Eva Högl
Die Wehrbeauftragte Eva Högl hat ihren Jahresbericht vorgelegt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Carsten Koall

Jahresbericht Wehrbeauftragte: Bundeswehr altert und schrumpft weiter

12. März 2024, 20:32 Uhr

Die Bundeswehr soll zu einer "kriegstüchtigen" Armee werden. Verbesserungen ließen im zweiten Jahr der Zeitenwende aber noch auf sich warten, erklärt die Wehrbeauftragte, Eva Högl, in ihrem Jahresbericht. Es habe kaum Verbesserungen in den Bereichen Personal, Material und Infrastruktur gegeben. Die Bundeswehr altere und schrumpfe immer weiter.

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hat trotz gewisser Fortschritte eine kritische Bilanz des Zustandes der Bundeswehr gezogen. "Die Bundeswehr hat immer noch von allem zu wenig", sagte Högl am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2023. Es gebe keine wesentliche Verbesserung bei Personal, Material und Infrastruktur.

Die Bundeswehr steuert nach ihrer Einschätzung auf erhebliche Personalprobleme zu: "Die Truppe altert und schrumpft immer weiter", schreibt die SPD-Politikerin in ihrem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Jahresbericht 2023. Etliche Verbände hätten große "Personalvakanzen".

Es gebe weniger neue Bewerbungen und die Abbrecherquote bei den Rekrutinnen und Rekruten bleibe hoch. Aktuell seien mehr als 20.000 Stellen unbesetzt. Der Frauenanteil stagnierte demnach bei etwa 15 Prozent, ohne den Sanitätsbereich seien es sogar nur 9,8 Prozent. "Das ist zu wenig", sagte Högl.

Auch innerhalb des Personals gibt es laut Högl große Probleme. Sie nennt Fälle von Rechtsextremismus und sexuelle Übergriffe. Hier gab es laut Bericht eine Zunahme auf 385 meldepflichtige Ereignisse und 49 Eingaben Betroffener. Es gehe um die gesamte Bandbreite "von blöden Witzen bis hin zu Vergewaltigung", sagte Högl. Die meisten der Opfer seien Frauen, von einer hohen Dunkelziffer werde ausgegangen.

Zu wenig Munition, Panzer und Flugzeuge

Högl stellt zudem fest: "Es mangelt an Material vom Großgerät bis hin zu Ersatzteilen. Durch die Abgabe an die Ukraine ist der Mangel noch größer geworden." Es gebe zu wenig Munition, Ersatzteile, Funkgeräte, Panzer, Schiffe und Flugzeuge. Zwar kämen die Bestellungen auch mit Hilfe des Bundeswehr-Sondervermögens langsam bei der Truppe an, doch "substanzielle Verbesserungen lassen weiter auf sich warten".

Auch die Infrastruktur sei vielerorts desaströs. "Mich erreichen Schreiben von Eltern, deren Kinder soeben den Dienst angetreten haben – in Kasernen mit maroden Stuben, verschimmelten Duschen und verstopften Toiletten." Der schlechte Zustand der Kasernen sei teils beschämend und dem Dienst der Soldatinnen und Soldaten unangemessen.

Personalziel bis 2031 "nicht zu erreichen"

Laut der Wehrbeauftragten braucht es die Streitkräfte für eine glaubhafte Abschreckung und für eine wirksame Verteidigung. Dazu sei die Bundeswehr mit ihren Partnern zwar in der Lage. Es gebe jedoch weiterhin viel Handlungsbedarf, um eine vollständige Einsatzbereitschaft zu erreichen.

Högl schreibt, es seien im vergangenen Jahr "in vielen Bereichen wichtige Weichen" gestellt worden, allerdings sei die Bundeswehr noch nicht am Ziel. Mit den bisherigen Ansätzen sei das Ziel, die Personalstärke der Bundeswehr bis zum Jahr 2031 auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu erhöhen, "nicht zu erreichen", warnte die Wehrbeauftragte.

Die Wehrbeauftragte hilft nach Artikel 45b des Grundgesetzes dem Bundestag bei der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte. Sie gilt aber auch als Anwältin der Soldaten, die sich jederzeit an sie wenden können.

AFP/dpa(jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. März 2024 | 12:07 Uhr

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