Bundeswehr Wehrbeauftragte Högl kritisiert Behäbigkeit und Mängel bei der Ausrüstung
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14. März 2023, 13:00 Uhr
Die Wehrbeauftragte des Bundestags kritisiert in ihrem Jahresbericht für 2022 unter anderem das Beschaffungswesen als zu "behäbig". Zugleich erklärte die SPD-Politikerin Eva Högl, dass 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Behebung der Mängel auf Dauer kaum ausreichen werden. Es brauche wohl insgesamt 300 Milliarden Euro.
- Kritik an Mängeln bei der Ausrüstung
- Strack-Zimmermann gegen "Goldrandlösungen"
- Personalprobleme und zu wenige Frauen
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hat ihren Jahresbericht für 2022 vorgestellt. Darin kritisiert sie unter anderem das Beschaffungswesen als "behäbig". Zwar seien die ersten Projekte auf dem Weg. Im vergangenen Jahr sei bei der Bundeswehr aber "noch kein Cent aus dem Sondervermögen angekommen". Die 100 Milliarden Euro hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei seiner "Zeitenwende"-Rende vor einem Jahr im Bundestag angekündigt.
Schon im Vorfeld hatte die SPD-Politikerin die nach wie vor mangelhafte Ausstattung und Ausrüstung der Bundeswehr kritisiert. Es fehle "an allem, persönliche Ausrüstung, kleineres Gerät, Nachtsichtgeräte, Funkgeräte, aber auch das große Gerät", hatte Högl bereits am Montag gesagt.
Zudem seien Investitionen in Infrastruktur und Kasernen nötig, und auch die Bundeswehr habe höhere Energiekosten. Die von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) geforderten zehn Milliarden Euro mehr im Haushalt für 2024 bezeichnete Högl als realistisch: "Die 100 Milliarden Euro allein werden nicht ausreichen, sämtliche Fehlbestände auszugleichen", sagte sie. Dafür brauche es nach Experten-Schätzungen wohl "insgesamt 300 Milliarden Euro".
Weniger "Goldrand" – mehr Konfektion
Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verlangte am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin" jetzt mehr Geld für die Bundeswehr: "Der Wehretat muss kontinuierlich steigen." Angesichts langer Lieferzeiten bei der Beschaffung mahnte sie aber weniger "Goldrand" an.
"Deutschland hat immer spezielle Wünsche gehabt, die nicht marktgängig sind", sagte Strack-Zimmermann. Da es bei der Beschaffung nun aber "viel, viel schneller gehen" müsse, solle man "auf dem Markt direkt einkaufen, nicht alles ausschreiben". Deutschland habe sich lange erlaubt, bei Bundeswehr-Bestellungen immer so etwas wie "Goldrandlösungen", zu verlangen.
Mit Blick auf den angekündigten Wechsel an der Bundeswehr-Spitze lobte Strack-Zimmermann die erste größere Personalentscheidung von Pistorius. Der bisherige Generalinspekteur, General Eberhard Zorn, habe "viel bewirkt", sagte sie. Sein designierter Nachfolger, der Generalmajor Carsten Breuer, habe im Corona-Krisenstab aber gezeigt, "dass er gut organisieren kann".
Ähnlich zu den Problemen bei der Beschaffung äußerte sich der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner. Er sagte im Radiosender Bayern 2, die Verteidigungspolitik habe hier "mehr oder weniger ein Jahr verloren" und "teilweise immer noch im Modus von vor dem Krieg in der Ukraine" agiert.
Personalprobleme an der Basis
Die Wehrbeauftragte blickt nun besorgt auch auf die Personalstärke der Bundeswehr und zweifelt daran, dass das Ziel von 203.000 Soldaten und Soldatinnen bis 2031 erreicht wird. Die Personalstärke habe 2022 bei 183.051 gelegen, ein leichtes Minus gegenüber dem Vorjahr. Bei den Bewerbungen habe es ein Minus von elf Prozent gegeben. Potenzial und Nachholbedarf bei der Einstellung von Frauen werden demnach nicht ausgeschöpft.
mit AFP, dpa (ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. März 2023 | 12:30 Uhr