datenschützer verschiedener Bundesländer zu verschiedenen Ansichten kämen: "Das sollte nicht passieren, auch wenn es uns immer wieder vorgeworfen wird. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg."

Die Datenschutzbeauftragte und die Landesregierung

Datenschützer und Ministerien geraten immer wieder aneinander. Schon länger schwelt der Konflikt über die Social-Media-Auftritte von Regierungen. Die sächsische Datenschutzbeauftragte hat der Staatskanzlei in Dresden die Nutzung von Facebook untersagt und auch der Bundesdatenschützer geht gegen das Bundespresseamt vor, das für die Bundesregierung Social Media bespielt. Der Vorwurf: Die offiziellen Accounts seien eigentlich verantwortlich dafür, wie Facebook die Daten der Bürger verarbeitet. Darüber werden nun Gerichte entscheiden.

Maria Christina Rost sagt dazu: "Es ist grundsätzlich schwierig, das datenschutzkonform zu betreiben und zu nutzen. Auf der anderen Seite besteht auch das Erfordernis der Information." Man müsse abwägen, was schwerer wiegt: Information und der Datenschutz als Grundrecht. Dass Sachsen-Anhalts Digitalministerium seit dem vergangenen Jahr eine eigene Instanz beim dezentralen Social-Media-Dienst Mastodon betreibt, begrüßt Rost. Auch ihre Behörde will dort ein Konto einrichten und wird das wohl auch anderen Landesbehörden und Ministerien empfehlen. Bislang sind auf social.sachsen-anhalt.de neben dem Digitalministerium noch die Staatskanzlei, das Wissenschaftsministerium und das Landesamt für Statistik aktiv.

Aktuell liegt Rosts Behörde im Rechtsstreit mit dem Digitalministerium: Dabei geht es um die 200 Euro Energiegeld für Studierende. Die digitale Plattform dafür hatte Sachsen-Anhalts Digitalministerium in Auftrag gegeben. Damit hatten Studierende die 200 Euro innerhalb weniger Tage auf ihrem Konto. Das Ganze ging nur online und anfangs nur mit der BundID. Der Vorwurf der Datenschützerin: Das Digitalministerium hat personenbezogene Daten von Studentinnen und Studenten ohne Rechtsgrundlage verarbeitet. Gegen die Verwarnung der Datenschützer war das Digitalministerium vorgegangen – nun muss ein Gericht entscheiden.

Die Arbeit geht Sachsen-Anhalts neuer Landesdatenschutzbeauftragte Maria Christina Rost also so schnell nicht aus. Eine erste Änderung ist bereits für alle sichtbar: Der Briefkopf und die Internetseite ihrer Behörde ist bereits geändert – in die weibliche Form: "Landesbeauftragte für den Datenschutz". Deutschlandweit gibt es mittlerweile mehr Frauen, die Datenschützer sind – auch im Bund ist seit September eine Frau verantwortlich.

Neben ihrem Herz für den Datenschutz ist Rost vor allem Fahrrad-Fan – sie fährt Rennen und sammelt und repariert alte Fahrräder. Sie ist für fünf Jahre gewählt. Ob sie Sorge hat, dass daraus unfreiwillig mehr als fünf Jahre werden, weil – wie bei ihrem Vorgänger – kein Nachfolger gewählt wird? "Also ich ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch einmal passiert."

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MDR (Marcel Roth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 06. September 2024 | 19:40 Uhr

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