Wehrpflicht Debatte um Dienst- und Wehrpflicht: Wehrbeauftragte schlägt Bürgerrat vor
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14. Februar 2024, 05:00 Uhr
Die Wehrpflicht in Deutschland gibt es. Allerdings nur auf dem Papier: Vor 13 Jahren hat die Bundesregierung sie ausgesetzt. Und doch ist sie gerade wieder da – als Debatte. Seit ein paar Jahren diskutieren Politiker immer wieder über die Wiedereinführung oder alternativ die Einführung eines allgemeinen Gesellschaftsdienstes, nicht nur im militärischen Bereich. Die Meinungen gehen auseinander. Und unklar bleibt, was genau gewollt ist.
- Experten sind einig: Es braucht die Wehr- oder Dienstpflicht, um die personellen Probleme der Bundeswehr lösen zu können.
- Andere sehen in einer allgemeinen Dienstpflicht eine Chance, die Demokratie zu stärken, doch es gibt auch Stimmen dagegen.
- Die Wehrbeauftragte des Bundestags hat vorgeschlagen, einen Bürgerrat einzuberufen.
Viel wird über das Vorbild Schweden geredet: Alle jungen Menschen mustern und dann wenige für einen Grundwehrdienst auswählen. SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt verschiedene Optionen prüfen, um dem Personalmangel bei der Bundeswehr entgegenzuwirken und verteidigungsbereit zu sein. Jahrelang wurde gespart. Und nun macht die Bedrohung durch Russland den NATO-Staaten Sorge.
Experten: Wehr- oder Dienstpflicht muss kommen
Vor diesem Hintergrund sagte Militärprofessor Sönke Neitzel aus Potsdam unlängst im ARD-Bericht aus Berlin: "Wir diskutieren eine Einführung der Wehrpflicht schwedisches Modell oder eine Einführung der Dienstpflicht. Eins von beidem muss kommen, wenn die Bundeswehr ihre Personalprobleme lösen muss. [...] Alle Experten sagen das."
Neitzel ist aber auch überzeugt, dass eine Entscheidung in dieser Legislatur nicht mehr getroffen wird. Zu sehr herrsche Uneinigkeit in der Ampel-Regierung und im Parlament.
Allgemeine Dienstpflicht zur Stärkung der Demokratie?
Zunächst brauche man ein klares Ziel, sagt Albrecht Broemme. Er ist Ehrenpräsident des Technischen Hilfswerks und Chef des Think-Tanks Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit. Er spricht sich dafür aus, schrittweise über mehrere Jahre eine allgemeine Dienstpflicht einzuführen, nicht nur beim Militär: "Der Staat ist für viele Leute weit weg und durch so einen verpflichtenden Dienst würde dieses Entrücken wieder ein Stück zurückgeführt werden auf ein besseres Verhältnis und das halte ich politisch für einen wichtigen Aspekt."
Denn das könne auch die Demokratie und die innere Sicherheit stärken, ist Brömme überzeugt. Juliane Meinhold, Chefin der Sozialen Arbeit beim Paritätischen Gesamtverband, hält dagegen: "Einen Gemeinschaftsdienst als Pflichtdienst einzuführen – da sind wir ganz klar dagegen. Wir sehen es nach wie vor nicht vom Grundgesetz gedeckt, eine Dienstpflicht einzuführen und halten es auch für absolut kontraproduktiv, einen sozialen oder ökologischen Dienst aufzunehmen. Die Freiwilligendienste leben von der Freiwilligkeit der jungen Menschen, sich engagieren zu wollen."
Wehrbeauftragte des Bundestags schlägt Bürgerrat vor
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hat unlängst gefordert, über eine neue Art der Wehrpflicht zu debattieren. Die SPD-Politikerin schlug nun vor, einen Bürgerrat einzuberufen. Im Januar hat der erste Bürgerrat des Bundestags nach mehreren Monaten Empfehlungen zum Thema Ernährung vorgelegt.
Ein Bürgerrat sei das falsche Mittel, ist aus der Unionsfraktion zu hören, die die Debatte an sich unterstützt. Albrecht Broemme vom Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit hingegen findet die Idee gut: "Das kann ich mir gut vorstellen, weil sich die Diskussion da auch ein bisschen festgefahren hat. Auch innerhalb der Fraktionen gibt es da kein einheitliches Bild. In allen Fraktionen findet man Befürworter und Bedenkenträger oder Gegner. Vielleicht kann da ein gut vorbereitetes Votum eines Bürgerrates der Politik helfen, eine Entscheidung zu treffen." Und vielleicht, so Brömme, käme der ja auch zu ganz anderen Erkenntnissen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 14. Februar 2024 | 06:09 Uhr