Branchenübergeifende Ausstände Debatte um Reform des Streikrechts entbrannt
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20. Februar 2023, 11:16 Uhr
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes hat Verdi-Chef Frank Werneke mit branchenübergreifenden Ausständen gedroht. Während Flughäfen, Kitas und der Nahverkehr am Freitag vielerorts lahmgelegt waren, drohte er: "Die nächsten Streiks haben eine andere Dimension." Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion forderte, den Arbeitskampf für kritische Infrastrukturen wie Verkehr, Energie und Rettungsdienste stärker einzuschränken. Die Gewerkschaft lehnt das ab.
Etwa 300.000 Passagiere blieben am Freitag auf dem Boden. Die Gewerkschaft Verdi hatte zusammen mit dem Beamtenbund sieben Flughäfen bestreikt. Der Flughafenverband ADV sprach von einer "beispiellosen Eskalation". Eine Eskalation, die Gitta Connemann so nicht hinnehmen will. Sie sitzt für die CDU im Bundestag und ist seit 2021 Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), dem Wirtschaftsverband von CDU und CSU.
Das Streikrecht sei ein "hohes Gut", bestätigte Connemann. Aber: "Hier wird eine kritische Infrastruktur bestreikt. Nämlich der Fracht- und Flugverkehr in Deutschland und im Rest der Welt. Ein ganzes Land wird in Geiselhaft genommen. Das kann und darf nicht sein."
Arbeitskampf in kritischer Infrastruktur regulieren
Der parteipolitische Wirtschaftsverband plädiert deshalb für eine Reform des Streikrechts. Er will vor allem den Arbeitskampf in Bereichen der kritischen Infrastruktur stärker regulieren. Also zum Beispiel bei Wasserwerken, in Krankenhäusern oder bei der Bahn. Die Gewerkschaften sollten Ausstände mindestens vier Tage vorher ankündigen und trotz Streik eine Grundversorgung gewährleisten, fordert die MIT. Außerdem wünscht sie sich, dass zunächst mindestens 50 Prozent der Beschäftigten eines Unternehmens für die Arbeitsniederlegung gestimmt haben.
Connemann versicherte, dass die Gewerkschaften natürlich auch auf Flughäfen weiter streiken könnten. Aber dies dürfe nur das letzte und nicht das erste Mittel sein. Zuvor müsse ein Schlichtungsverfahren abgeschlossen werden. "Der Streik gegen Flughäfen trifft nämlich nicht nur Arbeitgeber, sondern vor allem Privatpersonen und Betriebe, die auf diese kritische Infrastruktur angewiesen sind", begründete die CDU-Politikerin ihre Forderung.
Verdi lehnt Beschneidung von Streikrecht ab
Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis lehnt das ab. Ein Streik müsse Folgen haben, sonst sei er sinnlos, erklärte sie. Das Streikrecht sei grundgesetzlich geschützt und sollte nicht beschnitten werden. Schlichtungsverfahren könnten die Tarifparteien nach eigenem Ermessen einleiten. Und eine Verschärfung der Regeln für Unternehmen der kritischen Infrastruktur wäre unnötig.
Dort, wo es tatsächlich um kritische Infrastruktur gehe, mache die Gewerkschaft immer wieder Angebote an die Arbeitgeber, Notdienstvereinbarungen zu schließen, versicherte Kocsis: "Das ist zum Beispiel im Gesundheitswesen so. Wir haben auch bei der Post jetzt drauf geachtet, dass die Wahlunterlagen rechtzeitig versendet werden, um die Wahl nicht zu behindern. Und das ist aus unserer Sicht auch völlig ausreichend. Deshalb bedarf es keiner weiteren Differenzierung."
In der Vergangenheit hatten die Gerichte die Regeln für Streikende übrigens schon manchmal enger abgesteckt. So urteilte der Bundesgerichtshof beispielsweise Ende der 1970er-Jahre, dass ein Fluglotsenstreik damals zu viele Nachteile für Dritte gebracht habe und nicht mehr verhältnismäßig gewesen sei.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. Februar 2023 | 06:00 Uhr
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