Christian Lindner (l,FDP), Bundesfinanzminister, und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, unterhalten sich auf der Regierungsbank im Bundestag.
Bundesfinazminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen deutsche Unternehmen wettbewerbsfähigewr machen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Sondervermögen oder Steuererleichterungen Lindner und Habeck wollen Unternehmen entlasten

05. Februar 2024, 21:18 Uhr

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen die deutschen Unternehmen entlasten, sie wettbewerbsfähiger machen. Nur über das Wie herrscht noch keine Einigkeit. Aus der SPD kommt der Vorschlag eines Staatsfonds.

Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen gemeinsam eine Steuerreform für Unternehmen und weitere Erleichterungen für die Wirtschaft angehen, um deutsche Firmen wettbewerbsfähiger zu machen. In der Frage der Finanzierung zeigten sich beide Politiker aber uneins. Habeck hatte in der vergangenen Woche ein milliardenschweres Sondervermögen ins Spiel gebracht, um Firmen zu entlasten. Er nannte etwa Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten. Lindner lehnte ein Sondervermögen ab, es bedeute neue Schulden.

Lindner und Habeck kompromissbereit

Die Minister zeigten sich jedoch offen dafür, gemeinsam an Maßnahmen zu arbeiten. "Wir müssen mehr tun für Wachstum und wirtschaftliche Dynamik", sagte Habeck der "Welt am Sonntag". In der Summe habe man in Deutschland eine Unternehmensbesteuerung, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und und nicht mehr investitionsfreundlich genug sei. Er arbeite gern mit Lindner an einem "Dynamisierungspaket".

Habeck verwies in der ARD-Sendung "Caren Miosga" auf das Wachstumschancengesetz der Regierung, das wegen Bedenken der Länder die Hürde Bundesrat noch nicht genommen hat. Seine Idee eines Sondervermögens bezeichnete er als "Einladung", um über die Entlastung der Wirtschaft zu reden. Habeck schlug außerdem vor, die Abschreibungsmöglichkeiten für Firmen für schnelle Investitionen zu verbessern. Dies sei sinnvoll, wenn ein Unternehmen sage, "jetzt baue ich irgendeine neue Produktionsanlage, jetzt investiere ich in Wasserstoff oder in Elektrifizierung von Prozessen, dass das steuerlich begünstigt wird, damit wir die Wertschöpfung und die Produktion im Land anreizen".

Christian Lindner (l,FDP), Bundesfinanzminister, und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, unterhalten sich auf der Regierungsbank im Bundestag.
Christian Lindner und Robert Habeck im Gespräch im Deutschen Bundestages. Bildrechte: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

FDP für Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Unternehmen

Lindner hat den Vorstoß des Wirtschaftsministers begrüßt, Unternehmen in Deutschland zu entlasten. Lindner sagte der ARD, Deutschland sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Darin stimme er mit Habeck überein. Er plädiere dafür, den Solidaritätszuschlag für Betriebe abzuschaffen. Dies sei der schnellste und einfachste Weg für eine Entlastung. Ein weiterer Vorteil sei, dass Gemeinden und Kommunen dadurch "nicht in Anspruch genommen" würden, sondern nur der Bund. Allerdings müsse innerhalb der Bundesregierung über Wege der Gegenfinanzierung gesprochen werden.

Scholz äußert sich zurückhaltend

Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich am Abend zurückhaltend zu der von seinen Ministern Habeck und Lindner angestoßenen Debatte. Der SPD-Politiker verwies auf das bereits geplante Wachstumschancengesetz, mit dem die deutsche Wirtschaft gefördert werden soll. Dies sei ein "sehr gutes Projekt", zu dem gerade ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat laufe. "Ich hoffe, dass dieses sehr konkrete und sehr praktische Projekt, das die Investitionsfähigkeit von Unternehmen erleichtern soll, auch mit der Zustimmung der Länder etwas werden wird", sagte Scholz. "Darauf sollte man sich konzentrieren. Das ist praktisch, anfassbar und wirkt schnell."

DIHK würde Steuerreform begrüßen

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer begrüßt, dass sich der Wirtschaftsminister für eine Steuerreform ausspricht. "Es ist gut, wenn die Bundesregierung ihre bisherige Wirtschaftspolitik an wichtigen Stellen ändern will", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der "Welt". Entscheidend sei, dass Unternehmen wieder Vertrauen in den Standort Deutschland gewännen. Gerade in Zeiten der Transformation in Richtung Klimaneutralität seien deutlich mehr private Investitionen notwendig. Die Bundesregierung sollte eine Reform der Unternehmensbesteuerung als ein wichtiges Element ihrer wirtschaftspolitischen Standortpolitik und Investitionsförderung verstehen.

SPD sieht Umbau der Unternehmenssteuer kritisch

Die SPD sieht den jüngsten Habeck-Vorschlag zum Umbau der Unternehmenssteuer kritisch. Der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, sagte MDR AKTUELL, für die Unternehmen seien die Steuersätze weniger wichtig als gezielte Investitionen in Infrastruktur.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz schlägt daher einen Staatsfonds für Investitionen vor. Sie finde es wichtig, neue Wege zu prüfen, die zwischen Steuern erhöhen und Schulden machen lägen, sagte sie im "Deutschlandfunk". Deswegen habe man sich als SPD – sowohl als Fraktion als auch als Partei – für einen Staatsfonds ausgesprochen, der "massiv privates Kapital über eine Kapitalsammelstelle" heben könne. Das sei etwas ganz Neues, sagte Hubertz. So könne in die Infrastruktur investiert werden.

Debatte um Unternehmenssteuern

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte eine umfassende Neuausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Eine Unternehmenssteuerreform allein bringe gar nichts", sagte Linnemann im ZDF-"Morgenmagazin". Nötig seien eine "Agenda 2030", eine "Staatsreform" und ein "Mentalitätswandel".

Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke wies auf nötige Kürzungen im Haushalt hin, wenn Unternehmen steuerlich entlastet werden sollten. "Dann muss man sagen, auf welche Sachen kann man verzichten? Und dann schauen, an welchen Stellen werden Sozialleistungen angepasst an das, was notwendig ist. Wo ist wirklich der Bedarf da?", sagte Fricke im rbb24 Inforadio.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Leif-Erik Holm nannte Steuererleichterungen für Unternehmen "dringend notwendig". Diese dürften aber nicht auf Pump durch "als Sondervermögen getarnte neue Schulden finanziert werden".

dpa/reuters/AFP(das)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. Februar 2024 | 10:06 Uhr

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