Klimaschutz Umweltfreundliches Fliegen – Nachhaltiges Kerosin aus Mitteldeutschland
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13. November 2023, 13:44 Uhr
Fliegen ist umweltschädlich – das wollen unter anderem DHL und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ändern. Erste Ansätze dafür gibt es in Mitteldeutschland. In Leuna und Böhlen sind Standorte für die Produktion von klimafreundlichem Flugbenzin geplant.
- DHL will grüner werden und investiert in nachhaltige Kraftstoffe.
- In Leuna und Böhlen sind zwei Standorte für die Produktion von klimafreundlichem Flugbenzin geplant.
- Noch gibt es ein großes Problem: die Produktion des nachhaltigen Kerosins verbraucht viel Strom.
Der Stoff, auf den Markus Otto so große Hoffnungen setzt, hat drei Buchstaben: SAF. Die Abkürzung steht für Sustainable Aviation Fuel, Nachhaltiges Flugbenzin. Und Otto, Manager der Frachtflugtochter von DHL in Leipzig, will möglichst schnell seine Flieger damit betanken.
Bis 2050 soll die Flotte klimaneutral werden. Bis 2030 will Otto den CO2-Ausstoß auf jährlich 29 Millionen Tonnen senken, als ersten Schritt: "Das heißt also, wir müssen in der Lage sein, knapp zehn Prozent Einsparungen gegenüber dem jetzigen Zustand zu erwirken", sagt Otto. "Und dafür werden wir auch bis 2030 sieben Milliarden Euro an Investitionen in die Hand nehmen, um das zu bewirken. Denn Sie können sich vorstellen, wenn es heute noch nicht verfügbar ist, dann braucht es Anschub, es braucht Finanzierungsmöglichkeiten."
Luftfahrt forscht zu grünem Wasserstoff
DHL hat mit Condor, Airbus und anderen am Flughafen Leipzig/Halle eine Partnerschaft gegründet. Ziel: nachhaltiges Flugbenzin in die Region bringen. Tatsächlich gibt es Ansätze für eine Produktion. In Leuna in Sachsen-Anhalt baut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine Forschungsanlage.
Sie wird grünen Wasserstoff herstellen, aus der Luft CO2 abscheiden und in einem komplexen Prozess daraus synthetisches, nachhaltiges Kerosin machen, erzählt Projektleiter Manfred Aigner: "Und dann werden wir das Ganze natürlich analysieren, entsprechend weiterentwickeln, zertifizieren. Das heißt, von den Luftfahrtbehörden einen Zulassungsprozess durchlaufen, so dass wir es zum Fliegen benutzen dürfen. Und auch damit fliegen und dabei die Schadstoffe messen und die Auswirkungen auf die Umwelt."
Auch Anlage in Böhlen geplant
Manfred Aigner geht davon aus, dass der Kraftstoff in klassischen Flugzeugen genutzt werden kann. Allerdings steht das Projekt erst am Anfang. Die Forschungsanlage wird 10.000 Tonnen pro Jahr herstellen. Um alle Flugzeuge in Deutschland mit grünem Kraftstoff zu betanken, bräuchte es aber zehn Millionen Tonnen. Eine zweite Anlage ist von der Firma EDL in Böhlen in Sachsen geplant. Sie soll immerhin 50.000 Tonnen liefern.
Leipzigs Flughafenchef Götz Ahmelmann sagt, es seien erste, wichtige Schritte: "Wenn wir hier in Böhlen zum Beispiel möglicherweise schon 2027 oder 2028 – das ist deren Plan – das SAF produzieren können, dann haben wir möglicherweise direkt in der Nachbarschaft so viel SAF zur Verfügung, dass wir das auch hier vertanken können. Und dann werden wir in Leipzig/Halle nicht nur die EU-Verordnung erfüllen, sondern deutlich darüber hinausgehen. Und das ist ja unser Anspruch."
Nachteil: Hoher Stromverbrauch
Doch es gibt noch ein zweites Problem. Die Herstellung des nachhaltigen Kerosins verbraucht enorm viel Strom. Dadurch ist es rund fünfmal so teuer wie Kerosin aus Erdöl – zumindest, wenn die Produktion in Deutschland steht. Für Manfred Aigner ist klar: Signifikante Mengen werden aus Ländern kommen müssen, in denen mehr Ökostrom günstig zur Verfügung steht. Trotzdem benötige Deutschland auch eigene Anlagen.
"Das deutsche Erfolgsmodell sieht vor, dass wir die Anlagen bauen und sie dann exportieren. Damit wir dann die Güter, die mit diesen Anlagen produziert werden, wieder importieren können und auch bezahlen können", erklärt Aigner. "Das heißt, diese Aktion dient zuallererst dazu, diese Anlagentechnik zu beherrschen. Und um die zu beherrschen, braucht man ein eigenes Modell, ein eigenes Vorführmodell."
Baubeginn für dieses "Vorführmodell" in Leuna soll im Januar sein. Am Ende, sagt Aigner, werde Deutschland vielleicht 20 Prozent seines nachhaltigen Kerosins selbst herstellen – über chemische Verfahren wie mit seiner Anlage; oder aus Biomasse, die man ebenfalls für Flugbenzin nutzen könnte.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. November 2023 | 06:53 Uhr