Mehrere Polizeibeamte haben eine Kette gebildet und laufen auf Demonstranten auf der Straße zu. 3 min
Audio: Nach dem Bundesparteitag der AfD in Riesa sowie der folgenden Ausschreitungen wird über die Rechtmäßigkeit von Sitzblockaden debattiert. Bildrechte: EHL Media
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Ist es ok einen Parteitag zu blockieren?

MDR AKTUELL Do 16.01.2025 06:08Uhr 03:13 min

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Protestkultur Debatte über Rechtmäßigkeit von Sitzblockaden bei AfD-Parteitag

16. Januar 2025, 12:01 Uhr

Mindestens 10.000 Menschen haben am vergangenen Wochenende gegen den Parteitag der AfD in Riesa demonstriert. Auf den Zufahrtswegen war wegen der zahlreichen Sitzblockaden phasenweise kein Durchkommen mehr. Der Parteitag begann deshalb erst zwei Stunden später als geplant. Sachsens Innenminister Armin Schuster hat das Verhalten der Demonstrierenden im Nachhinein kritisiert. Eine so "unverhohlen auf Verhinderung angelegte Protestkultur dürfe in unserer Gesellschaft nicht Schule machen."

Lydia Jakobi, Autorin und Reporterin
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Die Revolutionärin Rosa Luxemburg hat ein geflügeltes Wort hinterlassen: Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Sachsens Innenminister Armin Schuster wandelt diesen Satz nun für die Geschehnisse rund um den AfD-Parteitag in Riesa ab: Das Versammlungsrecht des einen höre da auf, wo das Grundrecht des anderen vereitelt werden solle. Was meint er damit konkret?

Schuster sagte dazu MDR AKTUELL: "Wenn es einzig um die komplette Verhinderung der Grundrechtsausübung eines anderen geht, also zum Beispiel des Abhaltens eines Parteitages, dann ist das nicht mehr durch das Versammlungsrecht gedeckt." Dann müsse die Polizei Schranken aufzeigen – eventuell auch durch einen robusten Einsatz wie am Wochenende. "Eine Verschärfung des Versammlungsrechtes braucht es deshalb nicht, zumal wir in Sachsen ein hochmodernes neues Versammlungsrecht haben."

Wann Blockaden vom Versammlungsrecht gedeckt sind und wann nicht

Aus der juristischen Perspektive sei die Sache aber doch etwas komplizierter, sagt der Rechtswissenschaftler Jakob Hohnerlein. Er arbeitet am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg. Die frühere Rechtsprechung habe zwar häufiger festgestellt, dass bestimmte Blockadeaktionen nicht mehr unter die Versammlungsfreiheit fielen.

Im vergangenen Jahr habe das Bundesverwaltungsgericht den vorherigen Einschätzungen aber teilweise widersprochen. Zum Beispiel in Bezug auf die Blockade des AfD-Parteitages 2016 in Stuttgart. Hohnerlein erklärt: "Die Idee der Blockade ist ja praktisch, dass man nicht mehr die Meinung äußert, sondern einfach nur real Forderungen verwirklicht durch physisches Handeln. Das kann man bei den Blockaden gegen Parteitage aber nicht sagen, weil man da natürlich seine Meinung äußert, dass man gegen die AfD und ihre politischen Positionen ist. Und das hat das Bundesverwaltungsgericht nochmal deutlich gemacht."

Kurz gesagt: Wenn die Blockade kein Selbstzweck ist, sondern dabei kollektiv Standpunkte vorgetragen werden, dann ist sie vom Versammlungsrecht gedeckt. Aber nur solange sie friedlich bleibt.

Linken-Politikerin Nagel: "Auf jeden Fall Meinungsäußerung"

Für Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete der Linken, waren die Sitzblockaden auf jeden Fall mit Meinungsäußerungen verbunden: "Das war durchweg zu beobachten. Es gab dort Sprechchöre, es wurde sich ausgetauscht über die Gefahr der AfD. Also definitiv: Diese Blockaden, wie ich sie beobachtet habe, auch friedlich in ihrer Art und Weise, sind dem Versammlungsrecht unterfallen."

Sitzblockaden wie in Riesa sind auch keine neue Methode im Werkzeugkasten der Protestkultur. Schon bei den Anti-Atomkraft-Demos in den 80er Jahren gab es ähnliche Aktionen. Tareq Sydiq untersucht am Zentrum für Konfliktforschung in Marburg soziale Bewegungen. "Blockiert wurde immer wieder, durchaus auch um Dinge zu verhindern." Gerade auch disruptiver Protest sei immer wieder ein Mittel gewesen, um Aufmerksamkeit zu erregen, da viel größer darüber berichtet werde als über Protest, der eher begleite.

Das heißt aber nicht, dass eine Blockade ewig hingenommen werden muss, wenn andere Rechte dadurch eingeschränkt sind. Es gilt wie immer: Die Polizei muss verhältnismäßig handeln.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2025 | 06:08 Uhr

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