Personalmangel und Bürokratie "Bauchlandung mit Ansage": Verzögerungen beim Wohngeld sorgen für Kritik

27. November 2022, 22:31 Uhr

Städte und Gemeinden und auch der Normenkontrollrat rechnen wegen Personalmangels in den Ämtern teils mit monatelangen Verzögerungen bei der Auszahlung des neuen Wohngeldes. Die Behörden seien damit überlastet. Die Reform gilt eigentlich ab Januar. Bundesbauministerin Klara Geywitz kündigte an, das Wohngeld solle rückwirkend ausgezahlt werden.

Der Städte- und Gemeindebund geht davon aus, dass sich die Bearbeitung und Auszahlung von Wohngeld für viele neue Anspruchsberechtigte bis Mitte 2023 hinziehen könnte. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg erwartet – so wörtlich – einen Kollaps weit ins kommende Jahr hinein. Wie die "Welt am Sonntag" schreibt, rechnen einige Großstädte damit, dass sich die Zahl der Anträge verfünffache. Bundesweit hatten zuletzt 600.000 Haushalte Anspruch auf Wohngeld, mit der Reform werden es etwa zwei Millionen.

Dedy: "Bauchlandung mit Ansage"

Landsberg erläuterte in der "Bild"-Zeitung, mit der Gesetzesänderung komme auf die Kommunen neben der Umstellung der Software eine Antragswelle dazu. Dafür "haben wir nicht die Leute, um die schnell abzuarbeiten". Schon heute dauere die Bearbeitung eines Wohngeldantrags drei bis sechs Monate, sagte Landsberg. Die Kommunen hätten Stellen ausgeschrieben, könnten sie aber nicht besetzen. Er empfahl, Abschläge zu zahlen.

Kritik kam auch vom Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Die Unterstützung werde viele Menschen nicht zeitnah erreichen, warnte Dedy: "Das ist eine Bauchlandung mit Ansage." Bundesbauministerin Klara Geywitz hatte kürzlich betont, bei einer verspäteten Entscheidung werde das Wohngeld rückwirkend ausgezahlt.

Normenkontrollrat: Es wird Verzögerungen und Fehler geben

Auch der Normenkontrollrat der Bundesregierung geht davon aus, dass es bei der Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen zu größeren Problemen kommt. Der Chef des unabhängigen Beratungsgremiums, Lutz Goebel, sagte der "Welt am Sonntag", jeder werde irgendwann sein Geld bekommen. Doch das koste Zeit und es werde Fehler geben.

Goebel zufolge rächt sich jetzt unter anderem, dass man die Digitalisierung der Verwaltung "versemmelt" habe. Daneben sei die Bürokratie ein Störfaktor. Bund, Länder und Kommunen stünden sich gegenseitig im Weg.

Der Chef des Expertengremiums kritisierte, es gäbe sicher weniger Frust bei allen Beteiligten, hätte sich die Regierung bei der Gesetzgebung mehr Zeit gelassen. Die fehlende Zeit für Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen "geht definitiv zulasten der Qualität".

Wohngeld steigt auf bis zu mehrere hundert Euro

Wohngeld bekommen Haushalte mit niedrigen Einkommen als Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutzten Wohneigentums. Mit der Reform wird die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger deutlich ausgeweitet. Auch die Höhe steigt von zuletzt im Schnitt rund 180 Euro auf etwa 370 Euro monatlich. Dazu gehört künftig auch eine dauerhafte Heizkostenkomponente sowie ein Klimafaktor.

AFP/dpa(ans/jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. November 2022 | 11:00 Uhr

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