"Operation Abendsonne" Massenhaft Beamte werden vor der Bundestagswahl befördert
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12. Februar 2025, 06:46 Uhr
"Operation Abendsonne" wird das Phänomen genannt, bei dem kurz vor Ende der Legislaturperiode noch besonders viele Beamte befördert werden. MDR-AKTUELL-Nutzer Christian Huck aus Weimar möchte wissen, ob es üblich ist, dass trotz Finanzengpässen für besonders verdiente Parteimitglieder neue sichere und gutdotierte Posten in der Bundesverwaltung geschaffen werden.
- "Operation Abendsonne": Beförderung von Beamtinnen und Beamte kurz vor Ende einer Legislaturperiode.
- Ein Bericht der Bundesregierung zeigt vermehrte Beförderungen zum Jahresende.
- 26 Beförderungen gab es im Entwicklungshilfeministerium nach dem Ampel-Aus.
- Hamburger Professorin sieht keine Unregelmäßigkeiten bei Beförderungen.
- Jedes Ministerium betreibt eine eigene Personalpolitik.
Es war eine Anfrage des Bündnis Sarah Wagenknecht an den Bundestag zu dem Umfang von Beförderungen und den dadurch entstandenen Kosten, die das sogenannte Phänomen "Operation Abendsonne" aufdecken sollte.
Dieser geheimnisvolle Begriff beschreibt die Auffälligkeit, dass kurz vor Ende einer Legislaturperiode besonders viele Beamtinnen und Beamte befördert würden. Einige vermuten hierhinter eine Strategie Parteigenossinnen und -genossen in wichtigen Positionen in den Ministerien zu verankern, um die Ministerien auch in der kommenden Legislatur beeinflussen zu können.
Bericht der Bundesregierung zeigt vermehrte Beförderungen zum Jahresende
Das nachzuweisen ist aber kaum möglich, denn nicht bei allen Beförderten ist auch die Parteizugehörigkeit registriert. Eines ist klar: Es gab vermehrte Beförderungen zum Jahresende, das zeigt der Bericht der Bundesregierung.
Andererseits heißt es darin auch: "Da es sich bei den Beförderungen um die Wiederbesetzung von bereits zuvor besetzten Planstellen handelt, ist damit keine Erhöhung der Personalausgaben der Ressorts verbunden."
26 Beförderungen im Entwicklungshilfeministerium
Trotzdem wundert sich auch Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, wie es sein kann, dass gerade kurz vor Abtritt einer Regierung immer wieder besonders viele Beförderungen durchgeführt werden. "Ich interpretiere die Zahlen und sehe, dass wir am Ende dieser Legislaturperiode deutlich mehr Beförderung registrieren müssen als beispielsweise während der Legislaturperiode."
Tatsächlich fanden alle 26 Beförderungen im Entwicklungshilfeministerium erst nach dem Ampel-Aus statt. Ob unter diesen vor allem SPD-Mitglieder waren – aktuell wird das Ministerium durch die Sozialdemokratin Svenja Schulze geführt – lässt sich nicht belegen.
Professorin sieht keine Unregelmäßigkeiten bei Beförderungen
Anders lief es im Auswärtigen Amt. Hier wurden die meisten Beförderungen schon vor dem Bruch der Koalition Anfang November durchgeführt. Auch hier keine nachhaltigen Belege für übermäßige Beförderung von grünen Parteimitgliedern.
Seit knapp 15 Jahren analysiert Sylvia Veit Abläufe im deutschen Staatsapparat. Sie ist Professorin für Verwaltungswissenschaft in Hamburg und sieht keine Unregelmäßigkeiten bei den Beförderungen zum Ende der Legislaturperiode. "Es ist natürlich erstmal grundsätzlich so, dass Beförderungen eine ganz normale Praxis in der Verwaltung sind. Es wird regelmäßig befördert. Das sind längerfristige Planungsprozesse."
Dass gegen Jahresende die Anzahl der Beförderungen ein bisschen höher seien als zu anderen Zeiten, sei eigentlich auch nichts Ungewöhnliches, das sei erst mal unabhängig von der Wahl, sagt Veit.
Beförderungen müssen für alle besser verständlich sein
Würde sich die Vermutung bestätigen, dass Personen bestimmter Parteien unberechtigt in höhere Positionen gehoben werden, wäre das für die Demokratie ein großes Problem, erklärt Veit. Die Politikwissenschaftlerin befürchtet, dass die mediale Berichterstattung über die vermeintliche "Operation Abendsonne" das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Regierungsapparat weiter schrumpfen lassen könnte.
Die Abläufe von Beförderungen müssen für alle besser verständlich sein, fordert Veit. Eigentlich gebe es klare Kriterien, die einer Beförderung zu Grunde liegen. "Über diese Kriterien, die da angelegt werden und letztendlich auch die Leistungsindikatoren, die zu Grunde gelegt werden, könnte man durchaus noch mehr Transparenz herstellen."
Jedes Ministerium betreibt eigene Personalpolitik
Auch werde zwischen den Bundesministerien sehr stark variiert, weil jedes Ministerium eine eigene Personalpolitik betreibe, so Veit. Die Politikwissenschaftlerin hofft, dass die Ministerien sich so schnell wie möglich auf eine einheitliche Personalpolitik einigen können.
Diese müsse dann auch nachvollziehbar an alle Bürgerinnen und Bürger kommuniziert werden. Nur so könne dem Eindruck einer selbstgerechten und maßlosen Beförderungswelle kurz vor dem Ende der Legislaturperiode etwas entgegengesetzt werden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Februar 2025 | 06:20 Uhr