Erneuerbare Energien Lokaler Ökostrom zunehmend wichtig für Firmen-Großansiedelung
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24. Mai 2023, 09:09 Uhr
Angeblich hat sich der Chiphersteller Intel gegen Sachsen als neuen Standort entschieden, weil dort wenig Ökostrom hergestellt wird. Obwohl Strom natürlich auch über weite Strecken transportiert werden kann, könnte das Vorhandensein von erneuerbaren Energien und Ökostrom zukünftig ein wichtiger Ansiedlungsfaktor für Unternehmen werden.
- Verschiedene Politiker aus Sachsen und Sachsen-Anhalt bestätigen, dass die Verfügbarkeit von Ökostrom bei der Standortsuche für Intel eine Rolle gespielt habe.
- Laut Sachsens Beauftragtem für Großansiedlungen, Diedrichs, hingegen spielte das keine Rolle, weil Strom auch über weite Strecken transportiert werden kann.
- Die Politik plant eine Reform der Netzentgelte, wodurch der Preis für regionalen Strom sinken könnte.
Es gibt da diese Geschichte zur Ansiedlung von Intel, warum der Chiphersteller seine neue Fabrik lieber in Sachsen-Anhalt als in Sachsen bauen will. Diese Geschichte kursiert unter Journalisten. Sie wird in Kneipen erzählt, in den Fluren der Landtage und auch Rico Gebhardt, Fraktionschef der sächsischen Linken, kennt sie: "Was ich weiß, ist, dass sich Intel auch deswegen für Sachsen-Anhalt entschieden hat, weil sie dort grünen Strom haben. Das heißt regenerative Energie zu 100 Prozent für ihr neues Werk haben. Das konnte Sachsen ihnen nicht gewährleisten."
Firmen legen Wert auf Ökostrom vor Ort
Aber stimmt das so? Hat sich Intel für Sachsen-Anhalt entschieden, weil sich vor Magdeburg mehr Windräder drehen als vor Dresden? Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze bestätigt, dass die Verfügbarkeit von Ökostrom in den Standort-Verhandlungen eine Rolle gespielt habe.
Trotzdem entgegnet Sachsens Beauftragter für Großansiedlungen, Dirk Diedrichs, die Anzahl der Windräder im Land sei für eine Ansiedlung nicht entscheidend. Noch nicht einmal dann, wenn das Unternehmen unbedingt Ökostrom haben wolle: "Erneuerbare Energien, also der Strom, der ist keine Ressource, die sie standortbezogen beziehen. Sondern Sie können erneuerbare Energien und erneuerbaren Strom auch über weite Strecken transportieren und zum Beispiel Windstrom über Windkraft in der Nordsee beziehen."
Das klingt plausibel. Doch ganz so simpel ist die Sache nicht. Andreas Löschel ist Professor für Ressourcenökonomie. Er sagt, man könne Ökostrom zwar auch im Ausland kaufen, aber: "Man muss auch bedenken, dass Leitungsengpässe ein immer größeres Problem des Strommarktes werden. Das heißt, es wird nicht so einfach sein, diesen Strom auch über große Strecken zu transportieren. Deswegen sei es vielen Firmen wichtig, dass in ihrem Umfeld Strom erzeugt wird – idealerweise Ökostrom.
Reform der Netzentgelte geplant
Zudem könne die Stromlieferung von weit her noch teuer werden. Grund sind die Netzentgelte. Derzeit spielt es für deren Höhe keine Rolle, wie weit der Strom transportiert werden musste.
Doch die Politik arbeite an einer Reform des Entgeltmodells, angetrieben durch die Europäische Union, erzählt Löschel: "Es wird bessere, regionalere Preise geben müssen, um hier die richtigen Signale auch in den Strommarkt zu bringen. Und gerade wird diskutiert zum Beispiel die Preiszonen zu trennen. Das heißt, dort, wo besonders viel Erneuerbare sind, wird in Zukunft der Strompreis auch spürbar sinken."
Dann würde es für ein Bundesland tatsächlich zum Standortvorteil, wenn es viel Ökostrom selbst erzeugt. Löschels Botschaft an die Bundesländer lautet deshalb: Wer ausbauen kann, sollte das tun.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Selbst wenn sich in Sachsen mehr Windräder drehen würden, hätte sich Intel wahrscheinlich trotzdem für Magdeburg entschieden. Die wichtigere Frage in den Standortverhandlungen war nämlich: Wo gibt es schnell genug eine ausreichend große Fläche für eine so riesige Fabrik.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Mai 2023 | 06:00 Uhr