Verfassungsschutz AfD-Jugend und "Institut für Staatspolitik" in Schnellroda als extremistisch eingestuft
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26. April 2023, 19:03 Uhr
Mehr als vier Jahre lang hat der Verfassungsschutz die Jugendorganisation der AfD als Verdachtsfall beobachtet. Jetzt ist sich die Behörde sicher: Die Vereinigung verfolgt verfassungsfeindliche Ziele. Auch das sogenannte Institut für Staatspolitik (IfS) in Schnellroda, sowie die Organisation "Ein Prozent" werden künftig als "rechtsextremistisch" eingestuft. Aus Sicht von Sachsen-Anhalts Innenministerin Zieschang kommt die Entscheidung nicht überraschend.
- Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Junge Alternative (JA) sowie zwei weitere Gruppierungen als extremistisch eingestuft.
- Sachsen-Anhalts Innenministerin Zieschang bezeichnete die Entscheidung als "nicht überraschend".
- Im Bericht des BfV heißt es unter anderem, der AfD-Jugend gehe es um eine "generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems". Zudem pflege der Vorsitzende der JA Kontakte zum Institut für Staatspolitik.
Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz künftig als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" beobachtet. Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mitteilte, werden neben der Jungen Alternative nunmehr auch zwei weitere Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten entsprechend eingestuft: Das im Süden Sachsen-Anhalts ansässige "Institut für Staatspolitik" (IfS) in Schnellroda und der Verein "Ein Prozent". BfV-Präsident Thomas Haldenwang sagte: "Es bestehen keine Zweifel mehr, dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen." Alle drei Vereinigungen galten bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle.
Welche Folgen die Einstufung als "gesichert extremistisch" hat
Der Verfassungsschutz darf die gesamten nachrichtendienstlichen Möglichkeiten nutzen, um die Aktivitäten der drei Organisationen zu überwachen. Das heißt, es dürfen zum Beispiel V-Leute eingesetzt oder Telefone abgehört werden. Auch Beschattungen und Finanzermittlungen zählen dazu. Dieses Vorgehen ist bei "Verdachtsfällen" theoretisch auch möglich, muss aber verhältnismäßig sein. Die Hürden sind bei gesichert extremistischen Bestrebungen niedriger.
Zieschang: Demokratie muss Feinde in den Blick nehmen
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte, die Einstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum "Institut für Staatspolitik" IfS in Schnellroda im Saalekreis komme nicht überraschend. Das Institut gelte als ein wichtiger ideologischer Ideengeber der Neuen Rechten. "In Sachsen-Anhalt wurde es bereits 2019 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Das Bundesamt folgt nunmehr dieser Sichtweise", so Zieschang. Die Ministerin betonte: "Unsere wehrhafte Demokratie muss ihre Feinde in den Blick nehmen. Dazu gehört auch, über das Entstehen extremistischer und gewaltbereiter Strukturen aufzuklären, damit niemand sagen kann, er habe es nicht gewusst."
Der bekannteste Vertreter des "Instituts für Staatspolitik" ist der rechte Verleger Götz Kubitschek. Er bezeichnete das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer ersten Reaktion als eine "parteipolitisch instrumentalisierte Behörde".
Verfassungsschutz: JA geht es nicht um politische Auseinandersetzung
Die Einstufung der Jungen Alternative begründet das Bundesamt für Verfassungsschutz wie folgt: "Die Junge Alternative propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht". Migranten außereuropäischer Herkunft würden von der Jungen Alternative als "grundsätzlich nicht integrierbar" ausgegrenzt. Insbesondere Zuwanderern mit vermeintlich muslimischem Hintergrund würden in pauschaler Weise negative Eigenschaften zugesprochen, etwa kulturelle Rückständigkeit oder ein stark ausgeprägter Hang zu Kriminalität und Gewalt.
Der Jungen Alternative gehe es bei der Diffamierung und Verunglimpfung politischer Gegner offensichtlich nicht um eine politische Auseinandersetzung, "sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland".
Der Sprecher der AfD Thüringen, Torben Braga, warf der Behörde bei MDR THÜRINGEN politischen Opportunismus vor. Die Thüringer AfD um den umstrittenen Vorsitzenden Björn Höcke wird bisher als einziger AfD-Landesverband seit 2021 vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Höcke pflegt regelmäßigen Kontakt mit IfS-Mitbegründer Kubitschek.
Vorsitzender der Jungen Alternative hat Verbindungen nach Schnellroda
Im vergangenen Oktober hatte die Junge Alternative den AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck zu ihrem Bundesvorsitzenden gewählt. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik, dessen bekanntester Vertreter der Verleger Götz Kubitschek ist. In der Mitteilung des Verfassungsschutzes heißt es, die vom IfS propagierte Vorstellung, "dass es ein deutsches Volk jenseits des im Grundgesetz als der Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen definierten Staatsvolkes gebe, impliziert eine Herabsetzung von eingebürgerten Staatsangehörigen zu Deutschen zweiter Klasse".
Im Netzwerk der Neuen Rechten besetzt das Institut für Staatspolitik aus Sachsen-Anhalt aus Sicht des Verfassungsschutzes eine strategisch wichtige Rolle.
"Ein Prozent" verbreite rassistische Aussagen
Zur Einstufung des Vereins "Ein Prozent" erklärte das Bundesamt für Verfassungsschutz, es würden Positionen verbreitet, die rassistisch, migranten-, fremden- und muslimfeindlich seien. In den vergangenen Jahren sei eine Zunahme verfassungsfeindlicher Äußerungen festgestellt worden.
dpa, MDR (Annekathrin Queck, Kalina Bunk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. April 2023 | 15:00 Uhr
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