Vorfälle in der Ostsee Sicherheitsexperte zu Sabotageaktionen: "Wir stellen uns dümmer als wir sind"
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16. Januar 2025, 12:59 Uhr
Vergangene Woche haben sich in der Ostsee gleich zwei Vorfälle ereignet. Erst gab es vor Rügen einen Notfall mit einem verdächtigen Schattenflotten-Tanker "Jazz", der 50.000 Tonnen russisches Rohöl geladen hat. Kurz darauf meldete der Tanker "Eventin" eine Havarie. Experten vermuten bei beiden Fällen Sabotage seitens Russlands an Unterseekabeln. Der Sicherheitsexperte Nico Lange von der Münchner Sicherheitskonferenz fordert daher ein schärferes Vorgehen gegen Russland.
Der Sicherheitsexperte Nico Lange von der Münchner Sicherheitskonferenz hat im Zusammenhang mit den Sabotageaktionen in der Ostsee ein schärferes Vorgehen gegen Russland gefordert. Er sagte MDR AKTUELL, die deutschen Behörden täten so, als wüssten sie nicht, wer hinter den Angriffen stecke.
Dabei mache Russland noch nicht mal ein Geheimnis daraus. Lange betonte, Deutschland dürfe sich nicht länger dumm stellen und müsse Sanktionen gegen die russische Schattenflotte erlassen. Daher war es gut, dass es ein Nato-Treffen zu dem Thema gab. Aber "wir müssen uns die Frage stellen: wie wehren wir uns, wie schlagen wir zurück? Sonst wird unsere Infrastruktur immer weiter beschädigt werden", sagt Lange.
Nato verstärkt Patrouillen in Ostsee
Nach dem Vorfall in der Ostsee verstärkt die Nato ihre Patrouillen in der Region unter deutscher Beteiligung. Das Verteidigungsbündnis will mit Kriegsschiffen, Aufklärungsflugzeugen, Satelliten und Drohnen bei der Mission "Baltic Sentry" (etwa: baltischer Wachposten) den Ostseeraum überwachen, erklärte Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Zur Zahl der beteiligten Schiffe wollte sich Rutte nicht äußern, um "den Feind nicht noch klüger zu machen, als er ohnehin schon ist".
Auch Deutschland wird sich daran nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz beteiligen. Der SPD-Politiker kündigte an, Deutschland werde sich "mit all dem, was wir an Möglichkeiten der Marine haben" an der Mission beteiligen.
Beschädigte Ostsee-Kabel: Vermutung der russischen Sabotage
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 wurden in der Ostsee mehrfach wichtige Telekommunikations- und Stromkabel beschädigt. In den vergangenen Monaten waren mehrere Daten- und Stromkabel am Boden der Ostsee beschädigt worden. Als mutmaßlicher direkter Verursacher der Kabelschäden gilt die sogenannte Schattenflotte von oft veralteten und unter fremder Flagge fahrenden Schiffen. Mit ihnen will Russland das im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängte Öl-Embargo umgehen.
Experten gehen davon aus, dass dies auf hybride Angriffe Russlands gegen den Westen zurückgeht. Mit hybriden Angriffen sind verdeckte Attacken staatlicher oder nicht-staatlicher Akteure wie etwa Sabotageakte gemeint, die oft nicht aufgeklärt werden können. Auch die Nato geht von Sabotage seitens Russland aus. Auch ein chinesischer Frachter steht unter Sabotageverdacht.
Die Ermittlungen zu den mutmaßlichen Sabotage-Fällen in der Ostsee versuchter Kabel-Sabotage dauerten an, "aber es gibt Grund zu ernster Sorge", betonte Nato-Generalsekretär Rutte.
dpa/AFP (lmb)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2025 | 07:06 Uhr