Ein Mann sitzt an einem Laptop und füllt das Online-Formular für einen Wohnsitz aus 3 min
Audio: Onlinedienstleister zocken Kunden mit teurer Hilfe bei Behördengängen ab. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jörg Halisch
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Zigtausende haben für Online-Dienste bezahlt, die woanders gar nichts kosten

MDR AKTUELL Mi 12.02.2025 07:18Uhr 03:21 min

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Teure Hilfe bei Ummeldungen Onlinedienstleister zocken in großem Umfang Kunden ab

12. Februar 2025, 07:52 Uhr

Nach dem Umzug online Anträge stellen, erspart Bürgern den Weg zum Amt oder das Briefporto. Doch immer häufiger tauchen im Internet Seiten auf, die täuschend echt nach Behörde aussehen, aber gar keiner gehören. Diese Seiten greifen nicht nur Daten ab, sondern stellen am Ende auch eine Rechnung für Dienstleistungen, die kostenlos sind. Eine Firma geht dabei besonders dreist vor: die Betreiber von rundfunkbeitrag.de. Verbraucherschützer warnen vor dieser Abzocke.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
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Ulrike Merkle wollte für ihre Zweitwohnung den Rundfunkbeitrag abmelden. Eine schnelle Google-Suche. Erster Treffer: die Internetseite dein-rundfunkbeitrag.de. Merkle klickte drauf, füllte die Formulare aus und bekam eine Rechnung.

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Fast 40 Euro sollte sie für die Abmeldung bezahlen, die bei ARD, ZDF und Deutschlandradio aber gar nichts kostet. Da wurde Merkle stutzig.

"Die Seite ist sehr gut aufgebaut. Ich konnte also ganz schnell meine Daten erfassen. Alles Rechtliche ist in irgendwelchen Ecken versteckt gewesen. Ich habe nicht gesehen, dass ich irgendwie auf einer anderen Dienstleisterseite gelandet bin." Es sei wirklich eine perfekte Täuschung. Merkle findet das schon sittenwidrig.

Firma bietet kostenlose Dienste gegen Geld an

Hinter der Seite dein-rundfunkbeitrag.de steckt laut Impressum ein Dienstleister in Dubai. Die Anzeigen, damit die Seite weit oben in den Google-Suchanfragen erscheint, schaltet jedoch eine Firma aus der Gemeinde Horhausen im Westerwald: die SSS Software Special Service.

Die GmbH betreibt selbst noch andere Seiten. Auf einer kann man für fast 140 Euro einen Nachsendeauftrag bei der Post buchen. Auf einer anderen kassiert das Unternehmen knapp 30 Euro, um angeblich Wohngeld zu beantragen. Warum er zumeist kostenlose Dienste gegen Geld anbietet, hätte man den Geschäftsführer Günter Darr gern gefragt.

Verbrauchertäuschung statt Software-Installation

Doch eine E-Mail bleibt unbeantwortet. Ans Telefon geht ein Anrufbeantworter: "Guten Tag! Sie haben den Anschluss der Firma SSS Software Special Service GmbH gewählt. Alle Informationen zu unseren Produkten und den Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf unserer Webseite."

Auf dieser Webseite erfährt man, dass die SSS seit 1980 Software für Installateure und Haustechniker entwickelt. Wann das Unternehmen Richtung Verbrauchertäuschung abgedriftet ist, bleibt unklar. Sicher ist, dass die Verbraucherzentralen nicht länger zusehen wollen.

Verbraucherschützer klagen gegen unlautere Onlineangebote

Gegen ein weiteres Angebot unter service-rundfunkbeitrag.de habe man Sammelklage eingereicht, erzählt Diane Rocke von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. "Das Ziel der Klage ist, dass die Verbraucher im Erfolgsfall die Beträge zurückerhalten, die sie bereits gezahlt haben."

Dazu zählten nicht die Beiträge, die für die Übermittlung der Formulare gezahlt wurden, sondern auch Inkassokosten, Mahnkosten oder Zinsen, die Verbraucher bereits bezahlt hätten. Vielen Verbrauchern sind Inkassokosten entstanden, weil die Software-Firma nicht zimperlich ist, wenn man ihre Rechnungen nicht begleicht.

90.000 Verbraucher zahlten Geld für kostenlose Leistung

Rund 800 Verbraucher hätten sich der Klage schon angeschlossen, sagt Diane Rocke. Weitere könnten sich melden ergänzt Tim-Oliver Tettinger von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. "Das Register für die Teilnahme an der Klage ist weiterhin geöffnet. Das wird auch so lange noch gehen, bis die mündliche Hauptverhandlung abgeschlossen ist."

Nach Schätzungen des Dachverbands sollten ungefähr 90.000 Verbraucherinnen und Verbraucher für eine Leistung bezahlen, die sie eben bei der offiziellen Seite kostenlos hätten haben können.

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Vorsicht vor Suchtreffern mit Wort "Gesponsert"

Dass es so viele Betroffene gibt, liegt an der Machart dieser und anderer Seiten. Sie sehen offiziell aus. Und weil die SSS Software Special Service GmbH Google dafür bezahlt, landen ihre Abkassierdienste bei Suchanfragen weit oben. Verbraucherschützer mahnen generell zur Vorsicht bei Suchtreffern, die mit dem Wort "Gesponsert" gekennzeichnet sind.

Bevor man Daten eintippt, sollte man sich über das Impressum vergewissern, wirklich auf dem offiziellen Angebot von Behörden, der Post oder dem Rundfunkservice zu sein.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Februar 2025 | 07:18 Uhr

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